# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Selenskyj präsentiert Entwurf von 20-Punkte-Friedensplan
> Der ukrainische Präsident Selenskyj hat nach Verhandlungen in den USA
> erstmals die 20 Punkte für einen Friedensplan dargelegt. Was steht drin?
dpa | Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat erstmals öffentlich
die 20 Punkte für einen von den USA angestoßenen Friedensplan öffentlich
ausgebreitet. Laut dem Entwurf sind etwa Sicherheitsgarantien für die
Ukraine nach dem Vorbild von Artikel 5 der Nato – das ist die
Beistandsklausel – und eine Stärke der Armee von 800.000 Soldaten
vorgesehen, wie Selenskyj ukrainischen Medien zufolge vor Journalisten in
Kiew erklärte.
Der Präsident selbst sprach von einem Entwurf für ein Rahmendokument und
wiederholte seine Äußerungen vom Vortag, nach denen es weiter Klärungs- und
Gesprächsbedarf gebe. Ungeklärt ist etwa weiter die Frage um die von
Russland für einen Waffenstillstand geforderten Gebietsabtretungen vor
allem im Gebiet Donezk, das die Ukraine noch zu einem Teil kontrolliert.
Auch die Kontrolle über das aktuell von Russland besetzte Atomkraftwerk
Saporischschja müsse noch geklärt werden, sagte Selenskyj.
Demnach sind in dem Papier neben ukrainischen auch russische und
US-Positionen enthalten. Selenskyj sagte, es habe bei vielen Punkten eine
Annäherung der Positionen gegeben und teils auch Konsens. Russen und
Ukrainer hatten am Wochenende in getrennten Gesprächen mit dem
US-Sondergesandten Steve Witkoff über den Friedensplan gesprochen und die
Treffen als konstruktiv bezeichnet. Im Einzelnen listete Selenskyj nun
diese Punkte auf:
1. Bestätigung der Souveränität der Ukraine.
2. Vereinbarung zwischen Russland und der Ukraine über einen Nichtangriff
samt einem Überwachungsmechanismus.
3. Verlässliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
4. Ukraine soll in Friedenszeiten eine Armee mit einer Stärke von 800.000
Soldaten haben.
5. Die USA, Nato und europäische Staaten sollen der Ukraine
Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild von Artikel 5 des Militärbündnisses
geben. Bei einem neuen russischen Angriff sollen demnach alle globalen
Sanktionen gegen Moskau wieder in Kraft treten. Bei einem Angriff der
Ukraine auf Russland sollen alle Sicherheitsgarantien wegfallen. Wenn
Russland die Ukraine angreift, sollen die Sicherheitsgarantien ziehen.
6. Juristisch verbindliche Verpflichtung Russlands zu einem Nichtangriff
auf die Ukraine und Europa. Moskau soll dies durch Gesetze und
Ratifizierung der Staatsduma absichern.
7. EU-Beitritt der Ukraine und bis dahin vorrangiger Zugang zum
europäischen Binnenmarkt.
8. Vereinbarung über ein Investitions- und Entwicklungspaket für die
Ukraine, darunter auch die Zusammenarbeit mit US-Firmen beim Wiederaufbau,
bei der Modernisierung der Gasinfrastruktur und beim Abbau von Rohstoffen.
9. Schaffung von Fonds für den wirtschaftlichen Wiederaufbau mit dem Ziel,
800 Milliarden Dollar (678 Milliarden Euro) an Investitionen anzulocken.
10. Ukraine beschleunigt den Prozess für ein Freihandelsabkommen mit den
USA.
11. Ukraine bestätigt ihren neutralen Status als Staat ohne Atomwaffen.
12. Das Atomkraftwerk Saporischschja soll gemeinsam genutzt werden. Nach
US-Vorstellungen sollen Russland und die Ukraine das AKW zu gleichen Teilen
nutzen. Die Ukraine will dagegen ein Joint Venture mit den USA zum Betrieb
des Kraftwerks – ohne russische Beteiligung.
13. Ukraine und Russland sollen Bildungsprogramme auflegen, in den
gegenseitiges Verständnis und Toleranz Themen sind. Die Ukraine soll sich
auch zu EU-Normen der religiösen Toleranz und zum Schutz der Sprachen von
Minderheiten bekennen.
14. Territoriale Aufteilung. Russland zieht seine Truppen aus den Gebieten
Dnepropetrowsk, Mykolajiw, Sumy und Charkiw ab. Variante A sieht ein
Einfrieren der Frontlinie in den Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja
und Cherson vor; Variante B eine per Referendum bestätigte Freihandelszone
im Donbass.
15. Nach einer Bestätigung der Territorialvereinbarung verpflichten sich
Russland und die Ukraine, keine gewaltsamen Veränderungen vorzunehmen.
16. Russland verpflichtet sich, die Ukraine nicht bei der Nutzung des
Flusses Dnepr und des Schwarzen Meers zu hindern.
17. Schaffung eines Komitees für humanitäre Fragen, das sich etwa um den
Austausch aller Kriegsgefangenen und um die Rückkehr aller inhaftierten
Zivilisten, darunter Kinder und politische Gefangene, kümmern soll.
18. Die Ukraine soll möglichst schnell nach Unterzeichnung der Vereinbarung
Wahlen abhalten, zuerst für das Präsidentenamt, dann auch für das Parlament
und auf kommunaler Ebene.
19. Die Friedensvereinbarung ist juristisch bindend und soll durch einen
Friedensrat unter Führung von US-Präsident Donald Trump kontrolliert
werden. In dem Rat soll es auch Vertreter der Ukraine, der EU, Nato, USA
und Russlands geben.
20. Nach Zustimmung aller Seiten soll ein vollständiger Waffenstillstand in
Kraft treten.
Selenskyj teilte auch mit, dass er eine Antwort von russischer Seite noch
am 24. Dezember erwarte. „Dann werden wir unsere nächsten Schritte und den
möglichen Zeitrahmen für bestimmte Entscheidungen verstehen“, sagte er. Die
Ukraine sei bereit zu einem neuen Treffen mit den USA auf höchster Ebene,
um sensible Fragen wie die zu den Gebieten zu klären. Selenskyj hatte die
von Russland geforderten Gebietsabtretungen immer wieder kategorisch
abgelehnt.
Kremlsprecher Dmitri Peskow verwies der russischen Nachrichtenagentur
Interfax zufolge erneut auf die russische Linie, solche Themen nicht über
Veröffentlichungen in den Medien zu besprechen. Präsident Wladimir Putin
habe sich von seinem Unterhändler Kirill Dmitrijew nach dessen Rückkehr aus
Miami über die Ergebnisse vom Wochenende in allen Nuancen unterrichten
lassen, sagte Peskow.
Nun formuliere Russland seine Position und setze die Kontakte mit den USA
in nächster Zeit fort. Zugleich betonte Peskow, dass Russland über die
unfertigen Punkte nicht in der Öffentlichkeit spreche. Die Ukraine wehrt
sich seit fast vier Jahren gegen den russischen Angriffskrieg. Ein Ende ist
ungeachtet der laufenden Verhandlungen nicht in Sicht.
24 Dec 2025
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