# taz.de -- Entwurf zum CDU-Grundsatzprogramm: Die Drittstaaten-Partei
       
       > Die CDU stellt einen Entwurf für ihr neues Programm vor. Sie will unter
       > anderem Asylverfahren in andere Ländern auslagern und Kernenergie
       > erhalten.
       
 (IMG) Bild: Um Grundsätzlichkeit bemüht: CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann
       
       Berlin taz | Bislang ist es nur ein Entwurf, doch die CDU will mit ihrem
       Grundsatzprogramm eine Kehrtwende in der Migrationspolitik vollziehen. „Wir
       gehen auf das Prinzip Drittstaaten. Sowohl das Verfahren als auch der
       Schutz müssen dort stattfinden“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten
       Linnemann am Montag in Berlin. Bei der Vorstellung eines Entwurfs zur
       Neuausrichtung der Partei macht die CDU-Spitze deutlich, dass sie sich von
       einer konservativen Welle getragen fühlt. Die Union fordert eine neue
       „Leitkultur“ für Deutschland und demonstriert Offenheit für die
       Kernenergie. Ein Parteitag soll im Mai über das Programm entscheiden.
       
       [1][Seit den verlorenen Bundestagswahlen 2021 setzt sich die CDU mit sich
       selbst auseinander.] Dabei beschäftigt sich die Union mit der durchaus
       schmerzhaften Frage, wofür sie nach 16-Jähriger Amtszeit von
       Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel und zwei Jahren in der Opposition
       eigentlich steht. Mit dem Grundsatzprogramm möchte die CDU wieder den Weg
       an die Macht finden. Die neue Charta macht die Bruchlinie zwischen Merkels
       Erbe und dessen Bedeutung für Parteichef Friedrich Merz einmal mehr
       deutlich. Wie die Partei den Entwurf nun diskutiert, wird entscheidend für
       die kommenden Monate werden.
       
       Dabei erachtet Linnemann, der die Grundwertekommission leitet, die
       Diskussionen zum neuen Programm als weitestgehend abgeschlossen. „Die CDU
       Deutschlands ist wieder regierungsfähig. Sollte es zu einer vorgezogenen
       Bundestagswahl kommen, wären wir bereit“, sagte er am Montag im
       Konrad-Adenauer-Haus. Trotzdem dürfte es bei einigen Themen im Programm
       durchaus noch mal Streit innerhalb der Union geben. Das betrifft neben der
       Neuausrichtung der Migrationspolitik auch die Frage zur Nutzung der
       Atomenergie: In beiden Themenbereichen versucht die Unions-Spitze nun eine
       profilierte Abkehr von Merkels Erbe.
       
       Zur Atomenergie heißt es in dem Programmentwurf, Deutschland könne zurzeit
       nicht auf die Kernkraft verzichten. „Wir setzen bei der
       Gesamtenergieversorgung von morgen auf Technologieoffenheit in Anwendung
       und Forschung.“ Dazu gehörten neben Brennstoffzellen und
       Wasserstoffkraftwerken auch „Kernkraftwerke der vierten und fünften
       Generation“.
       
       ## Union bekennt sich zum Grundrecht auf Asyl – irgendwie
       
       In den Diskussionen zum Grundsatzprogramm hatte sich die Union auch in der
       Vergangenheit bereits dafür ausgesprochen, an den Möglichkeiten der
       Atomenergie weiterzuforschen. Doch über die „Anwendung“ von Atomkraft, wie
       es jetzt auch impliziert wird, wurde innerhalb der CDU immer heftig
       gestritten. So hatte sich Andreas Jung, der als stellvertretender
       Parteivorsitzender die Ausrichtung der CDU in Fragen der Nachhaltigkeit
       verantwortet, skeptisch gegenüber einem Wiedereinstieg in die Atomenergie
       geäußert.
       
       [2][Im Gespräch mit der taz hatte er den derzeitigen Rückbau der
       Atomkraftwerke zwar auch als Fehler bezeichnet], sich aber zurückhaltend in
       der Frage neuer Kraftwerke geäußert. Bei einer Klausurtagung der CDU vor
       einem Jahr in Weimar sorgte er dafür, dass genau dies als möglicher
       Prüfauftrag nicht festgehalten werden solle.
       
       Im Januar will nun erst einmal der Unions-Vorstand über das Dokument
       abstimmen. Die Diskussionen um die Atomenergie werden dabei ebenso im
       Vordergrund stehen wie die Fragen zur Neuausrichtung der Migrationspolitik
       und „Leitkultur“. Hier bekennt sich die Union in ihrem Grundsatzprogramm
       zwar auf das Grundrecht auf Asyl im Grundgesetz: „Wer sich auf Artikel 16a
       Grundgesetz beruft, weil er nicht aus einem EU-Mitgliedstaat oder aus einem
       anderen sicheren Drittstaat nach Deutschland einreist, und dies erfolgreich
       tut, soll Schutz in unserem Land finden.“
       
       Doch die Partei lässt im Unklaren, wie ein solches Asylverfahren in die
       Praxis umgesetzt werden soll, denn die Union fordert in dem Entwurf jetzt
       gleichzeitig Kontingente in der Migrationspolitik. Eine „Koalition der
       Willigen“ in der EU solle jährlich einen Anteil schutzbedürftiger Menschen
       aus dem Ausland aufnehmen. Wie die Regelungen auf der Basis der Genfer
       Flüchtlingskonvention und der Europäischen Konvention zum Schutz der
       Menschenrechte basieren soll, zu der sich die Union auch im Entwurf
       weiterhin bekennt, bleibt unklar.
       
       Linnemann betonte am Montag erneut, wie die Union sich mit dem
       Grundsatzprogramm ganz unabhängig von anderer Parteien in Zukunft
       aufstellen wolle. Das Dokument solle schließlich die Orientierung für die
       Partei in den kommenden zehn Jahre begründen – wenn diese Stoßrichtung die
       interne Abstimmung im Mai beim Parteitag besteht.
       
       11 Dec 2023
       
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