# taz.de -- Tötungen mit rechtsextremen Motiven: Im Osten kaum Aufklärungsinteresse
       
       > Nach den NSU-Pannen stand eine Überprüfung von Tötungsdelikten mit
       > rechtsextremem Hintergrund an. Sachsen meldet 2, BaWü 216 Fälle.
       
 (IMG) Bild: Kahle Köpfe auf einer Skinhead-Demo.
       
       STUTTGART taz | Zehn gegen einen: Am Bahnhof in Eppingen bei Heilbronn
       wurde im Juli 1996 ein 44-jähriger Elektriker von Nazis zu Tode geprügelt.
       Zehn Angreifer wurden verurteilt, die Tat wurde aber nie als rechtsextrem
       eingestuft.
       
       Der Fall ist einer von bundesweit 745 Tötungsdelikten (418 vollendete, 327
       versuchte Tötungen), die vom Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämtern
       erneut auf einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund überprüft
       werden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der
       Linksfraktion hervor.
       
       Die Innenministerkonferenz hatte die Überprüfung nach den
       NSU-Ermittlungspannen angeordnet. Denn auch die Taten des Terror-Trios
       waren lange nicht als rechtsextremistisch eingestuft worden. Nun sollen
       unaufgeklärte und aufgeklärte „Altfälle“ zwischen 1990 und 2011, die mit
       den NSU-Straftaten vergleichbar sind, erneut systematisch untersucht
       werden.
       
       Dabei soll besonders auf Morde, Sprengstoffanschläge und Banküberfälle
       geachtet werden, so das Bundesinnenministerium. Die Überprüfung könnte
       zeigen, dass mehr als die offiziell 63 Tötungsdelikte rechtsextrem
       motiviert waren.
       
       ## „Wir haben eben alles aufs Tableau gebracht“
       
       Doch die Länder scheinen unterschiedlich mit der Aufarbeitung umzugehen.
       Während Baden-Württemberg 216 Taten überprüft wissen will und Bayern 40,
       hat Sachsen nur zwei, Thüringen ebenfalls zwei und Mecklenburg-Vorpommern
       fünf Fälle gemeldet. Dabei sind vor allem Sachsen und
       Mecklenburg-Vorpommern für ihre rechtsextremen Szenen bekannt. Martina
       Renner, Linken-Bundestagsabgeordnete, ist „besorgt“ über die niedrigen
       Zahlen aus Ostdeutschland. Sie befürchtet, dass das Problem immer noch
       verharmlost wird.
       
       Martin Strunden, Sprecher des sächsischen Innenministeriums, verteidigt das
       Vorgehen: „Alle Fälle sind durch Spezialisten nach dem bundesweiten
       Prüfkatalog erneut untersucht worden und zwei wegen denkbarer Anhaltspunkte
       gemeldet worden.“ Der Prüfkatalog gibt den Ländern eine Hilfe an die Hand,
       wie sie vorgehen können. Sie sollen bei Tötungsdelikten beispielsweise auf
       die Herkunft, die Hautfarbe oder Religion eines Opfers achten.
       
       Baden-Württemberg will aber nicht als Sammelbecken für Rechtsextreme
       gelten. „Wir haben eben alles aufs Tableau gebracht“, sagt ein Sprecher des
       Landesinnenministeriums. Mithilfe des BKA, das komplexere Datensätze
       auswerten kann, hofft man, auch etwaige bundesweite Verbindungen zwischen
       Fällen zu erkennen.
       
       Offiziell zählte Baden-Württemberg in den letzten 20 Jahren weniger als
       zehn rechtsextremistisch motivierte Tötungsdelikte. Alexander Salomon,
       Rechtsextremismus-Experte der Grünen in Baden-Württemberg, sieht in der
       hohen Zahl gemeldeter Fälle ein Indiz dafür, dass das Bundesland
       „mindestens ein Rückzugsraum für Rechtsextremisten ist, wenn nicht gar von
       hier einiges ausgeht“. Das hätten einige Duzend Verbindungen des NSU nach
       Baden-Württemberg bewiesen. Das Ergebnis der Überprüfung wird noch für
       dieses Jahr erwartet.
       
       28 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Müssigmann
       
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