# taz.de -- Kommentar Leipziger Urteil: Die Pressefreiheit bleibt gewahrt
       
       > Auch Bundesbehörden müssen Anfragen beantworten, entschied das
       > Bundesverwaltungsgericht. Befürchtungen im Vorfeld haben sich damit nicht
       > realisiert.
       
       Journalisten haben weiterhin einen Auskunftsanspruch gegenüber
       Bundesbehörden. Das entschied am Mittwochnachmittag das
       Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Bedingungen der Pressearbeit
       ändern sich damit nicht - auch wenn im Vorfeld (und teilweise auch noch
       nach dem Urteil) Schlimmes befürchtet wurde.
       
       Konkret ging es um die Klage eines Journalisten der Bild-Zeitung,
       Hans-Wilhelm Saure. Er wollte vom Bundesnachrichtendienst (BND) wissen,
       wieviele seiner Agenten ehemalige Mitglieder der NSDAP und vergleichbarer
       NS-Organisationen waren. Der BND verweigerte die Auskunft, weil die
       Informationen nur mit unvertretbarem Aufwand zu beschaffen seien. Dagegen
       klagte Saure nun in Leipzig.
       
       Da es kein Bundespressegesetz gibt, berief sich Saure auf die Pressegesetze
       von Bayern und Berlin - weil der BND seinen Sitz in Pullach und Berlin hat.
       In diesen Pressegesetzen werden die Behörden zu Auskünften an die Presse
       verpflichtet.
       
       Diese seit Jahrzehnten genutzte Rechtsgrundlage stellte die Bundesregierung
       vor Gericht aber überraschend in Frage. Bundesbehörden könnten nicht durch
       Landesgesetze zur Auskunft verpflichtet werden. Die Regierung berief sich
       auf den wissenschaftlichen Aufsatz eines ehemaligen Beamten des
       Innenministeriums, der nun - zufälligerweise - Mitglied im zuständigen
       Senat des Bundesverwaltungsgerichts war.
       
       Im Vorfeld der Verhandlung herrschte deshalb große Aufregung. Saures Anwalt
       warnte vor einem "Anschlag auf die Pressefreiheit". Der Deutsche
       Journalistenverband befürchtete, dass es "künftig vom Gutdünken einer
       Bundesbehörde abhängt, ob und wann welche Journalisten Auskunft von
       Bundesbehörden bekommen."
       
       Tatsächlich entschied nun das Bundesverwaltungsgericht, dass sich der
       journalistische Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden nicht aus
       Landespressegesetzen ergeben könne (Az.: 6 A 2.12). Allerdings füllten die
       Richter die entstandene Lücke sogleich wieder. Wegen der großen Bedeutung
       der Pressefreiheit ergebe sich der Auskunftsanspruch der Presse direkt aus
       dem Grundgesetz (Artikel 5).
       
       Unter dem Strich ist das eher eine Stärkung der Pressefreiheit, da der
       Auskunftsanspruch nun unabhängig von möglichen Launen der jeweiligen
       Gesetzgeber besteht.
       
       Die konkrete Klage von Hans-Wilhelm Saure wurde dennoch abgelehnt. Da der
       BND über die gewünschte Information nicht verfüge, könne der Journalist
       auch keine Auskunft darüber verlangen, erklärte das Leipziger Gericht. Der
       Auskunftsanspruch beziehe sich nur auf Informationen, die bei der
       auskunftspflichtigen Behörde aktuell vorhanden sind. Das Auskunftsrecht
       führe nicht zu einer Informationsbeschaffungspflicht der Behörde.
       
       Also doch ein Rückschlag für die Pressefreiheit? Nein, auch bei einer
       Anwendung der Landespressegesetze wäre wohl kein anderes Ergebnis
       herausgekommen. Die Presse bekam schon bisher nicht jede Auskunft, die sie
       gerne gehabt hätte. Es gibt keinen Grund die Landespressegesetze mit ihren
       vielen geschriebenen und ungeschriebenen Ausnahmen zu romantisieren.
       
       Es entsteht nun auch keine unerträgliche Rechtsunsicherheit. Das
       Bundesverwaltungsgericht hat auch gegenüber Bundesbehörden einen
       grundsätzlichen Auskunftsanspruch bejaht und entnimmt die Ausnahmen einer
       Gesamtschau der Landespressegesetze, die aber alle recht ähnlich formuliert
       sind. Im Ergebnis wird sich also gar nichts ändern, außer der juristischen
       Begründung.
       
       Möglicherweise wird vielleicht der eine oder andere Pressesprecher einer
       Bundesbehörde nun behaupten, er sei nicht mehr zur Auskunft verpflichtet
       und dabei auf das Leipziger Urteil verweisen. Das ist dann aber eine
       dreiste Fehlinterpretation. Wer jetzt das Urteil unnötig schlecht redet,
       gibt solchen Frechheiten auch noch die Munition.
       
       Sollte am Ende die Verwirrung bei Pressestellen und Journalisten doch zu
       groß sein, kann aber natürlich der Bundestag auch ein Bundespressegesetz
       beschließen, das die Auskunftsansprüche gegenüber Bundesbehörden
       ausdrücklich regelt. Vielleicht halten die - vor oder nach der Wahl -
       regierenden Parteien das sogar für eine gute Idee. So ein Gesetz kostet
       nichts und würde manchen Journalistenverband freuen - wenn es nicht zuviele
       Ausnahmen enthält.
       
       21 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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