# taz.de -- Streit um Vorratsdatenspeicherung: Es geht auch ohne
       
       > Helfen gespeicherte Verbindungsdaten Netzverbrechen aufzuklären?
       > Niedersachsens Regierung vertrat immer diese These - und muss nun
       > eingestehen: Belegen lässt sie sich nicht.
       
 (IMG) Bild: Anonym oder nicht? Am Datenkabel würden viele Politiker gerne lauschen.
       
       BERLIN taz | Das niedersächsische Parlament fragte an, die Landesregierung
       musste antworten: Wie hoch ist die Aufklärungsquote bei Internetverbrechen
       in den vergangenen drei Jahren? Aus den offiziellen Daten geht nun hervor,
       dass die Quote seit dem Ende der so genannten Vorratsdatenspeicherung im
       März 2010 nicht gesunken ist.
       
       Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gilt als Hardliner
       in Sachen Vorratsdaten. Seit Karlsruhe das entsprechende Gesetz für
       verfassungswidrig erklärt hat, mahnt er regelmäßig eine Wiedereinführung
       an. "Aufgrund dieser Schutzlücke konnte das Bundeskriminalamt allein im
       Bereich der Kinderpornographie mehr als 70 Prozent der Fälle nicht
       aufklären", sagte Schünemann im Dezember der Neuen Osnabrücker Zeitung.
       
       In der [1][Antwort auf eine Anfrage der niedersächsischen SPD-Fraktion]
       teilte sein Innenministerium nun mit, dass im vergangenen Jahr insgesamt
       48.275 Straftaten mit dem "Tatmittel Internet" begangen worden seien, von
       denen 87,30% aufgeklärt werden konnten; von 511 gemeldeten
       Kinderpornografie-Fällen wurden demnach 82,97% aufgeklärt. 2009 belief sich
       die Zahl der Internet-Straftaten auf 31.109 Straftaten, die
       Aufklärungsquote lag bei 83,36%.
       
       Man könne folglich für das Jahr 2010 keine "erheblichen Auswirkungen" durch
       den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung feststellen, so das Ministerium.
       Dies sei einerseits dadurch bedingt, dass in den Vorjahren begonnene
       Verfahren teils erst 2010 abgeschlossen werden konnten. Andererseits seien
       viele Ermittlungen mangels Vorratsdaten gar nicht erst aufgenommen worden,
       glaubt man in Schünemanns Haus.
       
       Für den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) dagegen bestätigen
       die Zahlen die Sinnlosigkeit des Gesetzesvorhabens: "Ob Verbindungsdaten
       der gesamten Bevölkerung ohne Anlass auf Vorrat gesammelt werden oder ob
       eine Speicherung nur gezielt im Bedarfsfall erfolgt, hat keinerlei
       statistisch signifikante Auswirkung auf die registrierte Anzahl von
       Straftaten oder die Aufklärungsquote", [2][kritisieren die
       Speicherungsgegner].
       
       Auch an entsprechenden Plänen auf europäischer Ebene mehrt sich die Kritik.
       Der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx etwa kam vor kurzem in
       einen [3][Bewertungsbericht (PDF)] zur Richtlinie über eine EU-weite
       Vorratsdatenspeicherung zu dem Schluss, dass die Mitgliedstaaten die
       Notwendigkeit der Richtlinie in ihrer vorliegenden Form nicht nachgewiesen
       hätten.
       
       [4][In der Bundesregierung sorgt die Vorratsdatenspeicherung derweil weiter
       für Streit]. Während Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
       eine Wiedereinführung noch immer ablehnt, kann es Innenminister Friedrichs
       (CDU) damit nicht schnell genug gehen. Niedersachsens Innenminister
       Schünemann will trotz der von seinem Ministerium veröffentlichten Daten zur
       Internetkriminalität an seiner Forderung festhalten.
       
       6 Jun 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.mi.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=14797&article_id=96699&_psmand=33
 (DIR) [2] http://www.vorratsdatenspeicherung.de/index.php?option=com_content&task=view&id=462&Itemid=55
 (DIR) [3] http://www.edps.europa.eu/EDPSWEB/webdav/site/mySite/shared/Documents/Consultation/Opinions/2011/11-05-30_Evaluation_Report_DRD_EN.pdf
 (DIR) [4] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/sieben-tage-oder-sechs-monate/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Schmid
       
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