# taz.de -- Eurokolumne: EZB-Miese? Kein Problem!
       
       > Verlust ist nicht immer Verlust: Warum soll Präsident Mario Draghi mit
       > der Europäischen Zentralbank nicht mal kräftig Miese machen dürfen?
       
 (IMG) Bild: Manches muss man sich genauer angucken: so auch die EZB-Verluste.
       
       Manchmal erfordern große Probleme unkonventionelle Lösungen. Die Eurokrise
       ist zweifelsohne ein sehr großes Problem, auf das bislang jedoch nur mit
       08/15-Lösungsversuchen reagiert wurde. Deren Versagen kann im mittlerweile
       vierten Eurokrisenjahr nicht mehr ernsthaft abgestritten werden.
       Progressivere – und damit auch unkonventionelle – Lösungsansätze beinhalten
       meist eine aktivere Rolle der Europäischen Zentralbank, zum Beispiel Bonds
       oder die Übernahme der Milliardenforderungen aus den Rettungsschirmen.
       
       Dabei ist es unvermeidlich, dass die EZB nicht nur Risiken eingeht, sondern
       auch Verluste einfährt. Und die, so warnen konservative Ökonomen wie
       Ifo-Chef Hans-Werner Sinn, müssen letzten Endes vom Steuerzahler
       ausgeglichen werden? Dass dies falsch ist, zeigt eine jüngst von der
       Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik veröffentlichte Untersuchung
       des Linken-Abgeordneten und Ökonomen Axel Troost.
       
       Verlust ist nämlich nicht immer gleich Verlust. Zentralbanken unterscheiden
       sich in zahlreichen grundlegenden Punkten von „normalen“ Banken: Sie können
       beispielsweise nie in der eigenen Währung zahlungsunfähig werden, da sie ja
       selbst Geld „erschaffen können“.
       
       Zentralbanken haben auch kein klassisches Eigenkapital, das im Falle von
       Verlusten ausgeglichen werden müsste. Die EZB ist eine Anstalt europäischen
       Rechts, an der die nationalen Zentralbanken des Eurosystems beteiligt sind
       – und symbolisch auch deren Eigenkapital halten. Anders als bei normalen
       Banken und Konzernen ist es bei einer Zentralbank nicht nötig, dass ein
       „positives Eigenkapital“ vorhanden ist. EZB und Bundesbank könnten
       problemlos auch mit einem „negativen Eigenkapital“ ihre Aufgaben
       wahrnehmen, wie Troost eindrucksvoll belegt.
       
       ## Bedeutet ein Minus den Weltuntergang?
       
       Anders als die Rettungsschirme EFSF und ESM könnte die EZB also hohe
       Verluste erleiden, ohne dass dies den Steuerzahler einen einzigen Cent
       kostet. Für neoliberale Ökonomen ist diese Vorstellung jedoch
       gleichbedeutend mit dem Weltuntergang. Dies würde doch zu „Inflation“
       führen.
       
       Das ist lustig, da selbst nach der – falschen – monetaristischen
       Vorstellung, nach der Inflation durch ein Anwachsen der Geldmenge ausgelöst
       wird, es hierbei gar nicht zu einer Inflation kommen kann. Das Geld ist
       schließlich längst im Kreislauf und würde erst bei einer Rückzahlung der
       Schulden wieder vernichtet. Wer darauf pocht, dass die Schulden
       ordnungsgemäß bedient werden, pocht geldpolitisch betrachtet vielmehr
       darauf, Geld zu vernichten. Nach – falscher – monetaristischer Lesart führt
       dies zu einer Deflation. Das können auch marktkonforme Ökonomen ja nicht
       ernsthaft wollen – oder?
       
       Mehr noch – die EZB könnte sogar rein theoretisch alle Staatsschulden
       übernehmen und damit nach eigenem Gusto verfahren. Sie könnte sie
       abschreiben, was zu einem negativen Eigenkapital führen würde, oder ein
       Schuldenmoratorium verhängen und alle Papiere zinslos bis zum
       Sankt-Nimmerleins-Tag in den Bilanzen führen. Die vermeintliche
       Staatsschuldenkrise wäre auf einen Schlag gelöst.
       
       Ob das „erlaubt“ ist? Das EZB-Statut wurde der Politik ja nicht in Stein
       gemeißelt auf dem Berge Sinai übergeben. Es kann – wie andere
       völkerrechtliche Verträge – per politische Mehrheit an die sich ändernden
       Realitäten angepasst werden. Derzeit werden unkonventionelle Lösungen noch
       nicht mal angedacht.
       
       Dies könnte sich ändern, wenn sich die Eurokrise weiter verschärft. Dann
       muss die Politik die Frage beantworten, ob sie Europa sehenden Auges in den
       Untergang steuern – oder vielleicht nicht doch lieber zu unkonventionellen
       Lösungen greifen will.
       
       6 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Berger
       
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