# taz.de -- Hausdurchsuchungen bei jungen Neonazis: Von TikTok ins Visier der Staatsanwaltschaft
       
       > Mit einer großen Razzia ist die Polizei gegen neun Anhänger neuer
       > Neonazi-Gruppen vorgegangen. Gefunden wurde so einiges, Festnahmen gab es
       > keine.
       
 (IMG) Bild: Erst am Samstag war der Neonazi-Nachwuchs in Marzahn in Erscheinung getreten
       
       Berlin taz | Vor ein paar Monaten waren sie noch ein Internetphänomen,
       jetzt stehen sie im Visier der Sicherheitsbehörden: Die Polizei ist am
       Mittwochmorgen mit einer umfassenden Razzia gegen mutmaßliche junge
       Neonazis in Berlin und Brandenburg vorgegangen. Der Einsatz richtete sich
       unter anderem gegen Anhänger der rechtsextremen Gruppierungen „Deutsche
       Jugend Voran“ (DJV) und „Jung und Stark“ (JS).
       
       Seit dem Sommer treten die beiden [1][Gruppen verstärkt in Erscheinung] und
       versuchen in den sozialen Netzwerken Jugendliche für die rechtsextreme
       Szene zu rekrutieren. Sie hetzen gegen CSD-Paraden – auch in Berlin – und
       nahmen an Neonaziaufmärschen gegen Pride-Märsche in Sachsen teil. Und erst
       vor Kurzem mobilisierten die „DJV“ sowie die „JS“ gemeinsam mit der
       [2][neonazistischen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“] gegen eine
       feministisch-antifaschistische Demonstration, [3][die am Samstag in Marzahn
       stattfand]. Dort zeigte sich erneut, was sich schon auf Instagram, TikTok
       und am Rande der CSDs beobachten ließ: Der neue Rechtsextremismus sieht mit
       Glatzen, Scheitel und „Lonsdale“-Shirt wieder aus wie der alte der 1990er
       Jahre.
       
       Bei den Hausdurchsuchungen seien zehn Aufenthaltsorte von neun
       Tatverdächtigen durchsucht worden, sagte ein Sprecher der
       Staatsanwaltschaft. Insgesamt hatte die Staatsanwaltschaft zwölf
       Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt. Neben der „DJV“ und „JS“ befanden sich
       unter den Durchsuchten auch Personen aus dem Umfeld der
       „Nationalrevolutionären Jugend“ (NRJ), der Nachwuchsorganisation des
       „Dritten Wegs“.
       
       In Berlin fanden die Hausdurchsuchungen in Hellersdorf, Köpenick, Marzahn
       und Neu-Hohenschönhausen statt. In Brandenburg war die Polizei in Letschin
       im Landkreis Märkisch-Oderland sowie Wandlitz (Landkreis Barnim) im
       Einsatz. Beschlagnahmt wurden laut Staatsanwaltschaft mögliche Tatkleidung,
       Handys, Schlagwerkzeug, Waffenteile, Pyrotechnik, Schreckschusswaffen und
       Gaspistolen – sowie mutmaßliche Beute aus Straftaten. Zudem soll man
       Hinweise auf eine weitere Gewalttat erhalten haben. Sieben Verdächtige
       trafen die Beamt*innen vor Ort an. Festgenommen wurde niemand.
       
       ## Körperliche Angriffe
       
       Die Beschuldigten sind allesamt Männer und allesamt jung: zwischen 16 und
       23 Jahre alt. Ihnen wird räuberische Erpressung, Diebstahl mit Waffen und
       gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Konkret geht es um drei separate
       Fälle. Bei zwei davon handelt es sich um körperliche Angriffe aus dem
       September.
       
       Sieben der Beschuldigten sollen am 13. September in Marzahn einen Mann mit
       Antifa-Shirt verfolgt und überfallen haben. Es folgten Schläge auf den Kopf
       des Mannes, der unter Androhung weiterer Gewalt den Angreifern das T-Shirt
       gegeben haben soll.
       
       Ein weiterer Übergriff ereignete sich nur ein paar Tage später am 20.
       September in Hellersdorf. Dort schlugen und traten teils vermummte
       Angreifer, die durch Überwachungskamera-Videos teilweise identifiziert
       werden konnten und der „JS“ und „DJV“ zugeordnet wurden, auf einen Mann
       ein. Dieser flüchtete in einen BVG-Bus; der Betroffene konnte jedoch
       bislang nicht von der Polizei ausfindig gemacht werden.
       
       Ein drittes Verfahren hat einen Social-Media-Beitrag aus dem vergangenen
       Jahr zum Gegenstand: Ein Mann posiert auf einem Foto mit Pistole und Gewehr
       sowie einer Schutzweste der Polizei. Für die Behörde ein Problem, denn der
       20-Jährige arbeitete von April bis Dezember 2023 in einer Liegenschaft der
       Polizei. Deswegen hatte er eine Zugangsberechtigung zum Sicherheitsbereich.
       Es wird vermutet, dass er in dieser Zeit Waffe und Weste gestohlen hat.
       
       ## Zwei Führungsfiguren der „DJV“ unter den Beschuldigten
       
       Unter den neun Beschuldigten soll laut Berichten des Tagesspiegels auch der
       23-jährige Julian M. aus Wandlitz sein. Am Samstag hatte der mutmaßliche
       Kopf der Gruppe „Deutschen Jugend Voran“ noch in Berlin mit dem Megafon den
       Neonazi-Protest gegen die feministische Demo in Marzahn aufgewiegelt. Zudem
       soll M. bei den Neonazi-Aufmärschen in Oranienburg, Leipzig und Bautzen
       mitgemischt haben. Auch Christopher W. ist demnach unter den ins Visier
       geratenen Nachwuchsnazis. Recherchen der Plattform Antifaschistischer
       Monitor zufolge nimmt Christopher W. wie Julian M. eine führende Rolle bei
       der „DJV“ ein.
       
       Ob die Verdächtigen bereits vor den ihnen nun vorgeworfenen Taten durch
       Verbindungen zur rechtsextremen Szene polizeilich in Erscheinung getreten
       sind, ist laut einem Sprecher der Staatsanwaltschaft nun Gegenstand der
       Ermittlungen.
       
       23 Oct 2024
       
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 (DIR) Martha Blumenthaler
       
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