# taz.de -- Aufstand in Syrien: Europa ist der neue Feind
       
       > In Damaskus stürmen Sicherheitskräfte die Universität. Hunderte von
       > Studenten werden festgenommen. Die EU-Staaten reagieren mit weiteren
       > Sanktionen auf die Zustände in Syrien.
       
 (IMG) Bild: Für Außenminister Walid al-Muallim ist Europa Schuld am Chaos in Syrien.
       
       NIKOSIA/BRÜSSEL afp/dpa | Syrische Sicherheitskräfte haben nach Angaben von
       Menschenrechtlern in Damaskus mehr als 100 demonstrierende Studenten
       festgenommen. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungstelle für
       Menschenrechte in London stürmten Sicherheitskräfte am Dienstagabend das
       Universitätsgelände in der syrischen Hauptstadt, prügelten mit
       Schlagstöcken auf Studenten ein und führten mehr als 100 Demonstranten ab.
       
       Die Demonstranten hatten die Freilassung von elf Kommilitonen gefordert,
       die zuvor bei Protesten auf dem Unigelände festgenommen worden waren.
       
       Nach Angaben von Rami Abdel Rachman von der Beobachtungsstelle für
       Menschenrechte gab es zudem Durchsuchungen in einem Stadtteil von Damaskus
       sowie in Deir Essor nordöstlich der Hauptstadt und der Küstenstadt Tartus.
       
       In Hassake im Nordosten Syriens habe es eine Häftlingsmeuterei gegeben,
       berichtete ein Oppositioneller. Die Gefangenen hätten gegen die von
       Staatschef Baschar el Assad verkündete Generalamnestie protestiert, von der
       nur zwölf der rund 2.000 Insassen des Gefängnis profitierten. Dem
       Oppositionellen zufolge setzten die Häftlinge einen Schlafsaal in Brand und
       nahmen mehrere Polizisten als Geiseln.
       
       Währendessen verschärfte die EU am Mittwoch die Sanktionen gegen das Regime
       des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Die Einreiseverbote, verbunden
       mit dem Einfrieren von Vermögenswerten in der EU, werden auf sieben weitere
       Unterstützer Assads ausgedehnt. Erstmals werden nach Angaben von Diplomaten
       in Brüssel auch vier Unternehmen auf eine Embargoliste gesetzt: EU-Firmen
       dürfen mit ihnen keine Geschäfte machen.
       
       Drei jener Personen, die ein Einreiseverbot erhielten, sind iranische
       Staatsbürger. Der Iran gilt als Unterstützer des Regimes von Assad. Bisher
       galten bereits Einreiseverbote für 23 Führungsmitglieder des syrischen
       Regimes, darunter Präsident Assad selbst. Dei neuen Sanktionen sollen am
       Freitag im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und dann in Kraft treten.
       
       ## Reformen im Galopp
       
       Für die bedrängte syrische Regierung ist jetzt Europa Schuld an den
       Aufständen im Land. "Wir werden künftig so tun, als gäbe es Europa auf der
       Weltkarte gar nicht", sagte Außenminister Walid al-Muallim am Mittwoch in
       Damaskus. Die EU-Staaten verlangten von seiner Regierung Reformen im
       Galopp. Ihr Ziel sei es offensichtlich, Syrien ins Chaos zu stürzen. Die
       Sanktionen gegen die syrische Führung seien eine Kriegserklärung, weil sie
       die Lebensgrundlage des syrischen Volkes infrage stellten.
       
       Als Beweis für seine Verschwörungstheorie führte der erschöpft wirkende
       Minister an, einige EU-Politiker hätten schon während des
       EU-Außenministertreffens in Luxemburg am vergangenen Montag die Rede von
       Präsident Baschar al-Assad kritisiert.
       
       "Da konnten sie diese Rede noch gar nicht gelesen haben, das beweist, dass
       sie einen Plan haben, Chaos und Unfrieden in Syrien zu schüren", erklärte
       Al-Muallim. Seine Pressekonferenz wurde im Staatsfernsehen übertragen.
       
       Al-Muallim fügte hinzu, Unterstützung erfahre die syrische Führung derzeit
       von Südafrika, China, Russland, Indien, Brasilien und dem Libanon. Auch
       mehrere arabische Regierungen hätten Assad in den vergangenen Wochen
       kontaktiert.
       
       Die syrische Regierung geht seit Wochen brutal gegen die
       Oppositionsbewegung im Land vor. Laut Menschenrechtsaktivisten kamen bei
       der Niederschlagung der Proteste bislang mehr als 1.300 Zivilisten und mehr
       als 340 Sicherheitskräfte ums Leben. Mehr als 10.000 Syrer flohen vor der
       Gewalt in die Türkei.
       
       22 Jun 2011
       
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