# taz.de -- Klagen gegen Ceta und TTIP: Weckruf für das Verfassungsgericht
       
       > Schon 231 Bürger haben Verfassungsbeschwerde gegen die geplanten
       > Freihandelsabkommen eingereicht. Für „Mehr Demokratie“ sind die Klagen
       > „verfrüht“.
       
 (IMG) Bild: Protest am Aktionstag gegen TTIP und Ceta in Berlin
       
       KARLSRUHE taz | Der Widerstand gegen die geplanten EU-Freihandelsabkommen
       Ceta (mit Kanada) und TTIP (mit den USA) wird auch zu einem juristischen
       Konflikt werden. Beim Bundesverfassungsgericht liegen bereits 231
       Verfassungsbeschwerden gegen die „drohende Zustimmung der Bundesregierung“
       zu den Verträgen vor.
       
       Die Verfassungsbeschwerden haben alle den gleichen Text. Sie stammen nicht
       vom [1][„Stop TTIP“-Bündnis] oder einer anderen Organisation. Formuliert
       hat sie vielmehr Marianne Grimmenstein, eine Musiklehrerin aus Lüdenscheid,
       mit der Hilfe eines Ökonomen und eines Juristen. Grimmenstein hat den
       Klagetext seit August massiv im Netz beworben, so dass man bereits von
       einer Massen-Verfassungsbeschwerde sprechen kann.
       
       Hunderte weitere Personen haben diese Verfassungsbeschwerde per E-Mail
       eingereicht oder sind ihr „beigetreten“. Beides ist unzulässig. Eine
       Verfassungsbeschwerde muss auf Papier und im eigenen Namen (mit
       Unterschrift) an das Gericht gesandt werden. Grimmenstein freut sich aber
       auch über die unzulässige Unterstützung. „Mit dieser Masse haben wir sicher
       das Verfassungsgericht aufgeweckt“, sagte sie der taz. Inhaltlich rügt die
       zehnseitige Klage vor allem die geplanten Investitionsschutz- und
       Schiedsgerichtsklauseln in Ceta und TTIP. Diese verstießen gegen das
       Demokratieprinzip, das Gleichheitsgebot, die Menschenwürde und andere
       Verfassungswerte.
       
       Der Verein „Mehr Demokratie“, der das „Stop TTIP“-Bündnis mitträgt, hält
       die Verfassungsbeschwerden für „verfrüht“, sagte Vorstandssprecher Michael
       Efler. Bei Ceta sei der Text zwar seit Ende September bekannt, doch könne
       es noch zu Nachverhandlungen kommen – wie sie etwa die Bundesregierung
       fordere. Und bei TTIP liege noch gar kein ausverhandelter Text vor.
       
       „Mehr Demokratie“ will auch erst die politischen Möglichkeiten ausschöpfen,
       bevor eventuell geklagt wird. Derzeit sammelt das Bündnis „Stop TTIP“
       Unterschriften für eine Europäische Bürgerinitiative, die sich an die
       EU-Gremien wendet. Binnen weniger Tage kamen schon mehr als 559.000
       Signaturen aus ganz Europa zusammen. Die EU-Kommission hat die Initiative
       allerdings für unzulässig erklärte. Dagegen solle Ende Oktober eine Klage
       vor dem Europäischen Gerichtshof eingereicht werden.
       
       ## Grundsätzlich zulässig
       
       Grundsätzlich sind Verfassungsbeschwerden gegen die Zustimmung zu
       völkerrechtlichen Verträgen möglich. Solche Klagen können sogar eingereicht
       werden, bevor der Vertrag zustande kommt. Das Bundesverfassungsgericht
       könnte also eine schwer zu lösende vertragliche Bindung an einen
       verfassungswidrigen Vertrag verhindern.
       
       Bei Ceta und TTIP ist aber noch unklar, wann der richtige Moment für eine
       Klage ist. Wenn die Abkommen ausschließlich von der EU unterzeichnet
       werden, dann müsste Karlsruhe vor der deutschen Zustimmung im
       EU-Ministerrat prüfen und entscheiden. Mit der Beschlussfassung im
       Ministerrat wird bei Ceta derzeit für den Sommer 2015 gerechnet. Das rund
       1.500 Seiten dicke Abkommen wird noch juristisch geprüft und übersetzt.
       Sollte anschließend aber auch noch eine Ratifizierung in den 28 nationalen
       Parlamenten der EU-Staaten erforderlich sein, dann ist deutlich mehr Zeit.
       
       Die EU-Kommission geht derzeit davon aus, dass die Beschlussfassung im Rat
       und im EU-Parlament genügt. Ein Gutachten im Auftrag des
       Bundeswirtschaftsministeriums stuft Ceta jedoch als „gemischtes Abkommen“
       ein. Nicht zuletzt wegen der Investitionsschutzregeln genüge die Kompetenz
       der EU für Handelsverträge hier nicht, meint der Bielefelder
       Rechtsprofessor Franz C. Mayer. Deshalb müsse auch das deutsche Parlament
       ratifizieren.
       
       13 Oct 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://stop-ttip.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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