# taz.de -- Syrische Oppositionelle treffen sich: Fragwürdige Konferenz
> In Syrien hat eine Oppositionellenkonferenz begonnen – doch nicht alle
> Protestierenden fühlen sich von ihr vertreten. Am Wochenende gab es
> wieder Konflikte mit mehreren Toten.
(IMG) Bild: Foto mit Seltenheitswert: Demonstranten in einem Vorort von Damaskus, eines von nur wenigen Bilder der Proteste, publiziert von der syrischen Nachrichtenagentur.
DAMASKUS/BEIRUT dpa/dapd | In Syrien hat am Montag eine Konferenz von
Oppositionellen begonnen, die für ein Ende der Gewalt und für einen
demokratischen Neuanfang werben. Viele der rund 150 Teilnehmer, die sich in
einem Hotel in Damaskus trafen, sind ehemalige politische Gefangene wie der
Kommunist Luai Hussein und der linke Oppositionelle Michel Kilo.
Nach Angaben von Augenzeugen waren keine Oppositionellen aus dem Exil
angereist. Die Konferenzteilnehmer hatten zuvor abgelehnt, einen Dialog mit
der Regierung zu führen, solange Soldaten in den Städten auf Demonstranten
schießen.
Die junge Protestbewegung, die Präsident Baschar al-Assad und sein Regime
seit Mitte März mit Massenprotesten herausfordert, setzt keine allzu großen
Hoffnungen auf diese Konferenz. "Das Ziel dieser Konferenz ist es, ein
Regime zu retten, das seine Legitimität verloren hat", sagte ein Aktivist,
der den Flüchtlingen an der syrisch-türkischen Grenze hilft, in einem
Telefoninterview. "Die Teilnehmer sprechen nicht für die Regimegegner auf
der Straße."
Assad hatte in den vergangenen Wochen zwar einige Reformschritte
angekündigt. Die Protestbewegung und auch die traditionellen
Oppositionsgruppen kritisieren jedoch, dass seine Baath-Partei bislang
nicht auf den Führungsanspruch verzichten will, den die Verfassung
garantiert.
Ein Teil der Opposition ist außerdem der Meinung, dass die aktuelle Führung
kein Verhandlungspartner mehr sein kann, weil sie auf Demonstranten
schießen ließ. Fawaz Sarakna, ein Exil-Oppositioneller in der Türkei, sagte
der Nachrichtenagentur dpa: "Ich bin nicht gegen dieses Treffen, wenn
dadurch das Blutvergießen beendet werden kann." Dem Regime sei jedoch zu
misstrauen. Er habe gehört, dass die Idee, diese Konferenz zuzulassen, von
Assads Beraterin Buthaina Schaaban stamme.
## Sicherheitskräfte schießen auf Trauerzug
Am Samstag hatten einem Menschenrechtsaktivisten zufolge syrische
Sicherheitskräfte das Feuer auf Teilnehmer von Trauerzügen für getötete
Demonstranten eröffnet und zwei Menschen erschossen. Auch in Barseh, einem
Stadtviertel von Damaskus, sei am Samstag ein Mensch getötet worden. Zwei
Tote gab es in der Ortschaft al Kuseir.
Hunderte Syrer flohen vor der Gewalt in den benachbarten Libanon. Bis zu
1.000 Menschen trafen in der Nacht zum Samstag in Akkar im Norden ein, wie
aus Sicherheitskreisen verlautete.
Die Flüchtlinge gelangten über den Grenzübergang Al Kusair in die Region
Akkar nahe Wadi Chaled. Einige von ihnen wiesen Schusswunden auf, wie ein
Gewährsmann bei den libanesischen Sicherheitskräften sagte. Sie wurden in
Krankenhäusern behandelt. Bereits im Mai und Anfang Juni waren Tausende
Syrer in den Libanon geflohen, als syrische Truppen die Grenzstadt
Talkalach einnahmen. Mehr als 11.700 Syrer flüchteten in die Türkei.
Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden bereits mehr als 1.300 Zivilisten
getötet. Tausende flohen in die Nachbarländer Türkei und Libanon. Der
Sprecher der syrischen Streitkräfte, Generalmajor Riad Haddad, sagte der
Nachrichtenagentur AP, während der monatelangen Unruhen seien rund 300
Soldaten und 50 Polizisten getötet worden.
27 Jun 2011
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Syrische Flüchtlinge in der Türkei: Wüstenzeltlager de luxe
Der Rote Halbmond hat nahe der syrischen Grenze Zeltstädte errichtet. In
der Türkei werden die Flüchtlinge "Gäste" genannt, das Freizeitangebot ist
üppig.
(DIR) Syrische Opposition: Offene Debatte im Hotel
Unter den Augen des Regimes: Erstmals seit Jahrzehnten findet in Damaskus
ein großes Treffen politischer Dissidenten statt. Andere sehen darin eine
Instrumentalisierung.
(DIR) Aus "Le Monde diplomatique": Syrische Parolen
Was rufen eigentlich die Demonstranten, die auf den Straßen von Deraa und
anderswo ihr Leben riskieren? Ein kleines arabisch-deutsches Wörterbuch der
Revolte
(DIR) Debatte Nahost: Syriens ruhigste Provinz
Die Revolte in Syrien lässt den Libanon wie im Schock erstarren. Der
Schatten des Assad-Regimes liegt schwer über dem Nachbarland.
(DIR) Bürgerkrieg in Syrien: Neue Proteste trotz Militäroffensive
Am Freitag kam es wieder in zahlreichen syrischen Städten zu
Demonstrationen gegen Präsident Assad. Dessen Truppen waren Donnerstag in
ein Dorf an der türkischen Grenze eingerückt.
(DIR) Aufstand in Syrien: Europa ist der neue Feind
In Damaskus stürmen Sicherheitskräfte die Universität. Hunderte von
Studenten werden festgenommen. Die EU-Staaten reagieren mit weiteren
Sanktionen auf die Zustände in Syrien.
(DIR) Aufstand in Syrien: Assad verkündet erneut Amnestie
Der syrische Machthaber verspricht eine Generalamnestie. Politische
Gefangene sollen freikommen. Derweil verhaften syrische Sicherheitskräfte
weiterhin Demonstranten.