# taz.de -- Mordserie in Texas: Weisse Rassisten unter Verdacht
       
       > Erst stirbt ein Vize-Staatsanwalt, dann sein Chef und dessen Frau: Die
       > US-Justiz ist alarmiert. Vermutet wird, dass die „Aryan Brotherhood of
       > Texas" Rache an ihr nimmt.
       
 (IMG) Bild: Hier drohte Mike McLelland (m.) den Mördern seines Kollegen. Wenig später war er tot
       
       WASHINGTON taz | Die Angst geht um in Kaufman County im Südosten von
       Dallas. Seit dem Doppelmord an Bezirksstaatsanwalt Mike McLelland und
       seiner Frau Cynthia am vergangenen Wochenende stellen sich Mitarbeiter des
       Strafvollzugs die Frage: „Wer ist der nächste?“ Die Polizei eskortiert
       Beschäftigte zur Arbeit. Und vor dem Gericht patroullieren Wachen mit
       Maschinengewehren.
       
       Zwei Monate zuvor war bereits McLellands Stellvertreter,
       Bezirksstaatsanwalt Mark Hasse, am hellichten Tag auf dem Parkplatz vor dem
       Gericht erschossen worden. Auch ein dritter Mordfall, bei dem in Denver, im
       Bundesstaat Colorado, am 19. März Gefängnisdirektor Tom Clement zu Tode
       kam, könnte in die blutige Serie gehören.
       
       Bislang äussern sich die Ermittler nur anonym zu möglichen Tatmotiven. Der
       Hauptverdacht richtet sich in allen drei Mord-Fällen gegen weisse
       Rassisten. Hinter den beiden Morden in Texas könnte die „Aryan Brotherhood
       of Texas“ stecken - eine Gang, die in den 80er Jahren in den Gefängnissen
       des Bundesstaates entstanden ist. Der Hauptverdächtige des Mordes in
       Colorado ist ein 28-jähriges Mitglied der in Colorado entstandenen,
       rassistischen Gefängnis-Gang mit dem Namen „211“. Evan Ebel ist zwei Tage
       nach dem Mord an dem Gefängnisdirektor bei einer Schiesserei mit der
       Polizei in Texas ums Leben gekommen.
       
       ## Treue bis in den Tod
       
       Die „Aryan Brotherhood of Texas“, oder „ABT“, ist mit geschätzten 2.500
       Mitgliedern die stärkste und zugleich brutalste Gefängnis-Gang in Texas.
       Sie wird für mindestens 100 Morde in texanischen Knästen verantwortlich
       gemacht. Und sie gehört in den Dunstkreis der in den 60er Jahren in
       kalifornischen Haftanstalten gegründeten „Aryan Brotherhood“, die auf
       nationaler Ebene operiert. Sie ist die stärkste kriminellen Organisation
       hinter Gittern. Rund ein Prozent der Gefängnisinsassen der USA gehören ihr
       an.
       
       Die „Aryan Brotherhood“ rekrutiert ihren Nachwuchs zumeist innerhalb der
       Knäste. Ihre Mitglieder tragen Tätowierungen mit SS-Runen und Hakenkreuzen.
       Und verpflichten sich, der Gang bis in den Tod treu zu bleiben.
       Abtrünningen und mutmasslichen „Polizeispitzeln“ drohen Folter und Mord.
       
       Mark Potok vom „Southern Poverty Law Center“, das die Aktivitäten von
       rassistischen Hass-Gruppen in den USA beobachtet, nennt die „Aryan
       Brotherhood of Texas“ eine „unglaublich gewalttätige Gruppe“. Sie
       propagiere einen aggressiven weissen Rassismus, arbeite jedoch bei ihren
       kriminellen Geschäften mit mexikanischen und afroamerikanischen Gangs
       zusammen.
       
       Die „Aryan Brotherhood of Texas“ konzentrierte sich ursprünglich darauf,
       das Leben hinter Gittern zu kontrollieren. Doch nach den Attentaten vom 11.
       September ermordeten Mitglieder der Gang mehrere Menschen, die sie für
       Muslime hielten. In den letzten Jahren ist die Gang auch zunehmend in
       Drogenhandel, Prostitution und Erpressungen ausserhalb der Gefängnismauern
       verwickelt.
       
       Im November vergangenen Jahres erhob die Justiz in Texas Anklage gegen 34
       Gang-Mitglieder – darunter vier Führungsmitglieder: Ihnen werden unter
       anderem Morde, versuchte Morde, Entführungen und Überfälle vorgeworfen.
       Wenige Tage nach der Anklageerhebung verschickten die Sicherheitsbehörden
       von Texas ein Memorandum an Tausende Mitarbeiter des Strafvollzugs. Es
       enthielt die Warnung, die Gang sinne auf Vergeltungsmaßnahmen gegen
       Beschäftigte des Strafvollzugs.
       
       ## Gassi gehen mit Pistole
       
       Auch Mark Hasse, das erste Mordopfer in Texas, war an den Ermittlungen
       gegen die ABT beteiligt. Nach seinem Tod trat sein Chef McLelland mit einem
       breitkrempigen schwarzen Hut vor die Fernsehkameras und richtete sich
       direkt an die Mörder seines Stellvertreters. „Ich hoffe, Ihr hört mich
       sprechen“, sagte er und drohte: „ich werde Euch herausholen. Ganz egal, in
       welchem Loch Ihr Euch versteckt.“
       
       McLelland gehörte zu der Task-Force, die gegen die „ATB“ ermittelte, und an
       der auch das FBI, die Drug Enforcement Administration und verschiedene
       andere texanische Polizeieinheiten beteiligt waren. McLelland, der seine
       entsicherte Pistole selbst zum Gassi gehen mit seinem Hund mitnahm, wurde
       zusammen mit seiner Frau in der Nacht von Freitag auf Samstag in seinem
       Wohnhaus im Kaufman County, von zahlreichen Kugeln durchsiebt.
       
       Die Spur zu dem Mord an dem Gefängnischef in Denver scheint tief in eine
       andere rassistische weisse Gefängnis-Gang hineinzuführen. Der 28jährige
       mutmaßliche Mörder war bei einem sechsjährigen Gefängnisaufenthalt – davon
       fünfeinhalb Jahre im Isolationstrakt – Mitglied der in Colorado gegründeten
       Gang „211“ geworden. Möglicherweise hatte ihn der wegen eines Mordes an
       einem Afrikaner gefangene Insasse einer Nachbarzelle im Isolationstrakt
       rekrutiert. Die Ermittler prüfen jetzt unter anderem, welche Kontakte es
       zwischen den Gefängnis-Gangs in Colorado und Texas gibt.
       
       3 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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