# taz.de -- #Pimmelgate offiziell beendet: 3:2 für die Rote Flora
       
       > Mit dem Verzicht auf einen Strafantrag beendet Hamburgs Innensenator Andy
       > Grote (SPD) das Spiel um das Beleidigen seiner Person als „Pimmel“.
       
 (IMG) Bild: Letzter Stand an der Roten Flora: Im Einklang mit der CDU
       
       Der Klügere gibt nach: Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) hat die
       Polizei wissen lassen, er beabsichtige nicht, künftig Strafantrag zu
       stellen, wenn irgendwo im Stadtbild zu lesen ist: [1][„Andy, du bist so 1
       Pimmel.“] Damit hat er der Polizei, deren oberster Dienstherr er ist, einen
       Gefallen getan. Denn die musste in den letzten Wochen erst immer wieder
       Aufkleber dieses Inhalts von Laternenpfählen abknibbeln. Und dann rückte
       sie mehrmals beim besetzten autonomen Zentrum Rote Flora an, um an deren
       Fassade [2][ein Wandbild gleichen Inhalts mit dicker schwarzer Farbe zu
       übermalen], das über Nacht immer wieder neu erschienen war. Denn: Es könnte
       ja der Straftatbestand der Beleidigung erfüllt sein.
       
       Klingt durchaus vorbildhaft, wenn der Senator nun sein Ego hintan stellt –
       wenn bloß die Vorgeschichte nicht wäre. Denn der Straßenkampf mit Spachtel
       und Farbeimer ist nur ein analoger Ausläufer einer digitalen
       Auseinandersetzung, die seit Monaten schwelt.
       
       Begonnen hatte sie der Senator selbst: Als im Frühsommer die
       Infektionszahlen runter- und die Temperaturen raufgingen, hatte sich der
       aufgestaute Drang nach menschlichem Kontakt in heißen Partynächten im
       Schanzenviertel entladen. Grote schickte seine Truppen, um dem Treiben ein
       Ende zu setzen, und empörte sich auf [3][Twitter]: „In der #Schanze feiert
       die Ignoranz! Manch einer kann es wohl nicht abwarten, dass wir alle wieder
       in den Lockdown müssen … Was für eine dämliche Aktion!“
       
       Damit war er nicht der Einzige. „Was sich am Wochenende in der Schanze
       abgespielt hat, war total daneben“, [4][tweetete] die Zweite
       Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), „auf dem Ballermann geht es
       gesitteter zu!“
       
       ## Grote selbst bei einer illegalen Sause erwischt
       
       Nur hatte sich Grote dummerweise nicht mal ein Jahr vorher, als noch harter
       Lockdown herrschte, dabei erwischen lassen, wie er seine zweite Amtszeit
       mit einer [5][illegalen Sause] feierte – und das sogar in einem
       geschlossenen Raum. Er zahlte ein Bußgeld und beschweigt bis heute, wer
       dabei war. In Sachen Coronaschutz ist Grote seither als Vorbild eher
       ungeeignet, außer für den Volksmund, in dem die Teilnahme an illegalen
       Partys seither „groten gehen“ heißt. Zumindest hat Grote bei dem Thema eine
       ziemlich schwache Sprecherposition.
       
       Das findet auch der Wirt der Kiezkneipe „Zoo“ und antwortet auf Twitter mit
       den mäßig originellen Worten: „Du bist so 1 Pimmel.“ Für die
       Staatsanwaltschaft Grund genug, Ermittlungen gegen den Urheber einzuleiten.
       Und selbst nachdem der geständig ist, lässt sie noch [6][die Wohnung
       durchsuchen], in der seine Kinder und deren Mutter leben – angeblich, um
       das Tat-Handy zu beschlagnahmen.
       
       Grote stellt Strafantrag wegen Beleidigung und versucht, das Ganze als Teil
       einer Offensive gegen [7][Hass im Netz] zu darzustellen. Bei näherem
       Hinsehen stellt sich aber heraus, dass es im Stadtstaat wegen Beleidigung
       im Netz gerade mal [8][sieben Durchsuchungen] im laufenden Jahr gegeben
       hat. Überall berichten vor allem Frauen über massive Gewaltandrohungen im
       Netz, nach denen Ermittlungen regelmäßig ergebnislos eingestellt würden.
       Gab es eine Vorzugsbehandlung für den Senator?
       
       ## Einigkeit bei CDU und Roter Flora
       
       „[9][Pimmelgate]“ trendet bei Twitter – und die Witzbolde der Republik
       überbieten einander mit Schabernack rund ums männliche Geschlechtsteil, die
       Hansestadt, ihre Polizei und deren Senator. Man kann das Schimpfwort nicht
       mal mehr googeln, ohne beim Partysenator zu landen.
       
       Am Ende sind sich erstmals in der Geschichte die Rote Flora und die
       Hamburger CDU einig: Die letzte Version der Fassadenmalerei ist um den
       Zusatz „tritt zurück“ erweitert. Und genau das fordern nun auch die
       [10][Christdemokraten].
       
       Für diese Forderung hätte es bessere Anlässe gegeben, etwa das Versagen der
       Hamburger Polizei beim G20-Gipfel 2017: Weil sie Proteste brutal
       niederknüppelte – aus Sicht der Roten Flora. Oder weil sie sie ungestört
       eskalieren ließ – aus Sicht der CDU.
       
       1 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Hamburgs-Pimmelgate/!5811340
 (DIR) [2] /Neues-vom-Hamburger-Pimmelgate/!5810338
 (DIR) [3] https://twitter.com/andygrote/status/1399001436973899780?lang=de
 (DIR) [4] https://twitter.com/fegebanks/status/1398977813554860034
 (DIR) [5] /Anzeige-gegen-Hamburgs-Innensenator/!5804351
 (DIR) [6] /Hausdurchsuchung-wegen-eines-Tweets/!5799732
 (DIR) [7] https://www.spiegel.de/kultur/andy-grote-und-pimmelgate-kolumne-von-margarete-stokowski-a-697ceff8-446a-4ac7-b446-23aa6283ec87
 (DIR) [8] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Pimmelgate-Neue-Kritik-von-CDU-und-Linken,grote572.html
 (DIR) [9] https://twitter.com/search?q=%23pimmelgate
 (DIR) [10] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Pimmelgate-Hamburger-CDU-fordert-Ruecktritt-von-Grote,grote584.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Kahlcke
       
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