# taz.de -- Widerstand gegen Seehofers Pkw-Maut: Eine Flatrate für die Autobahn
       
       > „Unsinnig“, „populistisch“, „Nullnummer“: Sowohl Umweltschützer als auch
       > Autolobbyisten halten nichts von Autobahngebühren.
       
 (IMG) Bild: Wer fährt hier überhaupt? Verlässliche Zahlen gibt es nicht.
       
       BERLIN taz | Auf Fachebene könnte die Ablehnung gegen die Pkw-Maut kaum
       größer sein: Den Vorschlag, ausländische Autofahrer künftig für jede
       Benutzung der Autobahnen zahlen zu lassen, lehnen der Umweltverband BUND
       und der Verkehrsclub VCD genauso ab wie die Autofahrerverbände ADAC und
       AvD. Die von CSU-Chef Horst Seehofer geforderte Gebühr sei nicht nur
       ökologisch nutzlos – sie bringe auch nichts ein: „Finanziell ist die Maut
       völlig unsinnig“, sagt Andreas Hölzel vom ADAC. Von einer „Nullnummer“
       spricht auch BUND-Verkehrsexperte Werner Reh.
       
       Der bayerische Ministerpräsident Seehofer hatte die Ausländer-Maut als
       Wahlkampfschlager genutzt. Ohne Pkw-Maut werde kein Koalitionsvertrag
       unterzeichnet, verkünden seine Christsozialen.
       
       Die SPD dagegen lehnt die Gebühr strikt ab. Auch Kanzlerin Angela Merkel
       hatte im Fernsehduell mit Peer Steinbrück Klartext geredet: „Mit mir wird
       es keine Maut geben.“ Heute bereut die CDU-Chefin diesen Satz offenbar:
       Merkels Aussagen müsse „im gesamten Zusammenhang“ gesehen werden,
       relativiert ihr Sprecher Steffen Seibert. Die Kanzlerin habe nur ausdrücken
       wollen, dass deutsche Autofahrer nicht mehr zahlen sollten als bisher.
       
       Doch das Diskriminierungsverbot der EU untersagt nur, ausschließlich Fahrer
       aus dem Ausland zahlen zu lassen – EU-Bürger müssen zumindest formal
       gleichbehandelt werden. CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer denkt deshalb
       darüber nach, auch Inländer zum Kauf einer 100 Euro teuren Vignette zu
       zwingen. Erstattet werden soll das Geld über die Kfz-Steuer. Hölzel vom
       ADAC rechnet mit Verwaltungskosten von 10 Prozent. Bei 42 Millionen
       deutschen Pkws wären das 420 Millionen Euro.
       
       ## Seehofers Wahlkampfschlager
       
       Doch ob sich bei ausländischen Autobahnbenutzern überhaupt so viel
       abgreifen lässt, ist unklar. Verlässliche Zahlen, wie viele nicht in
       Deutschland zugelassene Pksw über die Autobahnen rollen, fehlen derzeit.
       Und wie viele ausländische Fahrer die Republik nach Einführung der Pkw-Maut
       meiden, kann erst recht niemand einschätzen: Ramsauer hofft, das seine
       Ausländer-Maut 800 bis 900 Millionen einbringen könnte. Der ADAC geht
       dagegen von 260 Millionen Euro aus. Seehofers Wahlkampfschlager würde damit
       zum Verlustgeschäft.
       
       Auch ökologisch sei die Maut unsinnig, sagen BUND und VCD. Sie fürchten
       „Ausweichverkehre“. Fahrer könnten sich die Maut sparen und auf Landstraßen
       ausweichen. Und wer erst einmal für die Vignette gezahlt habe, könne auf
       den Gedanken kommen, besonders oft das Auto zu nutzen. Von einer „Flatrate
       für Vielfahrer“ spricht Werner Reh vom BUND.
       
       Aktuell ist sogar umstritten, wie groß der Investitionsstau bei der
       Verkehrsinfrastruktur ist. Der ADAC fordert für den Erhalt von Straßen und
       Brücken jährlich 5 Milliarden Euro mehr. Eingespielt werden könnten die am
       besten über eine Erhöhung der Mineralölsteuer, sagt Stefan Bratzel, der an
       der Fachhochschule Bergisch Gladbach das Center of Automotive Management
       leitet: „Wer viel mit einem Auto mit hohem Verbrauch fährt, zahlt auch
       viel.“ Seehofers Maut dagegen sei ein Musterbeispiel einer „populistischen
       Politik, die keine Probleme löst“.
       
       7 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Pkw-Maut
 (DIR) Horst Seehofer
 (DIR) Bund
 (DIR) ADAC
 (DIR) Gelber Engel
 (DIR) CSU
 (DIR) Verkehr
 (DIR) Koalitionsverhandlungen
 (DIR) Pkw-Maut
 (DIR) Pkw-Maut
 (DIR) Pkw-Maut
 (DIR) Horst Seehofer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Manipulation beim „Gelben Engel“: ADAC gibt Betrug zu
       
       Erst wurden die Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Dann gestand Deutschlands
       größter Autoklub, bei der Wahl zum „Gelben Engel“ getrickst zu haben.
       
 (DIR) CSU-Parteitag in München: Seehofers Sieg
       
       Mit Rekordergebnis wird Horst Seehofer als Parteichef bestätigt. Damit hat
       er große Rückendeckung für die Endphase der Koalitionsverhandlungen.
       
 (DIR) Neue Regierung, neuer Zoff: Maut bremst SPD und Union aus
       
       Koalitionäre brechen Verhandlungen im Streit über Lkw-Gebühr ab. Anwohner
       sollen durch ein Verbot für laute Züge geschützt werden.
       
 (DIR) Koalitionsverhandlungen zur PKW-Maut: Lieber ohne Inhalte
       
       Das Lieblingsprojekt der CSU kommt nicht voran. Peter Ramsauer mag kein
       „husch husch“. Also durfte die SPD nur Fragen stellen.
       
 (DIR) Umstrittene Pkw-Maut: Wie machen's die Nachbarn?
       
       Auf die Autobahn nur noch mit Vignette: Daran arbeitet CSU-Verkehrsminister
       Ramsauer. Ein Blick auf die verschiedenen Modelle in Europa.
       
 (DIR) Regierung erwägt Maut-Erhebung: Abkassieren wie in Österreich
       
       Die CSU-Rufe nach einer Maut tragen offenbar Früchte: Im
       Verkehrsministerium wird die Einführung einer Vignette geprüft. Doch in der
       Wirtschaft regt sich der Unmut.
       
 (DIR) Kommentar Pkw-Maut: Bayerischer Schatten über Berlin
       
       Populist Seehofer will die Pkw-Maut für Ausländer. Ein Gewinnerthema bei
       den Koalitionsverhandlungen wird das sicher nicht – eher Verhandlungsmasse.
       
 (DIR) Diskussion um PKW-Maut für Ausländer: Rückenwind für Seehofer
       
       Eine Maut für Ausländer, wie sie die CSU fordert, ist wohl doch mit
       EU-Recht vereinbar. Diese Einschätzung der Kommission platzt mitten in die
       Koalitionsverhandlungen.