# taz.de -- Krise des Weinbaus: Kosten, Ungeziefer, Giftspritzen
       
       > Der Weinbau in Deutschland ist in der Krise. Bauernpräsident Rukwied rät
       > Verbrauchern zum deutschen Tropfen und der Politik zum Bürokratieabbau.
       
 (IMG) Bild: Winterzeit ist Erntezeit: Eisweinlese beim Weingut Bischofsmühle in Rheinhessen
       
       afp/dpa | Bauernpräsident Joachim Rukwied hat auf die schwierige Lage des
       Weinbaus in Deutschland hingewiesen und die Verbraucher aufgefordert, mehr
       heimischen Wein zu trinken. [1][„Ich appelliere an die Verbraucherinnen und
       Verbraucher: trinkt mehr deutschen Wein“], sagte Rukwied laut der
       „Rheinischen Post“ (Freitag). „Der Weinbau in Deutschland ist in der
       größten Krise seit Jahrzehnten. Aufgrund der schlechten Marktlage gehen wir
       davon aus, dass wir Rebflächen in erheblichem Umfang verlieren werden“,
       erklärte er.
       
       Deutsche Weine könnten bei der Qualität „locker mit Weinen aus Frankreich,
       Spanien oder Italien mithalten“, fügte der Bauernpräsident hinzu. Insgesamt
       sei die Marktlage in vielen Bereichen der Landwirtschaft nicht
       befriedigend, „teilweise sogar desaströs“, sagte Rukwied. „Die Kosten für
       Betriebsmittel und Energiepreise steigen und steigen, die Preise für
       landwirtschaftliche Erzeugnisse fallen und fallen“, sagte er der
       „Rheinischen Post“.
       
       Unterdessen fürchten Fachleute eine neue eingeschleppte Rebkrankheit. Sie
       könnte sich in Deutschland schnell ausbreiten. An drei Standorten in
       Baden-Württemberg hat das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg Flavescence
       dorée nachgewiesen, wie das Landwirtschaftliche Technologiezentrum
       Augustenberg (LTZ) in Karlsruhe mitteilte.
       
       Die auch Goldgelbe Vergilbung genannte Krankheit werde durch einen
       bakterienähnlichen Schadorganismus verursacht und von der Amerikanischen
       Rebzikade (Scaphoideus titanus) übertragen. Diese Zikade sei 2024 im
       Markgräflerland (Baden-Württemberg) erstmals in Deutschland nachgewiesen
       worden. „Durch das gemeinsame Auftreten des Krankheitserregers und des
       Überträgers in einem Gebiet besteht die Gefahr einer schnellen Ausbreitung
       der Goldgelben Vergilbung“, hieß es.
       
       ## Trockene Beeren mit bitterem Geschmack
       
       Befallene Weinreben bilden der Mitteilung zufolge je nach Rebsorte zunächst
       vergilbte oder vorzeitig rot verfärbte Blätter aus, die sich nach innen
       einrollen. Die Beeren könnten eintrocknen und bitter schmecken. „Daher sind
       erkrankte Rebstöcke nicht mehr für die Weinproduktion geeignet“, erklärte
       das LTZ, das sich in Baden-Württemberg mit Kulturpflanzen im Ackerbau und
       im Obstbau befasst. „Am Ende lässt ein Befall die Reben vorzeitig
       absterben.“
       
       [2][In Ländern wie Frankreich], Italien, Österreich, der Schweiz oder
       Ungarn habe die Rebkrankheit bereits Schäden im Weinbau verursacht. Laut
       dem Julius Kühn-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen,
       gab es bisher 2014 und 2020 lediglich an jeweils einer einzelnen Pflanze
       einen Befall der Goldgelben Vergilbung. Der Überträger – die Amerikanische
       Rebzikade – sei damals in Deutschland aber nicht nachgewiesen gewesen. Für
       Deutschland galt nach Angaben auf der Internetseite vom Sommer, dass die
       Goldgelbe Vergilbung hierzulande nicht vorkomme.
       
       Nun waren laut LTZ einzelne Rebflächen in den Landkreisen Lörrach,
       Breisgau-Hochschwarzwald und Ortenaukreis in Südbaden betroffen. Um eine
       Ausbreitung zu verhindern, müssen befallene Reben unverzüglich gerodet und
       die Amerikanische Rebzikade mit Insektiziden bekämpft werden, erläuterte
       René Fuchs vom Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg. Eine entsprechende
       Verordnung der Behörden soll die konkreten Maßnahmen regeln.
       
       Der neue Schädling bringt also noch mehr Pestizide im Weinbau. Dabei leiden
       Tiere und Pflanzen der Weinberge jetzt schon unter hohen Giftgaben. So
       steht laut der Deutschen Umwelthilfe (DUH) der seltenste und zudem einer
       der größten Schmetterlinge Europas – der Mosel-Apollofalter – unmittelbar
       vor der Ausrottung, wenn „die Behörden in Rheinland-Pfalz nicht endlich
       seine wenigen verbliebenen Vorkommen vor Pestizidspritzungen schützen“, so
       die DUH.
       
       ## Der Mosel-Apollofalter fällt dem Weinbau zum Opfer
       
       Sie kämpft für eine gerichtliche Klärung der Rechtmäßigkeit von
       Genehmigungen für Hubschrauber- und Drohnenspritzungen von Pestiziden durch
       die Landesregierung von Rheinland-Pfalz. Nach Einschätzung der DUH und der
       ArGeLep, die die DUH im Berufungsverfahren fachlich berät, sind die
       Pestizidspritzungen für den dramatischen Rückgang des vom Aussterben
       bedrohten und streng geschützten Mosel-Apollofalters und anderer Insekten
       verantwortlich. Die DUH hat gegen die für 2025 erteilten
       Sondergenehmigungen bereits Klage eingereicht.
       
       Der streng geschützte Mosel-Apollofalter kommt weltweit nur im Unteren
       Moseltal an wenigen offenen Felsformationen vor. In der gerade erschienen
       Roten Liste der Tagfalter wird die Art als vom Aussterben bedroht (Rote
       Liste Kategorie 1) eingestuft. Die Bestandssituation des Falters hat sich
       mittlerweile so verschlechtert, dass ein baldiges Aussterben der Art
       unmittelbar bevorsteht, wenn nicht ausreichende Maßnahmen zum Schutz seiner
       letzten Vorkommen vor dem Eintrag giftiger Pestizide erfolgen.
       
       Unterdessen plädiert Bauernpräsident Rukwied angesichts der Schwierigkeiten
       der Weinbauern für einen „längst überfälligen“ Politikwechsel. Vor allem
       müsse es dringend Erleichterungen bei der Bürokratie geben, forderte er.
       
       26 Dec 2025
       
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