# taz.de -- Vorschlag der EU-Kommission: Autokonzerne von Klimapflichten entbinden
       
       > Autokonzerne sollen Strafen für zu hohe CO₂-Emissionen zunächst nicht
       > zahlen müssen. Grüne und SPD fürchten um das Verbrenner-Aus.
       
 (IMG) Bild: Im Verkehrssektor gelingt es seit Jahren nicht, die CO₂-Emissionen zu senken
       
       Brüssel taz | Die EU-Kommission will das Steuer in der Klimapolitik
       herumreißen und den Autokonzernen eine Atempause verschaffen.
       
       Die Brüsseler Behörde hat vorgeschlagen, Volkswagen und anderen kriselnden
       Konzernen mehr Zeit für das Erreichen der EU-Klimaziele zu geben und
       eigentlich fällige Milliardenstrafen zurückzustellen. Auch das umstrittene
       Verbrennerverbot ab 2035 wackelt.
       
       Nach dem Vorschlag sollen die Hersteller Möglichkeit erhalten, die
       Einhaltung der CO2-Ziele für 2025, 2026 und 2027 über den gesamten
       Dreijahreszeitraum zu bewerten – und nicht, wie zunächst geplant, jährlich.
       
       Damit bleiben den Firmen die eigentlich in diesem Jahr fälligen EU-Strafen
       wegen Verfehlens der Klimaziele erspart. Je nach Berechnung geht es um 1
       bis zu 13 Milliarden Euro.
       
       ## Berechenbarkeit in Gefahr
       
       „Unsere hochinnovative Automobilindustrie dekarbonisiert sich“, erklärte
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Wir gewähren diesem
       Schlüsselsektor mehr Flexibilität und bleiben gleichzeitig im Kurs unserer
       Klimaziele.“
       
       Die Vorhersehbarkeit im Automobilsektor sei für langfristige Investitionen
       von entscheidender Bedeutung, ergänzte Klimakommissar Wopke Hoekstra.
       
       Doch genau diese Berechenbarkeit werde durch den Kurswechsel infrage
       gestellt, kritisiert der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss. Mit dem
       „Zickzackkurs“ öffne Brüssel die „Büchse der Pandora“ und [1][schaffe neue
       Unsicherheit].
       
       Die sogenannten Flottengrenzwerte für die Autokonzerne lägen seit acht
       Jahren auf dem Tisch, so Bloss. Nun würden jene Hersteller bestraft, die
       sich an die Vorgaben halten.
       
       ## SPD betrachtet Schritt als notwendig
       
       Von einem „notwendigen Schritt“ spricht dagegen der SPD-Europaabgeordnete
       Tiemo Wölken. Es gehe darum, die Autobranche in einer akuten Krise zu
       unterstützen.
       
       Damit sich bis 2027 die Marktlage wieder verbessert, brauche es aber ein
       breiteres Programm an Maßnahmen, so Wölken. So müsse die EU in Programme
       investieren, die auch Normalverdienern die Umstellung auf E-Mobilität
       erlauben.
       
       Die Lockerung war auch in der Branche umstritten. Einzelne Unternehmen wie
       Stellantis oder Volvo hatten sich dagegen ausgesprochen. Nun überwiegt aber
       die Erleichterung, da durch die neuen US-Zölle [2][weitere Belastungen auf
       die europäische Autoindustrie zukommen].
       
       Allerdings ist der Streit um die europäischen Klimaziele mit dem
       Kurswechsel der Kommission noch längst nicht beendet. Die Kritiker – vor
       allem konservative und rechtspopulistische Politiker – nehmen schon das
       nächste Ziel ins Visier: das sogenannte Verbrennerverbot 2035. Ab 2035
       sollen in der EU nur noch Neuwagen zugelassen werden, die beim Fahren
       CO2-emissionsfrei sind.
       
       ## Verbrenner-Aus 2035 nicht mehr sicher
       
       Das schließt Verbrenner nicht völlig aus – wenn sie mit klimaneutralen
       Kraftstoffen (E-Fuels) betrieben werden. Doch selbst dieses Zugeständnis,
       das die Bundesregierung auf Druck der FDP in Brüssel durchgesetzt hat,
       reicht den Kritikern nicht mehr aus.
       
       Sie hoffen auf eine neue Hintertür – die EU-Kommission könnte das Ziel für
       2035 streichen. Dies geht aus Entwürfen der Brüsseler Behörde hervor.
       
       Noch ist es nicht so weit, noch hat von der Leyen diesen wohl letzten
       Tabubruch nicht gewagt. Die EU-Kommission will das Verbrenner-Aus erst
       später in diesem Jahr überprüfen, vermutlich im Herbst. Doch die Diskussion
       hat längst begonnen.
       
       „Die Rechten stehen schon bereit, um mit den Konservativen den Green Deal
       [3][auf den Schrottplatz zu fahren]“, warnt der Grünen-Politiker Bloss.
       
       „Was in der aktuellen Situation absolut kontraproduktiv ist, sind
       Diskussionen um das Ausstiegsdatum 2035“, ergänzt Wölken. Die europäischen
       Hersteller seien auch deswegen unter Druck, weil sie bei Elektroautos keine
       Vorreiter mehr sind.
       
       „Unsicherheit über den Ausstiegspfad würde diese Situation nur
       verschlimmern, die nötigen Investitionen erschweren und bereits getätigte
       Investments infrage stellen“, warnt der SPD-Politiker.
       
       2 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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