# taz.de -- Eurokolumne: Undank ist des Schäubles Lohn
       
       > Es sieht nur so aus, als ob sich Finanzminister und Deutsche Bank
       > streiten. Tatsächlich ist der Kassenwart oberster Lobbyist des
       > Geldhauses.
       
 (IMG) Bild: Was er auch tut – immer gibt es Ärger: Proteste gegen Wolfgang Schäuble und Angela Merkel im Juli 2011
       
       Markige Sprüche, nichts dahinter: So arbeitet auch Finanzminister Wolfgang
       Schäuble (CDU). In der vergangenen Woche lieferte er sich ein Wortgefecht
       mit Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen, das in seiner Kurzform so ablief:
       
       Schäuble: Die Kreativität der Banken, die Regulierung zu umgehen, ist
       weiterhin groß.
       
       Fitschen: Das ist Populismus.
       
       Schäuble: Fitschen hat sich im Ton vergriffen.
       
       Wer diesen Wortwechsel unbefangen liest, könnte glauben, dass die deutschen
       Banken zittern müssten, weil der Finanzminister hart durchgreifen und die
       Spekulationsgeschäfte beschneiden würde. Doch dies wäre ein
       Missverständnis. Schäuble ist der oberste Lobbyist der deutschen Banken.
       
       Wie das Politlobbying funktioniert, zeigte sich erneut in dieser Woche, als
       in Brüssel über die Bankenunion verhandelt wurde. Im Kern sollen die
       Geldhäuser der Eurozone in den nächsten zehn Jahren 50 bis 55 Milliarden
       Euro in einen Fonds einzahlen, um damit Pleite-Institute zu retten.
       
       Der Plan mag beeindruckend klingen, doch tatsächlich ist der Fonds viel zu
       klein. Nur zum Vergleich: Allein die deutschen Landesbanken haben bei der
       letzten Finanzkrise einen Schaden von etwa 50 Milliarden Euro angerichtet,
       den der Steuerzahler begleichen musste. Und in dieser Rechnung fehlen die
       Pleitehäuser Hypo Real Estate, IKB und Commerzbank.
       
       ## Der Bankenrettungsfonds ist Unsinn
       
       Der Fonds hätte also nicht einmal für die deutschen Banken gereicht – und
       soll nun gleich die der gesamten Eurozone retten. Und über diesen Unsinn
       haben die 17 Euro-Finanzminister bereits mehrere Treffen abgehalten. Das
       nächste soll am 18. Dezember stattfinden.
       
       Dieser diplomatische Eifer ist zwar folgenlos, hat aber einen politischen
       Zweck: Er soll vernebeln, dass sich bei der Bankenregulierung faktisch
       nichts getan hat. Fünf Jahre nach dem Lehman-Desaster können die Banken
       noch immer ungehindert spekulieren – und sicher sein, dass Verluste vom
       Steuerzahler getragen werden.
       
       Die offizielle Lesart lautet: Die Finanzminister betonen, dass zunächst die
       Gläubiger an den Rettungskosten beteiligt würden. Diese Idee firmiert unter
       so technischen Begriffen wie „Haftungskaskade“ oder „Bail-in“. Falls eine
       Bank in die Pleite steuert, wären erst die Aktionäre dran, dann die
       Besitzer ungesicherter Anleihen, schließlich normale Sparer – sofern sich
       auf ihrem Konto mehr als 100.000 Euro befinden.
       
       Es klingt drakonisch, die Banken in die Pleite zu schicken. Doch real haben
       sie nichts zu befürchten – deshalb bleiben sie auch so gelassen. Denn: Die
       Institute besitzen ein enormes Erpressungspotenzial, seitdem 2008 die
       Pleite eines einzigen Instituts – Lehman Brothers – bereits gereicht hat,
       die Weltwirtschaft in den Abgrund zu reißen. Damals brachen die globalen
       Finanzmärkte zusammen, weil die Anleger panisch wurden und ihr Geld von den
       Banken abzogen. Die Folgen sind bekannt: Um die Kapitalflucht zu stoppen,
       stellte sich die Kanzlerin vor die Fernsehkameras und versicherte den
       verängstigten Deutschen, dass ihre Einlagen sicher sind – eine
       Vollkasko-Versicherung für die Banken, dass sie unbegrenzt Steuergeld
       erhalten.
       
       Dieses Szenario würde sich wiederholen, sobald eine neue Bankpleite droht.
       Nicht die Gläubiger würden bluten – sondern die Steuerzahler.
       
       Die Bankenunion setzt viel zu spät an. Sie will regeln, was passiert, wenn
       eine Bank bereits pleite ist. Doch tatsächlich müsste verhindert werden,
       dass Banken überhaupt in die Nähe eines Konkurses geraten. Die Lösung ist
       schlicht: Die Banken müssten mehr Eigenkapital besitzen, damit sie Verluste
       verkraften können. Sie müssten also einen Teil ihrer Gewinne einbehalten.
       Gegen diesen Gedanken wehren sich die Banken jedoch mit ihrer geballten
       Lobbymacht, weil sie dann ihre Boni kürzen müssten. Denn: Man kann den
       Gewinn nur einmal verteilen. Entweder wandert er ins Eigenkapital – oder an
       die Investmentbanker.
       
       Europas Banken beschäftigen 3.529 Boni-Millionäre. Sie alle können Schäuble
       dankbar sein, dass er eine strenge Regulierung verhindert. Es ist zu
       verstehen, dass der Finanzminister nicht versteht, warum ihn Fitschen einen
       Populisten nennt.
       
       13 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Eurokolumne
 (DIR) Wolfgang Schäuble
 (DIR) Eurokrise
 (DIR) Jürgen Fitschen
 (DIR) Schwerpunkt Finanzkrise
 (DIR) Deutsche Bank
 (DIR) Banken
 (DIR) Krise
 (DIR) Schwerpunkt Finanzkrise
 (DIR) Eurokrise
 (DIR) Eurokolumne
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
 (DIR) Irland
 (DIR) EU-Finanzpolitik
 (DIR) Deutsche Bank
 (DIR) Finanzen
 (DIR) EZB
 (DIR) Eurokrise
 (DIR) Eurokolumne
 (DIR) Europa
 (DIR) Euro
 (DIR) Euro
 (DIR) Krise
 (DIR) IWF
 (DIR) Schwerpunkt AfD
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bankchefin wirft hin: Der alte Besen kehrt nicht mehr
       
       Manuela Better, Vorstandsvorsitzende der staatlichen Hypo Real Estate,
       verlässt im Clinch mit dem Bund das Geldinstitut – mit unfreundlichen
       Worten.
       
 (DIR) Eurokolumne: Banger Blick nach Karlsruhe
       
       Sparpakete und Reformen haben bis jetzt wenig geholfen: Die einzige
       funktionierende Institution in der Eurokrise ist die EZB.
       
 (DIR) Eurokolumne: Politik statt starrer Regeln
       
       Die Lösungen der EU für die Eurokrise sind zutiefst undemokratisch. Dagegen
       helfen nur Technokraten und demokratische Regeln.
       
 (DIR) EU-Reformverträge erst nach Europawahl: Alle gegen die „eiserne Kanzlerin“
       
       Merkels neoliberale Reformverträge für die Eurozone stoßen auf erbitterten
       Widerstand. Beim EU-Gipfel wurden sie erneut vertagt.
       
 (DIR) Eurokolumne: Ein irisches Märchen
       
       Was ist gut daran, wenn die Regierung in Dublin verkündet, den
       Euro-Rettungsschirm zu verlassen? Wenig. Irland ist kein Erfolgsmodell.
       
 (DIR) Nach Verhandlungen in Brüssel: EU einigt sich auf Bankenunion
       
       Unmittelbar vor dem EU-Gipfel schließen die Europäer das Großprojekt
       Bankenunion ab. Das System ist kompliziert. Ein neuer Vertrag wird auch
       nötig sein.
       
 (DIR) Kommentar HSH Nordbank: Wehrt Euch, Bankangestellte!
       
       Eine Staatsbank, die den Staat ausplündert. Wie lange lassen sich
       eigentlich die 650.000 Beschäftigten der Branche das noch bieten?
       
 (DIR) Finanzanlagen als Altersvorsorge: Sparer zahlen drauf
       
       87 Prozent der Finanzprodukte von Banken sind für Anleger ungeeignet. Das
       zeigt eine neue Studie. Früher wurden die Kunden besser beraten.
       
 (DIR) Eurokolumne: EZB-Miese? Kein Problem!
       
       Verlust ist nicht immer Verlust: Warum soll Präsident Mario Draghi mit der
       Europäischen Zentralbank nicht mal kräftig Miese machen dürfen?
       
 (DIR) Eurokolumne: Desaster? Nicht bei uns!
       
       Die EU siecht vor sich hin. Aber die Großkoalitionäre in Deutschland tun
       so, als ob die Krise auf einem anderen Planeten stattfindet.
       
 (DIR) Eurokolumne: Der Patient aus Paris
       
       Frankreich fehlt eine Strategie, um dem Dilemma der Deindustrialisierung zu
       entkommen. Standard & Poor’s stuft die Bonität erneut herab.
       
 (DIR) Eurokolumne: It’s Europe, stupid
       
       Erst wenn die Arbeitslosigkeit überwunden ist, werden die Menschen Europa
       als legitimes Zuhause erfahren. Das hat Deutschland noch nicht verstanden.
       
 (DIR) Eurokolumne: Viel Asche, aber kein Phönix
       
       Gute Nachrichten aus Griechenland? Das hätten die Gesundbeter der Krise
       gerne – aber die Abwärtsspirale ist noch lange nicht durchbrochen.
       
 (DIR) Eurokolumne: Kröten für Berlin
       
       Im Wahlkampf haben die deutschen Euroretter Däumchen gedreht. Die nächste
       Regierung muss mit den Lebenslügen von Schwarz-Gelb aufräumen.
       
 (DIR) Eurokolumne: Die Lösung für Griechenland
       
       Niemand sagt es im Wahlkampf gerne, aber den Griechen müssen Milliarden
       Euro Schulden erlassen werden. Das ist aber gar nicht so schlimm.
       
 (DIR) Eurokolumne: Guter Bulle, böser Bulle
       
       Der IWF wirkt wie ein Chirurg, der einem Patienten mit Knöchelprellung das
       Bein amputiert hat. Seine Selbstgeißelung ist unglaubwürdig.
       
 (DIR) Eurokolumne: Raus aus der Troika!
       
       Die Eurozone hat sich in eine scheinbar ausweglose Lage manövriert. Was
       tun? Der IWF scheint es zu wissen: Schluss mit der ökonomischen
       Voodoopolitik.