# taz.de -- Verteilung Geflüchteter: EU-Kommission will Deutschland entlasten
       
       > Ab kommendem Jahr soll Deutschland keine Geflüchteten mehr aus Europas
       > Grenzstaaten aufnehmen. Der Vorschlag der EU-Kommission sorgt für Unmut.
       
 (IMG) Bild: Ankunft von Migranten auf der spanischen Insel El Hierro am 24. Oktober
       
       Deutschland muss ab 2026 wohl keine Flüchtlinge aus Griechenland oder
       Italien aufnehmen, um diese Länder zu entlasten. Kleine EU-Länder wie
       Luxemburg sollen dagegen mehr Solidarität üben. Dies sieht ein Vorschlag
       zum neuen „Solidaritätspool“ in der Asyl- und Migrationspolitik vor, den
       die EU-Kommission in Brüssel vorgelegt hat. Der verspätete Vorstoß sorgte
       für Ärger und Verwirrung.
       
       Ursprünglich wollte EU-Migrationskommissar Magnus Brunner seinen Plan schon
       Mitte Oktober vorlegen. Doch da Deutschland und einige andere EU-Staaten
       viele Änderungswünsche hatten, hat Brunner die Vorstellung immer wieder
       aufgeschoben. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) habe Druck
       gemacht, heißt es in Brüssel. Offenbar wollte er durchsetzen, dass
       Deutschland entlastet wird.
       
       Tatsächlich steht das größte EU-Land nun auf einer Liste von Ländern, die
       [1][hohem „Migrationsdruck“] ausgesetzt sind. Neben Deutschland betrifft
       dies nach Ansicht der EU-Kommission auch Belgien, Bulgarien, Estland,
       Irland, Frankreich, Kroatien, Lettland, Litauen, die Niederlande, Polen und
       Finnland. Sie können Hilfe aus dem Solidaritätspool beantragen und müssen
       keine neuen Lasten übernehmen.
       
       Was das in der Praxis bedeutet, ist unklar, denn der Vorschlag der
       Kommission wird geheim gehalten. Er muss zunächst noch von den 27
       Mitgliedsstaaten abgesegnet werden. Das soll noch im Dezember erfolgen – in
       einer Sitzung des Rates, ohne Beteiligung des Europaparlaments. Sowohl das
       intransparente Verfahren als auch der Inhalt des Vorschlags sorgen aber
       jetzt schon für Ärger.
       
       So müssen hilfsbedürftige Länder wie Griechenland, Italien, Spanien und
       Zypern nun fürchten, dass ihnen bei Inkrafttreten des Asyl- und
       Migrationspakts im Sommer 2026 wenig Solidarität angeboten wird. Denn auch
       Bulgarien, Tschechien, Estland, Kroatien, Österreich und Polen will Brunner
       wegen einer „einer erheblichen Migrationssituation“ einen Soli-Abschlag
       gewähren.
       
       ## Hilfe bleibt vage
       
       Grundsätzlich bleibt die Hilfe ohnehin freiwillig und reichlich vage. Den
       EU-Staaten stehe es frei, die Form ihrer Beiträge zum Solidaritätspool
       „zwischen der [2][Solidarität der Menschen] (gegebenenfalls Verlagerungs-
       oder Verantwortungsausgleich), der finanziellen Unterstützung und
       alternativen Maßnahmen oder einer Kombination dieser Maßnahmen zu wählen“,
       so die EU-Kommission.
       
       Eine Verpflichtung, Flüchtlinge aus den [3][hoch belasteten
       Mittelmeerländern] zu übernehmen, besteht also nicht. Deutschland und
       andere Staaten können sich von der „Solidarität der Menschen“ freikaufen.
       Polen und Ungarn haben schon erklärt, dass sie sich gar nicht an dem neuen
       System beteiligen wollen. Auch deshalb steigt nun der Druck auf kleine,
       angeblich wenig belastete EU-Länder.
       
       Migrationskommissar Brunner versucht, diese und andere Problem
       kleinzureden. „Wir bauen ein starkes System auf, das fair und fest ist“,
       erklärte der konservative Österreicher, dessen Land ebenfalls weitgehend
       von der Solidarität ausgenommen werden soll.
       
       Ganz anders klingt es im Europaparlament. „Nur neun EU-Staaten sollen
       Solidarität leisten – das kann nicht aufgehen“, kritisiert Erik Marquardt
       von den Grünen. Das neue System sei intransparent und spekulativ: „Was
       nächstes Jahr passiert, weiß niemand“, so Marquardt. Statt sich noch mehr
       abzuschotten, müsse Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen, so der
       Migrationsexperte.
       
       12 Nov 2025
       
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