# taz.de -- Friedensprozess im Nahen Osten: Staat ohne Alternative
       
       > Die PLO will nächste Woche in New York beantragen, Vollmitglied der
       > Vereinten Nationen zu werden. Das kündigte Außenminister Maliki an und
       > beendet damit alle Spekulation.
       
 (IMG) Bild: Palästina will UN-Staat Nummer 194 werden.
       
       RAMALLAH taz | Am 23. September will Palästinenserpräsident Mahmud Abbas
       seine Rede vor der UNO halten, die mit dem Antrag auf volle Mitgliedschaft
       Palästinas enden soll. "Wir wollten das nicht", erklärte der
       palästinensische Außenminister Riad Maliki gestern vor Journalisten in
       Ramallah, "aber der Mangel an Fortschritten im Friedensprozess lässt uns
       keine Wahl".
       
       Schuld seien die Israelis, die ihren Verpflichtungen im Rahmen des 2003
       unterzeichneten Friedensfahrplans nicht nachgekommen seien und die letzten
       zwei Jahre ungenutzt ließen. "Wir können uns nicht zurücklehnen und
       zusehen, wie Israel Fakten schafft", sagte Maliki. Die Zweistaatenlösung
       werde mit dem steten Anwachsen der Siedlungen immer unmöglicher. "Wenn sich
       Israel eines Tages doch noch entschließt, mit uns zu verhandeln, dann wird
       es nichts mehr geben, worüber sich verhandeln ließe." Der Antrag der PLO an
       die UNO sei ein Versuch, "die Zweistaatenlösung zu retten", erklärte
       Maliki. "Dafür sollten wir bewundert werden."
       
       Diese Ansicht teilen indes weder die USA noch Europa. Das Weiße Haus
       kündigte sein Veto vor dem über die Mitgliedschaft entscheidenden
       Sicherheitsrat an als auch eine Kürzung der Finanzhilfe. "Wir sind uns über
       mögliche Konsequenzen im Klaren", sagte Maliki, der hofft, dass die
       arabischen Länder die zu erwartende Lücke im palästinensischen Haushalt
       notfalls kompensieren würden. "Wir hoffen, dass der Kongress die Hilfe
       nicht streichen wird", sagte Maliki und warnte, die US-Amerikaner "sollten
       sich über den Effekt in der Region bewusst sein, den eine solche
       Entscheidung nach sich ziehen würde".
       
       Die westlichen Staaten fürchten die unilateralen Schritte, da sie die
       Wiederaufnahme von Verhandlungen erschweren würden und unabsehbare
       Konsequenzen innerhalb der Palästinensergebiete hätten. Schon am Wochenende
       sind erste Proteste und Demonstrationen geplant.
       
       ## Maliki wünscht sich ein schnelles Verfahren
       
       Die Rede von Abbas am Freitag nächster Woche ist für die Palästinenser der
       erste große Termin in New York. Der Palästinenserpräsident will gleich im
       Anschluss an seine Ansprache UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Antrag auf
       volle Mitgliedschaft überreichen, der ihn wiederum an den Sicherheitsrat
       weiterleiten wird. Eine parallele Abstimmung der Generalversammlung über
       die grundsätzliche Anerkennung des Staates Palästina wird es dann nicht
       geben. Wahrscheinlich ist, dass in der kommenden Woche noch gar nichts
       entschieden wird.
       
       "Wir wissen nichts über das Prozedere", räumte Maliki ein. Darüber müsse
       der UN-Generalsekretär entscheiden. Es gab Fälle, die an einem Tag
       entschieden wurden, andere zogen sich hin. Maliki wünscht sich ein
       schnelles Verfahren. "Wir wollen kein Land von der Weltkarte streichen,
       sondern ein neues eintragen", sagte er.
       
       Schon aus strategischen Gründen wäre es klug von Ban Ki Moon, sich nicht zu
       sehr zu beeilen, sondern den westlichen Diplomaten mehr Zeit für ihre
       Vermittlungsbemühungen zu geben. Die Anstrengungen vor allem Europas und
       der USA, die PLO von ihrem Antrag abzubringen und die beiden Seiten an den
       Verhandlungstisch zurückzuführen, laufen auf Hochtouren.
       
       ## Palästinensische Bervölkerung glaubt an US-Veto
       
       Der frühere US-Gesandte Dennis Ross reiste nach Ramallah, ebenso wie die
       EU-Außenbeauftragte Cathrin Ashton und der Gesandte des Nahost-Quartetts
       (USA, UN, EU und Russland) Tony Blair. "Bislang haben wir noch keinen
       Vorschlag gehört, über den es sich nachzudenken gelohnt hätte",
       kommentierte Maliki die westlichen Anstrengungen. Er gestand allerdings zu,
       dass bis zum 23. 9. die Tür noch einen Spalt breit offen gehalten würde.
       
       In der palästinensischen Bevölkerung hält sich die Aufregung über den
       historischen Tag in Grenzen. Hier und dort hängt jemand ein Fähnchen an
       sein Auto. "Es wird gar nichts passieren", sagt der 34-jährige Bauarbeiter
       Raed Kadad, der sich über die Mittagspause eine Auszeit im Einkaufszentrum
       von Ramallah genehmigt. Das Veto der USA mache den Palästinensern einen
       Strich durch die Rechnung. Er selbst werde sicher nicht demonstrieren
       gehen. "Ich will leben", sagt er trocken.
       
       Dass sich nichts ändern wird, glaubt auch der 30-jährige Sari Sidan,
       Besitzer eines Fachgeschäfts für Computerspiele. "Natürlich werden wir
       demonstrieren", sagt er und hofft darauf, dass es friedlich bleiben wird.
       Neuer Terror stünde außer Frage, schließlich habe man bei der letzten
       Intifada gesehen, was dabei herauskommt. "Wir wollen sie nicht töten und
       sie sollen uns nicht töten." Der Krieg müsse endlich aufhören. Dass die USA
       ihr Veto ankündigten, erzürnt den jungen Geschäftsmann, der vom "Teufel
       Amerika" spricht, sehr. Letzten Endes würden die Palästinenser doch das
       ganze Land bekommen, "auch Tel Aviv".
       
       15 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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