# taz.de -- Berlinale-Programm 2022: Wette auf die Zeit
       
       > Die Berlinale stellt ihr Programm vor. Das Festival zeigt sich vorsichtig
       > optimistisch, seine Filme im Februar vor Publikum zeigen zu können.
       
 (IMG) Bild: Die Berlinale stellt ihr Programm vor, doch für die 72. Ausgabe des Festivals bleiben viele Fragen
       
       Berlin taz | Dieses Jahr sollte es endlich wieder ein bisschen werden wie
       früher. Als die Berlinale im Herbst die Filmemacher zur Teilnahme einlud,
       „standen die Chancen gut“ für ein Festival mit Publikum im Saal, man habe
       nach Einsendeschluss 15 Prozent mehr Bewerbungen gezählt als im Jahr davor.
       Die Geschäftsführerin der Internationalen Filmfestspiele Berlin, Mariette
       Rissenbeek, begann ihre Pressekonferenz am Mittwoch mit einer
       Vorher-Nachher-Gegenüberstellung.
       
       Vom leeren Berliner Haus der Kulturen der Welt aus präsentierte sie
       gemeinsam mit dem Künstlerischen Leiter Carlo Chatrian die 72. Ausgabe der
       Berlinale. Sie traten im mittlerweile vertrauten Online-Format auf. Denn,
       wie Rissenbeek ergänzte, seien seitdem die Inzidenzen wieder gestiegen.
       Auch war eine Omikron-Variante im Herbst noch nicht in Sicht.
       
       Rissenbeek sprach vorsichtig davon, sie habe „die Hoffnung, das
       Filmprogramm in Präsenz zu zeigen.“ Die Vorsicht ist geboten, gab es am Tag
       der Vorstellung des Berlinale-Programms doch zum ersten Mal in Deutschland
       mehr als 100.000 neue gemeldete Coronafälle. Zugleich erreichte die
       7-Tage-Inzidenz mit einem Wert von über 1.000 in Berlin einen weiteren
       Höhepunkt.
       
       Hinzu kommt, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach und andere Mediziner
       ein Ansteigen der Omikron-Welle bis Mitte Februar erwarten. Eine heikle
       Aussicht, da die [1][Berlinale eine Online-Lösung wie 2021] ausgeschlossen
       hat. Lediglich die Filmbranche kann das Programm des European Film Market
       als Stream anschauen. Die Gefahr besteht nach wie vor, dass die Behörden
       das Festival absagen.
       
       Für die Berlinale, die Filmemacher und das Publikum wäre das bitter. Denn
       Carlo Chatrian präsentierte auf der Pressekonferenz eine Auswahl, die den
       Wunsch, im Februar ins Kino zu gehen, durchaus befeuern dürfte. Im
       Wettbewerb erwarten einen etwa ein Beitrag der französischen Regisseurin
       Claire Denis, die zum ersten Mal für einen Goldenen Bären geladen ist, der
       erste Film des italienischen Regisseurs Paolo Taviani ohne seinen Bruder
       Vittorio und vom deutschen Filmemacher Andreas Dresen ein Spielfilm über
       Murat Kurnaz.
       
       Auch der „zweite Wettbewerb“, die formal offenere Sektion Encounters, lässt
       mit Filmen des Franzosen Bertrand Bonello, der [2][österreichischen
       Dokumentarfilmerin Ruth Beckermann] und des Briten Peter Strickland Gutes
       erwarten. Ebenso das „Berlinale Special“ mit der großen Dame des
       [3][argentinischen Kinos, Lucrecia Martel].
       
       Zur Sicherheit der Beteiligten wurde die Laufzeit des Wettbewerbs von zehn
       auf sechs Tage reduziert. Das reguläre Publikum kann dafür vier Tage lang
       den „Publikumstag“ begehen, die Kinos dürfen bloß zur Hälfte gefüllt sein.
       Lange Schlangen vor den Kinos sollen durch Online-Buchungen für alle
       Vorführungen verhindert werden. Ob dies am Ende ausreichen wird, bleibt
       ungewiss. Eine verzwickte Lage.
       
       19 Jan 2022
       
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