# taz.de -- Wildtierschutz in Tansania: Lebende Wände gegen Großkatzen
       
       > Wenn Löwen Viehherden angreifen, droht ihnen die Jagd durch die Maasai.
       > Eine natürlich wachsende Einzäunung soll nun für Frieden sorgen.
       
 (IMG) Bild: Gefährlich und gefährdet zugleich: Löwe in Tansania.
       
       BERLIN taz | Löwen sind Opportunisten. Ein Viehpferch voller Ziegen ist
       eine verlockende Nahrungsquelle, und einen Zaun überwindet so eine
       Großkatze problemlos mit einem Sprung. Den Maasai, denen die Ziegen und
       Kühe gehören, dienen solche Angriffe als Anlass für die Löwenjagd. Eine
       neue Art von Zäunen hilft nun, den Konflikt zwischen Viehhaltern und Löwen
       erst gar nicht entstehen zu lassen.
       
       Traditionell sperren die Maasai ihre Kühe oder Ziegen für die Nacht in
       einen Pferch, genannt Boma, der aus Dornakazienästen besteht. Diese
       verrotten schnell, und der ständige Beschnitt schadet den Bäumen und kostet
       viel Zeit. Vor allem aber halten sie zwar das Vieh zusammen, aber nicht die
       Löwen draußen.
       
       Der African People and Wildlife Fund (APWF) hat darum zusammen mit den
       Maasai eine bessere Lösung entwickelt: lebende Wände. Statt aus toten
       Holzpfählen bestehen sie aus Stecklingen des Commiphora-Baumes. Diese
       schlagen Wurzeln und wachsen mit der Zeit immer höher. Maschendraht
       verschließt die Zwischenräume, nach ein paar Jahren ist davon nichts mehr
       zu sehen, weil die Commiphora-Hecke immer dichter wird. Eine solche drei
       bis fünf Meter hohe Eingrenzung kann auch ein Löwe nicht überwinden. Und
       anders als bei einem unverstärkten Zaun können Hyänen sich keinen Weg unter
       der Barriere hindurch graben.
       
       In den zwölf Dörfern, in denen die lebenden Wände schon installiert sind,
       hat es nach Angaben des APWF keine nächtlichen Angriffe von Löwen auf die
       Herden mehr gegeben. „Wir kommen gar nicht hinterher, so groß ist die
       Nachfrage“, sagt Charles Trout, der das Programm betreut. „Das System ist
       einfach, schnell und erschwinglich.“ Die Hausbesitzer selbst zahlen nur 25
       Prozent der 500 US-Dollar, die so ein Pferch kostet. Den Rest übernimmt
       APWF.
       
       Die Löwenjagd ist bei den Maasai traditionell ein Teil der Kriegerkultur:
       Junge Männer, die einen Löwen erlegt haben, können mit einem enormen
       Prestigegewinn rechnen. Zwar ist die rein rituelle Löwenjagd seit den
       1970er Jahren in Tansania verboten, doch das ist unmöglich durchzusetzen.
       
       ## Auf der Roten Liste
       
       Die Zahl der Löwen in Afrika ist in den vergangenen 50 Jahren drastisch
       zurückgegangen. Auf der Roten Liste ist die Art als bedroht eingestuft.
       Auch wenn die Population in Nordtansania als stabil gilt, suchen
       Naturschutzorganisationen deshalb nach Möglichkeiten, die verbliebenen
       Tiere zu bewahren.
       
       Der APWF legt Wert darauf, dass die Idee, die Commiphora-Pflanze zu nutzen,
       von den Maasai kam. Keinesfalls solle es darum gehen, der Lokalbevölkerung
       von außen Vorschriften zu machen. Trout gesteht ihnen auch zu, Löwen auf
       traditionelle Art mit dem Speer zu jagen. „Aber wenn es um Vergeltung für
       Angriffe auf ihr Vieh geht, verwenden sie neuerdings auch Gift, und das
       wollen wir verhindern.“
       
       Mit den „lebenden Wänden“ gibt es für solche Aktionen keinen Anlass mehr.
       Dennoch gibt es auch Skeptiker: „Die Löwen greifen das Vieh auch außerhalb
       der Bomas an. Kurzfristig wirksamer Löwenschutz könnte also langfristig zu
       mehr Löwenkonflikten führen, wenn sich die Löwenpopulation erholt“, warnt
       Craig Packer, Professor für Ökologie an der Universität von Minnesota und
       Spezialist für ostafrikanische Löwen. Charles Trout sieht neben dem Schutz
       der Löwen noch einen ganz konkreten Nutzen: „Eine der ersten positiven
       Reaktionen, die wir von den Menschen hier gehört haben, war: Jetzt können
       wir nachts endlich schlafen.“
       
       11 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Widmann
       
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