# taz.de -- Repression in Hongkong: Kapitulation vor dem Sicherheitsgesetz
       
       > Fünf Jahre nach Inkrafttreten des Nationalen Sicherheitsgesetzes in
       > Hongkong ist die Demokratiebewegung zerschlagen und die Zivilgesellschaft
       > eingeschüchtert.
       
 (IMG) Bild: Die Hongkong-Partei Liga der Sozialdemokraten (LSD) bei der Bekanntgabe ihrer Auflösung am Sonntag vor der Presse
       
       Berlin taz | Als hätte es noch eines Beweises über die repressive Wirkung
       des sogenannten Nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong bedurft, hat
       sich zum fünften Jahrestag von dessen Inkrafttreten die letzte politische
       Partei aufgelöst, die es noch gewagte hatte, zu öffentlichen Protesten
       aufzurufen.
       
       „Wir haben die Härten interner Streitigkeiten und die fast vollständige
       Inhaftierung unserer Führung ertragen, während wir die Aushöhlung der
       Zivilgesellschaft, das Verstummen der Stimmen von der Basis, die
       Allgegenwart roter Linien und die drakonische Unterdrückung abweichender
       Meinungen miterlebten“, erklärte die Vorsitzende der Liga der
       Sozialdemokraten (LSD), Chan Po-ying, am Sonntag in der südchinesischen
       Metropole.
       
       Der Druck sei jetzt einfach zu groß geworden. Die Auflösung geschehe aus
       Sorge um die Sicherheit der Mitglieder und Freunde, sagte Chan. Details
       wollte sie nicht nennen und sagte nur: „Wir hatten keine andere Wahl.“
       
       Die Partei war 2006 gegründet worden und hat nur wenig mit Sozialdemokraten
       gemein, wie sie in Europa bekannt sind. LSD war die radikalste Partei der
       Demokratiebewegung und auf Protestaktionen spezialisiert. Die grenzten zwar
       gelegentlich an Klamauk, blieben aber stets gewaltfrei und trafen oft einen
       wunden Punkt.
       
       ## Die Stimme der Unterprivilegierten verstummt
       
       LSD verstand sich im wohlhabenden Hongkong als Sprachrohr der
       Unterprivilegierten und setzte sich auch für LGBTQ-Menschen ein. Zu ihren
       besten Zeiten hatte LSD drei Abgeordnete im 60-köpfigen Legislativrat der
       Stadt.
       
       LSD gibt nach der Civic Party, die sich bereits 2023 auflöste, sowie der
       großen [1][Demokratischen Partei], die diesen Schritt im April ankündigte,
       als letzte öffentlich exponierte Partei der Demokratiebewegung auf. Deren
       führenden Köpfe sind ins Ausland geflohen oder [2][sitzen in Hongkong
       langjährige Haftstrafen ab], die mit Verstößen gegen das von Peking
       durchgedrückte Nationale Sicherheitsgesetz begründet wurden.
       
       Zu den Inhaftierten zählt auch [3][der frühere LSD-Vorsitzende und
       Abgeordnete Leung Kwok-hung]. Er sitzt eine Haftstrafe von 6 Jahren und 9
       Monaten wegen „Subversion“ ab. Der 69-jährige Ehemann von Chan Po-ying ist
       unter dem Spitznamen „Langhaar“ stadtbekannt und trägt stets ein
       Che-Guevara-T-Shirt.
       
       In den letzten fünf Jahren haben in Hongkong Schätzungen zufolge mehr als
       fünf Dutzend Menschenrechts- und [4][Nichtregierungsorganisationen],
       Thinktanks, Gewerkschaften und unabhängige Medien aufgegeben. Wer dem Druck
       nicht freiwillig nachgeben wollte, wurde wie die Boulevardzeitung [5][Apple
       Daily] dazu gezwungen. Um an sie zu erinnern, veröffentlichte Reporter ohne
       Grenzen letzte Woche eine Ausgabe im Exil.
       
       ## Arbeiteraktivist stellt Informationsarbeit ein
       
       Zuletzt erklärte der einstige chinesische Dissident und Arbeiteraktivist
       Han Dongfang die Auflösung seiner Organisation China Labour Bulletin. Han
       war der wichtigste Vertreter unabhängiger Gewerkschaften in der 1989
       niedergeschlagenen Demokratiebewegung auf Pekings Tiananmen-Platz. Nach
       Verbüßung seiner Haftstrafe informierte er von Hongkong aus die Welt über
       Arbeitskämpfe in China. Er verkündete das Ende seiner Organisation, als
       bekannt wurde, dass Hongkongs Sicherheitsbehörden gegen Personen ermitteln,
       die für ihre politische Arbeit Geld aus dem Ausland erhielten.
       
       Das am 30. Juni 2020 und damit unmittelbar vor dem Jahrestag der Rückgabe
       Hongkongs an China (1. Juli 1997) in Kraft getretene Nationale
       Sicherheitsgesetz erlaubt der Regierung in Peking, in Hongkong gegen
       Kritiker vorzugehen. Separatismus, Aufruhr, Terrorismus oder Kollaboration
       mit dem Ausland sind seitdem strafbar.
       
       Das Gesetz beendet nach Meinung seiner Kritiker Hongkongs Autonomie, die
       von Peking nach dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ der Stadt zugesagt
       worden war. Seitdem geben Chinas Polizeibehörden in der einstigen
       Kronkolonie den Ton an.
       
       Auslöser des schon lange von Peking geforderten, aber von vielen
       Hongkongern abgelehnten Gesetzes waren 2019 ausgebrochene Massenproteste
       der Bevölkerung gegen Pekings Einmischungen in Hongkongs Selbstverwaltung.
       Das Ignorieren der friedlichen Proteste mehrerer hunderttausend Menschen
       führte zu einer Radikalisierung und endete in einem Aufruhr, der gewaltsam
       niedergeschlagen wurde.
       
       Hongkongs Regierung, die inzwischen vom damaligen Sicherheitsminister John
       Lee geführt wird, [6][lobte jetzt in einer Erklärung das
       Sicherheitsgesetz]. Es habe von „Chaos zu Ordnung“ geführt und garantiere
       die Rechte und Freiheiten der Bürger. Die seien aber wie auch an anderen
       Orten der Welt „nicht absolut“.
       
       30 Jun 2025
       
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 (DIR) [6] https://www.news.gov.hk/eng/2025/06/20250630/20250630_111938_258.html?type=ticker
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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