# taz.de -- Waffendebatte in den USA: Falsche Zeit, falsche Stadt
       
       > Ende Januar wurde die 15-jährige Hadiya Pendleton in einem Park in
       > Chicago erschossen. Ihre Eltern sitzen Dienstagnacht bei Präsident Obama.
       
 (IMG) Bild: Hunderte kamen zur Beerdigung der 15-jährigen Hadiya Pendleton am vergangenen Wochenende in Chicago.
       
       WASHINGTON taz | Zwei Wochen nachdem ihre 15-jährige Tochter Hadiya am
       hellichten Tag in einem Park in Chicago ermordet worden ist, sitzen
       Cleopatra und Nathaniel Pendleton am Dienstagabend in Washington neben
       First Lady Michelle Obama im Kongress.
       
       Außer ihnen sind weitere Überlebende von Schusswaffengewalt und Angehörige
       von Toten in die Ehrenloge geladen. Sie sind eine moralische Unterstützung,
       wenn US-Präsident Barack Obama bei seiner Ansprache zur Lage der Union die
       Kongressabgeordneten erneut zu mehr Schusswaffenkontrolle drängen wird.
       
       Auf der anderen Seite sitzt – weniger sichtbar aber umso einflussreicher –
       die Schusswaffenlobby „National Rifles Association“. Sie hat zahlreiche
       Abgeordnete und JournalistInnen unter Kontrolle. Und versucht mit
       fadenscheinigen Argumenten – die US-Verfassung, die Selbstverteidigung, die
       Freiheit – jede weitere Form von Waffenkontrolle zu verhindern.
       
       Die 15-jährige Hadiya Pendleton war eines der letzten Schusswaffenopfer in
       dem blutigsten Januar in Chicago seit zehn Jahren. Zusammen mit Freundinnen
       war sie in einer Schulpause in einem Park auf der South Side von Chicago,
       als sie erschossen wurde. Das Mädchen, eine besonders gute Schülerin und
       sozial engagierte junge Frau, war gerade erst aus Washington zurück
       gekommen, wo sie an der Amtseinführung Präsident Obamas teilgenommen hatte.
       Am vergangenen Samstag ist Hadya beerdigt worden.
       
       ## Die Mädchen für feindliche Gangmitglieder gehalten
       
       Wenige Stunden danach wurden in Chicago zwei junge Männer festgenommen. Die
       Polizei kennt sowohl den 18-jährigen Michael W., als auch den 20-jährigen
       Kenneth W als Gang-Mitglieder. Die beiden Verdächtigen kannten ihr Opfer
       nicht. Einer der beiden ist geständig. Er sagt, sie hätten die Gruppe von
       Schülerinnen für Angehörige einer feindlichen Gang gehalten. Am Montagabend
       sind beide wegen Mordes angeklagt worden.
       
       Chicago ist gegenwärtig die Mordhauptstadt der USA. Die Mordrate ist
       viermal so hoch wie in New York und zwei mal so hoch wie in Los Angeles.
       Seit 2001 sind in Chicago 5.000 Menschen erschossen worden. Im selben
       Zeitraum starben 2.000 US-Soldaten in Afghanistan.
       
       Die Schusswaffengewalt konzentriert sich in dem (geographisch riesigen)
       Süden und Westen der Stadt. Die dort lebenden Minderheiten,
       Afro-AmerikanerInnen und Latinos, sind die Hauptopfer. In den betroffenen
       Stadtteilen tobt ein Krieg zwischen vielen, untereinander verfeindeten
       Gangs.
       
       SprecherInnen von Bürgerinitiativen in Chicago nennen neben der völlig
       unzureichenden Schusswaffenkontrolle zahlreiche andere Gründe für die
       Gewalteskalation. Darunter Schulschließungen in den vergangenen Jahren und
       die nachlassende Qualität in den verbleibenden öffentlichen
       Bildungseinrichtungen, aber auch die extrem hohe Arbeitslosigkeit in den
       betroffenen Stadtteilen.
       
       Chicagos Polizeichef Garry McCarthy erklärte am Montagabend in einer
       Pressekonferenz über den Mord an Hadiya, das Verbrechen hätte vermieden
       werden können, wenn es in Chicago eine ebenso strenge Schusswaffenkontrolle
       gäbe wie in New York. Die Polizei kannte beide Verdächtige. Einer der
       beiden stand wegen eines Schusswaffenvergehens unter Bewährung. McCarthy:
       „Wenn wir eine Pflichtmindeststrafe hätten, wäre er nicht auf der Straße
       gewesen.“
       
       12 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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