# taz.de -- Tödlicher Angriff auf Betende in Jerusalem: Die Stadt ohne Frieden
       
       > Auf den Angriff auf vier jüdische Betende in Jerusalem will Netanjahu mit
       > „harter Hand“ reagieren. Doch seine Handlungsmöglichkeiten sind
       > beschränkt.
       
 (IMG) Bild: Tatortreinigung an der Synagoge Har Nof am Dienstag.
       
       JERUSALEM taz | Der freiwillige Sanitäter Avi Nafussi wird den Anblick in
       der Synagoge Har Nof nie vergessen. „Es war nicht angenehm“, sagte der
       28-Jährige, der direkt neben dem jüdischen Gebetshaus wohnt, in dem
       Dienstagfrüh sechs Menschen starben. Nafussi war schon zur Stelle, bevor
       die Polizei die beiden palästinensischen Angreifer erschoss. Bei den
       Todesopfern in der Synagoge handelt es sich um drei US-Bürger und einen
       Briten.
       
       „Ich blieb hinter meinem Auto in Deckung“, berichtet Nafussi am Telefon,
       „bis mich die Sicherheitskräfte zur Bergung der Verletzten riefen.“ Immer
       wieder zieht sich Nafussi auf die vage Beschreibung „nicht angenehm“
       zurück, räumt dann aber ein, dass die vier ermordeten jüdischen Betenden,
       die er zum Teil selbst kannte, „nicht an Schusswunden gestorben sind“.
       Armeesprecher Peter Lerner twitterte später Bilder vom Ort des Attentats.
       Eins davon zeigt ein blutverschmiertes Beil.
       
       Es muss ein regelrechtes Gemetzel gewesen sein, das sich in den frühen
       Morgenstunden unter den ultraorthodoxen Betenden abspielte. „Dies“, so
       twittert ein Palästinenser an den israelischen Polizeisprecher zurück, sei
       „die Antwort auf den Lynchmord an einem palästinensischen Busfahrer“.
       
       Am späten Sonntagabend war der Fahrer kurz vor Beginn seiner Schicht
       erhängt in seinem Fahrzeug aufgefunden worden. Eine Autopsie, an der auch
       ein palästinensischer Arzt beteiligt war, ergab, dass der Busfahrer sich
       selbst tötete. Das Gerücht von einem Mord durch jüdische Extremisten hielt
       sich dennoch auf den palästinensischen Straßen.
       
       ## Netanjahu macht Hamas und Abbas verantwortlich
       
       Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu beeilte sich, die
       islamistische Hamas und den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas,
       dessen „Hetze die internationale Gemeinschaft unverantwortlicherweise
       ignoriert“, für den Gewaltakt in der Synagoge für mitschuldig zu erklären.
       Tatsächlich verurteilte Abbas das Attentat und „die Morde an Unschuldigen“
       in einer öffentlichen Stellungnahme noch am selben Tag.
       
       Joram Cohen, Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet,
       widersprach seinem Regierungschef. Abbas sei an Terror nicht interessiert,
       meinte er. Die Hamas pries hingegen den Terrorakt, der keinesfalls
       überraschend käme, so Ghazi Hamas, Sprecher der Islamisten im Gazastreifen.
       
       Netanjahu kündigte an, mit „harter Hand“ auf den seit sechs Jahren
       schwersten Anschlag in Jerusalem zu reagieren. Seine Handlungsmöglichkeiten
       sind aber nicht allzu groß. Er kann die Häuser der Familien der Terroristen
       abreißen lassen. Außerdem will Jitzhak Aharonowitsch, Minister für
       öffentliche Sicherheit, für eine bessere Bewaffnung von israelischen
       Zivilisten sorgen, damit sie sich zur Wehr setzen können. „Wir werden stark
       sein und unsere Stadt vor denen schützen, die den Frieden in unserer
       Hauptstadt stören wollen“, resümierte Bürgermeister Nir Barkat.
       
       Seit Wochen vergeht kaum ein Tag in Jerusalem ohne einen Anschlag.
       Problematisch für den israelischen Sicherheitsapparat ist vor allem, dass
       es sich um Einzeltäter handelt, die oft im Affekt handeln. Die beiden
       Terroristen aus der Synagoge sind Cousins, Mitte 20 und aus dem
       Ostjerusalemer Viertel Dschabel Mukaber. Am Nachmittag kam es dort zu
       schweren Unruhen, nachdem die Polizei Familienangehörige der beiden
       Attentäter festnahm.
       
       18 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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