# taz.de -- Jüdischer Fußballklub SC Hakoah: Schwierige Rückkehr
       
       > Der jüdische Berliner Fußballklub SC Hakoah wurde 1933 vom Spielbetrieb
       > ausgeschlossen und 1947 wieder eingegliedert. Anfeindungen blieben nicht
       > aus.
       
 (IMG) Bild: Berliner Fußball im Jahr 1947, als sich der SC Hakoah erneut gründete
       
       Irgendwo in den Meldungen zum Berliner Lokalsport findet sich eine
       Information, die die Sporthistoriker Lorenz Peiffer und Henry Wahlig
       aufmerken ließ. Am 6. August 1947 notierte die Berliner Zeitung:
       „Einstimmig wurde dagegen das Recht Hakoahs anerkannt, wieder – wie vor 13
       und mehr Jahren – in der 1. Klasse mitzuspielen.“
       
       Dieser Beschluss der Spartentagung der Berliner Fußballer besagt nichts
       anderes, als dass der Vorgänger des heutigen Berliner Fußballverbands die
       Schuld anerkannte, die er dem besten jüdischen Fußballklub Berlins, dem
       [1][SC Hakoah], angetan hatte. Die genannte „1. Klasse“ war damals unter
       der Berliner Stadtliga, faktisch also zweite Liga.
       
       1933 war nämlich Hakoah, wie alle anderen jüdischen Vereine auch, aus dem
       Ligabetrieb des Berlin-Brandenburger Fußballs gestrichen worden. Das
       Fachblatt Fußballwoche führte Hakoah im Mai 1933 noch auf Tabellenplatz
       13, im Juni war der Verein verschwunden, ohne dass es einen Hinweis gab.
       Einen eigenen Ligabetrieb jedoch erlaubte das NS-Regime jüdischen Vereinen.
       Weil Juden ab 1933 aus den bürgerlich-deutschen Vereinen hinausgeworfen
       wurden, wuchs dieser jüdische Sport enorm an. 1938 dann, zeitgleich zu den
       [2][Novemberpogromen], wurden die jüdischen Vereine verboten.
       
       1947 gründete sich Hakoah Berlin wieder. Die Initiative ging überwiegend
       von jungen Leuten aus, meist Männer und Jungen, die den Holocaust überleben
       konnten. Teils kehrten sie aus Konzentrationslagern wieder, teils hatten
       sie in Verstecken überleben können. [3][Hans Rosenthal], der spätere
       Fernsehunterhalter, wurde in einer Berliner Laubenkolonie versteckt. Im
       August 1946 stellte ihm der Magistrat der Stadt Berlin, Abteilung für
       Volksbildung, Hauptsportamt, einen Spielerpass aus. Rosenthal kickte
       zunächst für das Betriebsteam des Berliner Rundfunks (Ost), später für den
       Rias (West), und 1947 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des SC Hakoah.
       
       ## Explizit jüdischer Sportverein
       
       Der junge Klub verstand sich explizit als jüdischer Sportverein. Im Juni
       1947 schrieb die Berliner Zeitung unter der Überschrift „Aller Anfang ist
       schwer“: „Auf dem idyllisch gelegenen ehemaligen Hakoah-Platz am Bahnhof
       Grunewald unternahm die jüdische Sportgemeinde nach 12-jähriger Zwangspause
       ihre ersten Gehversuche.“
       
       Es fand ein Spiel gegen die Rias-Elf statt. Die Radioleute aus dem
       amerikanischen Sektor gewannen 5:2, doch die Berliner Zeitung lobte: „Aber
       gern wollen wir dem Gastgeber bescheinigen, dass ihre neu zusammengestellte
       Mannschaft alle Anwesende aufs Angenehmste überraschte.“ Die Prognose des
       Blatts: „Etwas mehr Training und weitere Übungsspiele werden diese
       schwergeprüften Sportsleute zu einem achtbaren Gegner stempeln.“
       
       Hakoah kickte in den ersten Jahren in der Tat gut mit. Allerdings war es
       auch immer Anfeindungen ausgesetzt. Im Dezember 1947 kam es bei einem
       Ligaspiel zu einem Zwischenfall, den die Berliner Zeitung so schilderte:
       „Der seit jeher als disziplin- und zügellos bekannte Tiergarten-Spieler
       Böhme war in unsportlicher Weise mit dem Hakoah-Verteidiger Kaiser
       zusammengestoßen.“ Böhme habe den Hakoah-Spieler dann mit Ausdrücken
       beleidigt, „die an die finsterste Rassen-Intoleranz des Hitler-Reiches
       erinnerte“. Kein Einzelfall, „denn nicht nur Böhme, sondern ein erheblicher
       Teil der Tiergarten-Mannschaft und sogar ein Teil der Zuschauer hat in
       recht handgreiflicher und einseitiger Weise in die Auseinandersetzung
       eingegriffen“.
       
       ## Schnell geahndet
       
       Die antisemitische Tat wurde schnell geahndet: Der Spieler Böhme wurde für
       zwei Jahre gesperrt. Das Urteil sei nur deswegen so günstig ausgefallen,
       hieß es, „weil ihm seine antinazistische Haltung während der Jahre von
       1933 bis 1945 zugute gehalten wurde“. Harsch kritisiert wurde das Urteil
       vom [4][Neuen Deutschland], damals schon das Zentralorgan der SED. „Absolut
       nicht einverstanden“, sei man mit dem Urteil. „Wir sind vielmehr der
       Meinung, dass Böhme auf lebenslänglich aus dem Sport verbannt wird. Böhme
       hat durch sein miserables Verhalten auf Sportplätzen nichts mehr zu
       suchen.“
       
       Interessanterweise finden sich keine laut geäußerten Stimmen, wonach der
       Fußballer zu hart bestraft würde, und auch das Tempo, in dem der Verband
       sein Urteil fällte, ist bemerkenswert: zwei Tage nach dem Vorfall. „So
       etwas wurde 1947 geahndet, 1951 wäre so etwas nicht mehr geahndet worden“,
       sagt Stefanie Schüler-Springorum. Die Leiterin des Zentrums für
       Antisemitismusforschung der TU Berlin kommentierte die Funde von Lorenz
       Peiffer und Henry Wahlig auf einer Konferenz des Berliner Fußballverbands,
       auf der die Ergebnisse einer Studie zur „Geschichte des Berliner Fußballs
       in der NS-Zeit“ vorgestellt wurden. Schüler-Springorums Begründung: „Die
       Alliierten hatten 1947 noch ein Auge drauf.“ Je mehr staatliche
       Souveränität die Bundesrepublik und der Westteil Berlins erhielten, desto
       eher seien solche Vorfälle toleriert oder zumindest bloß milde geahndet
       worden.
       
       Der SC Hakoah Berlin spielte zunächst gut weiter mit, in der Saison 1950/51
       jedoch begann der sportliche Niedergang, wie Henry Wahlig auf der Konferenz
       vortrug. Das hing vermutlich damit zusammen, dass etliche Hakoah-Spieler
       Deutschland verließen – nicht wenige in Richtung des neugegründeten Israel.
       Der stolze Fußballklub Hakoah Berlin, den 1924 junge Berliner Juden
       gegründet hatten, die sich von den Erfolgen des Weltklassevereins Hakoah
       Wien hatten inspirieren lassen, hörte 1953 auf, unter diesem Namen zu
       existieren. Er benannte sich in Spielvereinigung Vineta 05 um.
       
       10 May 2025
       
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