# taz.de -- Strafmaßnahme gegen Palästina: Israel behält 106 Millionen Euro ein
       
       > Als Reaktion auf das Beitrittsgesuch zum Internationalen Strafgerichtshof
       > verweigert Israel die Weitergabe von Steuern und droht mit der
       > Strafverfolgung ranghoher Palästinenser.
       
 (IMG) Bild: Die demonstrativen Feierlichkeiten zum 50. Geburtstag der PLO in der Silvesternacht lassen ahnen: Auch 2015 kommt die Auseinandersetzung zwischen Israel und Palästina nicht zur Ruhe.
       
       JERUSALEM afp | Israel hat auf die Bemühungen der Palästinenser um einen
       Beitritt zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) mit einer ersten
       Strafmaßnahme reagiert. Wie ein israelischer Regierungsvertreter am Samstag
       mitteilte, wurde die Überweisung von 106 Millionen Euro an Steuergeldern,
       die den Palästinensern zustehen, zurückgehalten. Nach Angaben aus
       israelischen Regierungskreisen droht Israel zudem, ranghohe Palästinenser
       wegen Kriegsverbrechen vor Gericht zu bringen.
       
       Der Regierungsvertreter bestätigte einen Bericht der israelischen Zeitung
       Haaretz, wonach Israel die Überweisung von 106 Millionen Euro an die
       Palästinenser zurückhält. Näheren Angaben wollte er nicht machen. Bei den
       einbehaltenen Steuergeldern handelt es sich laut Haaretz um Mehrwertsteuern
       und Zollgebühren auf Waren, die über israelisches Gebiet in die
       Palästinensergebiete gelangt sind.
       
       Demnach hätten die Einnahmen für Dezember am Freitag an die Palästinenser
       überwiesen werden müssen. Als Reaktion auf den am selben Tag eingereichten
       Antrag der Palästinenser für einen Beitritt zum IStGH sei aber die Hälfte
       davon zurückgehalten worden.
       
       Auch das Armeeradio und andere israelische Medien berichteten über die
       Maßnahme. Israel hatte bereits 2012 Zahlungen an die Palästinenser
       hinausgezögert, nachdem diese mit der Anerkennung als UN-Beobachterstaat
       bei den Vereinten Nationen Erfolg gehabt hatten.
       
       ## „Kriegsverbrecher!“ – „Selber einer!“
       
       Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat warf Israel vor, mit dem
       Einbehalten der Gelder ein „Kriegsverbrechen“ zu begehen. „Diese
       Entscheidung ist ein neues israelisches Kriegsverbrechen, aber wir werden
       angesichts dieses Drucks nicht zurückweichen“, sagte Erakat der
       Nachrichtenagentur AFP.
       
       Als weitere Strafmaßnahme droht Israel mit der Verfolgung ranghoher
       Palästinenser wegen Kriegsverbrechen. Vor Gerichten in den USA und anderswo
       seien Verfahren gegen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und andere „hohe
       palästinensische Verantwortliche“ möglich, erfuhr die Nachrichtenagentur
       AFP am Samstag aus israelischen Regierungskreisen.
       
       Vertreter der Autonomiebehörde, die mit der radikalen Hamas
       zusammenarbeiteten, müssten „Strafverfolgung fürchten“, hieß es in einer
       schriftlichen Mitteilung aus dem Umfeld eines israelischen
       Regierungsvertreters. Die Hamas sei „eine terroristische Organisation“,
       deren Kämpfer wie die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS)
       „Kriegsverbrechen“ verübten, indem sie etwa auf Zivilisten schössen.
       
       Am Freitag hatten die Palästinenser bei den Vereinten Nationen das
       offizielle Beitrittsgesuch zum IStGH eingereicht. UN-Generalsekretär Ban Ki
       Moon muss es nun prüfen. Kommt es zum Beitritt, was als wahrscheinlich
       gilt, können die Palästinenser Ermittlungen gegen israelische Politiker
       oder Soldaten beantragen, denen in den besetzten Gebieten Kriegsverbrechen
       oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden.
       
       ## Israel erkennt den IStGH bisher nicht an
       
       Der IStGH ist befugt, Prozesse wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit und Kriegsverbrechen anzustrengen, sofern die Taten nach dem
       1. Juli 2002, seinem Gründungstag, begangen wurden. Als Rechtsinstanz
       anerkannt wird das Gericht inzwischen von 122 Staaten – nicht aber von
       Israel, den USA, China und Russland. Diese vier Staaten haben die
       IStGH-Charta, das Römische Statut, zum Teil zwar unterschrieben, aber nie
       ratifiziert.
       
       Ein Staat, auch ein Nichtmitglied, kann vom Weltstrafgericht nur belangt
       werden, wenn der UN-Sicherheitsrat diesen Antrag stellt. Einzelpersonen
       kann der Gerichtshof aber verfolgen, wenn ihnen Verbrechen vorgeworfen
       werden, die auf dem Gebiet eines Mitgliedsstaats begangen wurden, oder wenn
       der Beklagte Bürger eines Mitgliedslands ist.
       
       3 Jan 2015
       
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