# taz.de -- Kommentar Handydaten: Instrument aus der Dunkelzone
       
       > Die Berliner Polizeipräsidentin und der CDU-Innensenator betonen die
       > Rechtmäßigkeit der Funkzellenabfragen. Am Ende bleibt die Maßnahme ein
       > Ermittlungsinstrument.
       
 (IMG) Bild: Will ein "Recht auf Vergessenwerden": EU-Kommissarin Viviane Reding.
       
       Da fischt die Berliner Polizei also vier Jahre lang Handydaten ab. Immer
       nach dem gleichen Schema: Ein Auto brennt, die Ermittler bitten um eine
       Funkzellenabfrage, ein Richter stempelts ab, die Mobilfunkanbieter liefern.
       Ganze 410 Mal läuft das so. 4,2 Millionen Mobilfunkdaten fallen der Polizei
       in die Hände. Und am Ende steht kein einziger Tatverdächtiger.
       
       Das mag rechtmäßig sein. Die Strafprozessordnung sieht bei schweren
       Brandstiftungen die Funkzellenabfragen als Ermittlungsoption vor.
       Verhältnismäßig aber ist es auf keinen Fall. Die Parallele zum
       Datenschutzskandal in Dresden 2011 ist offenbar: Damals waren es
       Demonstranten und Anwohner, deren Daten nach Ausschreitungen
       hunderttausendfach abgegrast wurden. In Berlin sind es zufällige Passanten
       und wieder mal Anwohner, die sich in der Nähe der Autobrände befanden. Ohne
       dass sie von der Polizei jemals darüber informiert wurden. Bis heute.
       
       Die Berliner Polizei wurde dabei zum Getriebenen einer Debatte. Zigfach
       forderten Politiker und Medien in den letzten Jahren, den – im Zweifel
       linksextremen – Berliner Autozündlern das Handwerk zu legen. Und lange Zeit
       stand die Polizei ohne Festnahmen, also bedeppert da. Dass sie schließlich
       doch Täter schnappte, und zwar auf frischer Tat – und nicht nur durch ihre
       massenhaft erhobenen Datensätze –, gibt der Geschichte noch eine zusätzlich
       Volte.
       
       Sosehr die Berliner Polizeipräsidentin und der CDU-Innensenator die
       Rechtmäßigkeit der Funkzellenabfragen am Montag betonten, am Ende bleibt
       die Maßnahme ein Ermittlungsinstrument aus einer Dunkelzone, über dessen
       Dimensionen sich am Montag selbst langjährige Innenexperten fassungslos
       zeigten. Zur Erinnerung: Die Abfrage wurde 2008 eingeführt, um
       Terrorverdächtigen auf die Schliche zu kommen, als Ultima Ratio. Dresden
       und Berlin zeigen, dass das Massendatenabfragen heute zum Alltagsinstrument
       verkommen ist. Und das ohne externe Kontrolle.
       
       Dem mit einer Bundesratsinitiative den Riegel vorzuschieben, wie es Sachsen
       nun plant, ist unumgänglich. Die Ermittler sollten der öffentlichen
       Wiedereinforderung des Datenschutzes genau lauschen. Denn die richtige
       Entscheidung zwischen einer erfolglosen Verfolgungsmaßnahme und dem
       Einschränken der Privatsphäre Tausender hätte ihnen auch schon vorher
       einleuchten können.
       
       23 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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