# taz.de -- BVerwG zur Auskunftspflicht: Bitte ein Bundesgesetz schaffen!
       
       > Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Auskunftspflicht von Behörden
       > geurteilt. Nun rätselt die Fachwelt: Ist die Pressefreiheit gestärkt oder
       > geschwächt?
       
 (IMG) Bild: Wenigstens über seinen Standort gibt der BND Auskunft.
       
       LEIPZIG taz | Die Pressefreiheit wurde gestärkt. Nein, falsch, die
       Pressefreiheit wurde geschwächt. Am Mittwoch urteilte das
       Bundesverwaltungsgericht in Leipzig darüber, inwiefern Journalisten
       gegenüber Bundesbehörden Auskünfte verlangen dürfen.
       
       „Eine katastrophale Entscheidung“, sagte Hendrik Zörner vom Deutschen
       Journalisten-Verband anschließend. „Wir sind zufrieden“, sagte Christoph
       Partsch, der Anwalt des Journalisten, dessen Klage gegen den
       Bundesnachrichtendienst gerade entschieden worden war.
       
       Worum ging es? Eigentlich darum: Hans-Wilhelm Saure, Chefreporter der Bild,
       wollte 2010 wissen, wie viele ehemalige Mitarbeiter des BND im Dritten
       Reich nationalsozialistischen Organisationen angehörten. Der Geheimdienst
       verweigerte eine Antwort. Saure klagte deshalb 2011 vor dem
       Bundesverwaltungsgericht seinen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft ein.
       Traditionell verurteilten Gerichte Bundesbehörden bisher dazu, auf solche
       Fragen zu antworten.
       
       Das Gericht brach am Mittwoch mit dieser Tradition und wies die Klage ab.
       Ein Anspruch auf Auskunft beziehe sich nur auf Informationen, die einer
       Behörde aktuell bereits zur Verfügung stehen. Journalisten könnten die
       Behörde nicht verpflichten, die Informationen zu beschaffen.
       
       Und: Die Richter entschieden auch, dass die Pressegesetze der Länder nicht
       auf die Bundesbehörden anwendbar seien. Sondern, dass sich der gesetzliche
       Anspruch von Journalisten auf Auskunft direkt aus dem Grundgesetzartikel 5
       herleiten lässt – dem zur Pressefreiheit.
       
       ## Grundgesetz als Minimalstandard
       
       Genau an dieser Stelle liegt der Knackpunkt: Stärkung der Pressefreiheit?
       Schwächung? Und warum Pressegesetze der Länder, gibt es kein
       Bundespressegesetz? Nein. Bisher stützte sich die Rechtsprechung deshalb
       auf die Ländergesetze. Hier machte das Leipziger Gericht eine „Lücke“ aus
       und gab dem Bund indirekt den Hinweis, ein solches Bundesgesetz doch bitte
       zu schaffen.
       
       So lange diese Lücke allerdings bestehe, garantiere das Grundgesetz einen
       Minimalstandard, auf den sich Journalisten berufen könnten. Das verbucht
       Rechtsanwalt Partsch als Sieg, weil das Grundgesetz beim Abwägen
       verschiedener Rechtsgüter eine stärkere Grundlage für Auskunftsansprüche
       bilde als Ländergesetze.
       
       Der Journalisten-Verband hingegen sieht vor allem, dass die Richter in
       Leipzig mit der bisherigen Rechtsprechung gebrochen haben und die
       Unsicherheit, die das in die journalistische Praxis bringt. Zu einer
       grundsätzlichen Frage wurde das Verfahren, weil sich im Dezember 2012 der
       „Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht“
       einschaltete. Diese Institution kann sich immer dann an Verfahren
       beteiligen, wenn die Bundesregierung als sein Dienstherr glaubt, etwas
       laufe falsch.
       
       In seiner Stellungnahme schrieb der „VBI“: „Nach hiesiger Auffassung können
       Bundesbehörden weder auf Grundlage der Landespressegesetze noch aus Art. 5
       Abs. 1 GG zu Erteilung von Auskünften verpflichtet werden.“ Diese Haltung
       stützt sich an entscheidenden Stellen auf einen Aufsatz des Juristen Jan
       Hecker aus dem Jahr 2006 – der Mann saß am Mittwoch auch im Saal. Als einer
       der Richter.
       
       Wäre das Gericht dieser Argumentation gefolgt, würde es den Journalisten
       das Beschaffen von Informationen bei Bundesbehörden zusätzlich erschweren.
       Denn sollten die Pressegesetze der Länder und das Grundgesetz nun auch
       nicht mehr gelten – was wäre dann die Arbeitsgrundlage von Journalisten
       gegenüber Bundesbehörden? Das Informationsfreiheitsgesetz?
       
       Am Mittwoch wurde genau das im Gerichtssaal eine Stunde lang diskutiert.
       Aber für den journalistischen Alltag wäre das problematisch. Es gibt darin
       zu viele Ausnahmen, der BND zum Beispiel ist ausdrücklich von diesem Gesetz
       nicht erfasst.
       
       20 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Schulz
       
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