# taz.de -- Überwachung von linkem Kulturzentrum: Die verschwundene Kamera
       
       > Linke Aktivisten in Freiburg wurden vermutlich mit einer versteckten
       > Kamera gefilmt. Die Behörden wollen von dem Vorgang nicht gewusst haben.
       
 (IMG) Bild: ... behaupten Aktivisten des Kulturzentrums KTS. Wir sind nicht zuständig, sagen Polizei, LKA und Innenministerium
       
       BERLIN taz | Das Fenster stand auf Kipp im 12. Stock des Zweckbaus in der
       Schönbergstraße 1. Kabel hingen hinaus. Und als Aktivisten aus dem
       gegenüberliegenden Kulturzentrum KTS zu einem Teleobjektiv griffen, sahen
       sie, wohin die Kabel führten. Es war eine Kamera, sagen sie. In deren
       Blickfeld: Der Eingang des autonomen Freiburger Kulturzentrums KTS.
       
       Das geschah Ende Januar, just an jenem Wochenende, an dem AktivistInnen des
       linken Szeneportals Indymedia Linksunten sich dort zunächst treffen wollten
       und andere linke Aktivisten sich mit „Rechtspopulismus in Europa“
       auseinandersetzten.
       
       Glaubt man den Aktivisten, so konnte die Kamera sämtliche Personen filmen,
       die das linke Kulturzentrum über den Haupteingang betreten oder verlassen
       haben. Was für diese Version spricht: Kurz nachdem Aktivisten Fotos von der
       Kamera veröffentlichten, verschwand die Anlage ganz schnell wieder. Kabel
       eingerollt, Fenster zu.
       
       Das ist jetzt zwei Monate her – doch noch immer will niemand für diese
       Kamera verantwortlich gewesen sein.
       
       Dabei war der Vorgang für Freiburger Stadträte Anlass genug, sich direkt an
       den baden-württembergischen Innenminister Reinhold Gall (SPD) zu wenden. In
       ihrem Schreiben fordern die 15 Stadträte Aufklärung. „Wir halten es für
       inakzeptabel, wenn Besucher politischer oder sonstiger Veranstaltungen des
       linken Kulturzentrums KTS in Freiburg überwacht und ohne erkennbaren Anlass
       und höchst willkürlich auf Filmmaterial festgehalten werden“, schrieben
       sie. Auch der grüne Innenexperte im baden-württembergischen Landtag, Ulrich
       Sckerl, hat Aufklärung verlangt.
       
       ## Innenministerium: keine Auskunft
       
       Doch ebenso wie die Freiburger Polizei und das Landeskriminalamt gibt sich
       auch der Innenminister Reinhold Gall verschlossen. Aus seinem Ministerium
       heißt es nur: Es liege in der Natur der Sache, dass zu verdeckten Maßnahmen
       keine öffentliche Auskunft gegeben werden könne.
       
       Und das heiße zudem noch lange nicht, dass überhaupt irgendeine der
       untergebenen Behörden dafür zuständig sei. Kurz: Die in Frage kommenden
       Behörden wollen es alle nicht gewesen sein.
       
       Die Freiburger Polizei erklärte sich kurzerhand für nicht zuständig. Das
       LKA wiederum schrieb an die Rechtsanwältin des Trägervereins des
       Kulturzentrums, Angela Furmaniak, es habe „keine Videoanlage in einem
       Hochhaus an der von Ihnen benannten Örtlichkeit in Freiburg betrieben und
       hat auch keine Kenntnis darüber, ob von einer anderen Polizeidienststelle
       eine solche Anlage betrieben wurde.“
       
       ## Langsame Aufklärung
       
       Doch auch der betroffene Förderverein Subkultur, der das Kulturzentrum
       betreibt, lässt sich mit der Aufklärung Zeit. Die Anwältin Furmaniak droht
       zwar damit, den Landesdatenschutzbeauftragten einzuschalten. Außerdem hat
       sie nach der Abfuhr von Polizei und Landeskriminalamt eine Anfrage ans
       Bundeskriminalamt gestellt – das Landesamt für Verfassungsschutz und alle
       anderen deutschen Landespolizei- und Landesverfassungsschutzbehörden hat
       sie bislang allerdings mit Anfragen verschont.
       
       Warum? Freiburger Aktivisten aus dem Umfeld des Kulturzentrums schließen
       aus, dass es sich bei der Überwachung um eine Observationsmaßnahme einer
       Verfassungsschutzbehörde gehandelt haben könnte. Sie wollen wissen, dass
       definitiv die Freiburger Polizei beteiligt gewesen sei.
       
       Überprüfen lassen sich diese Spekulationen bislang allerdings nicht. Die
       Freiburger Polizei antwortet darauf aber in aller Deutlichkeit: Sie sei
       schlicht an nichts beteiligt gewesen und wisse von nichts, sagte ein
       Behördensprecher der taz. Allerdings: Es sei nicht auszuschließen, dass
       eine Behörde, etwa aus einem anderen Land, ohne das Wissen der Freiburger
       hier tätig geworden sei.
       
       Damit bleibt allerdings auch unklar, ob sich die Kamera-Geschichte
       überhaupt jemals aufklärt. Das Landesinnenministerium weist darauf hin,
       dass ein Auskunftsanspruch von betroffenen Personen im Hinblick auf
       verdeckte Maßnahmen laut dem baden-württembergischen Polizei- sowie
       Verfassungsschutzgesetz ohnehin nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen
       bestünde – etwa wenn sichergestellt werden könnte, dass die Maßnahme
       laufende Ermittlungen nicht gefährde.
       
       30 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Freiburg
 (DIR) Autonome
 (DIR) Videoüberwachung
 (DIR) Innenminister
 (DIR) Kulturzentrum
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
 (DIR) Überwachungsgesellschaft
 (DIR) NSA
 (DIR) NSA
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Alternative Medien in Griechenland: FBI jagt Indymedia
       
       Das US-Justizministerium ist auf der Suche nach linken Medienaktivisten aus
       Griechenland. Nun soll ein US-Host die Namen von Aktivisten preisgeben.
       
 (DIR) Überwachung und die Folgen: Brauchen wir noch Geheimnisse?
       
       NSA, Facebook, Wikileaks. Heute ist es schwer geworden, etwas geheim zu
       halten. Aber ist das so schlimm?
       
 (DIR) Kommentar Obamas NSA-Reform: Präsident der Versprechen
       
       Werden nun die Befugnisse der NSA eingeschränkt? Barack Obamas Reformpläne
       sind vor allem eins: Der Beginn des Wahlkampfs zum US-Kongress.
       
 (DIR) Überwachung durch die NSA: Noch 90 Tage Spitzelei
       
       US-Präsident Obama will die Sammlung von Telefondaten durch die NSA
       beenden. Ein entsprechender Gesetzentwurf werde vorbereitet.
       
 (DIR) Kommentar Überwachung der Linkspartei: Blamage ohne Ende
       
       Die Linke wird nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet. Dabei war die
       Überwachung längst nur ideologische Angstmache.