# taz.de -- EU-Sondergipfel zum Haushalt: Bitte mehr Hemden einpacken
       
       > Die Staaten überbieten sich mit Kürzungsforderungen zum EU-Budget. Es
       > geht um Subventionen für Landwirtschaft und Erasmus. Das Treffen könnte
       > länger dauern.
       
 (IMG) Bild: Ratspräsident Van Rompuy bittet darum, mehr Hemden einzupacken. Das Treffen könnte bis Sonntag dauern.
       
       BRÜSSEL taz | Es geht um Bauern und Billionen, um Rabatt und Rettung, für
       manche sogar um Sein oder Nichtsein. Wenn sich die 27 EU-Staaten heute
       Abend zum Sondergipfel in Brüssel einfinden, steht wieder einmal die
       Zukunft Europas auf dem Spiel. Nach dem Scheitern der Finanzminister an der
       Griechenlandrettung müssen nun wenigstens die Chefs beweisen, dass sie noch
       kompromissfähig sind – und der EU ein neues Siebenjahresbudget verpassen.
       
       Doch die Zeichen stehen auf Sturm. Erst bat Ratspräsident Herman Van Rompuy
       seine Gäste, doch bitte schön ein paar Hemden mehr einzupacken – das
       Treffen könnte statt wie geplant bis Freitag bis Sonntag dauern. Dann sagte
       Kanzlerin Angela Merkel, dass der Gipfel auch platzen könne – notfalls
       müsse man sich eben Anfang 2013 noch einmal treffen. Und das EU-Parlament
       droht, den neuen Haushalt zu blockieren, wenn er zu knapp ausfällt.
       
       Dass er zu knapp ausfällt, ist so gut wie sicher. Deutschland und die
       anderen Nettozahler blockieren den Vorschlag der EU-Kommission, das
       Siebenjahresbudget für die Jahre 2014 bis 2020 auf 1,09 Billionen Euro zu
       erhöhen. Merkel fordert zwar „mehr Europa“, doch sie will weniger Geld
       geben: Sie verlangt Kürzungen von mindestens 100 Millionen Euro, um unter
       der symbolischen Schwelle von einer Billion zu landen.
       
       Dem britischen Premier David Cameron ist das noch zu viel. Er will das
       Budget auf dem Stand von 2011 einfrieren und die EU auf Diät setzen.
       Außerdem möchte er den milliardenschweren Britenrabatt sichern, den
       Margaret Thatcher einst durchgedrückt hatte. Andernfalls werde er ein Veto
       einlegen, warnte Cameron – und zog sich so den Unmut aller anderen Chefs
       zu.
       
       ## Viele drohen mit Veto
       
       Zur Not, so heißt es in Brüssel, werde man ein Budget ohne die Briten
       beschließen. Doch auch Schweden, Franzosen, Spanier und Letten drohen mit
       einem Veto, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Den einen geht es
       um die Subventionen für die Bauern, den anderen um höhere Zuschüsse aus den
       EU-Strukturfonds.
       
       Die „Freunde der Kohäsion“ haben sich, angeführt von Polen, sogar auf die
       Seite der EU-Kommission geschlagen. Wenn das Budget gekürzt werde, so ihre
       Sorge, werde Osteuropa niemals Anschluss an den reichen Westen finden. Fakt
       ist, dass die auch von Deutschland verlangten Kürzungen fast durchgehend zu
       Lasten der Ärmsten und Schwächsten gehen.
       
       Der Globalisierungsfonds, der den Verlierern des globalen Wettbewerbs
       helfen soll, wird nach einem Entwurf des Ratspräsidenten ebenso
       zusammengestrichen wie die Entwicklungshilfe. Auch an Forschung, Energie
       und Transport will Van Rompuy sparen – also ausgerechnet in jenen
       Bereichen, die gern als Investitionen in die Zukunft bezeichnet werden.
       
       Nicht viel besser sieht es mit dem Posten „Wachstum und Beschäftigung“ aus.
       Zwar hatten die EU-Chefs bei ihrem Juni-Gipfel ein Wachstumsprogramm
       speziell für die EU-Krisenländer beschlossen, doch das dafür nötige Geld
       wollen sie nicht bereitstellen. Selbst so bewährte Projekte wie das
       Studentenaustauschprogramm Erasmus sind bedroht. Bisher konnten sich die 27
       Staaten nicht einmal auf einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr und
       das Budget für 2013 einigen.
       
       ## Warten bis zum Schluss
       
       Umso schwieriger wird ein Kompromiss für den nun fälligen Finanzrahmen 2014
       bis 2020. Bevor der eigentliche Gipfel beginnt, will Van Rompuy die 27
       EU-Chefs im sogenannten Beichtstuhlverfahren ins Gebet nehmen. Doch dabei
       werden sich kaum Lösungen abzeichnen. Denn wer seine Forderungen zu früh
       aufgibt, wird in Brüssel nicht belohnt. Nur wer bis zuletzt eine
       Drohkulisse aufrechterhält, kann hoffen, am Ende wenigstens einen Teil
       seiner Wünsche erfüllt zu bekommen.
       
       Vor allem Großbritannien dürfte versuchen, seine Karten auszureizen.
       Cameron steht innenpolitisch unter Druck. Bei einer Abstimmung zum
       EU-Budget im britischen Unterhaus verweigerten ihm mehr als 50
       Tory-Abgeordnete die Gefolgschaft.
       
       Der Premier kann es sich daher kaum leisten, mit leeren Händen nach London
       zurückzukommen. Umgekehrt kann es sich die EU nicht leisten, die Briten vor
       den Kopf zu stoßen. Sonst käme der Austritt Großbritanniens auf die
       Tagesordnung. Und das hätte den EU-Chefs gerade noch gefehlt.
       
       22 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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