# taz.de -- Wohnungsverlust in Berlin: Linke fordert Stopp von Zwangsräumungen
       
       > Die Zahl der Zwangsräumungen steigt, auch in Wohnungen der landeseigenen
       > Gesellschaften. Der Senat müsse jetzt handeln, so Elif Eralp.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen eine Zwangsräumung in der Berliner Wrangelstraße im Oktober 2023
       
       Jahr für Jahr gibt es in Berlin mehr als 2.000 Zwangsräumungen,
       durchschnittlich etwa 6 pro Tag. Laut einer jüngsten Statistik des
       Bundesjustizministeriums waren im vergangenen Jahr 2.211 Haushalte davon
       betroffen, 135 mehr als noch im Jahr zuvor. Zählungen der Senatsverwaltung
       für Justiz kommen gar auf 2.495 Fälle in diesem und [1][2.369 im Jahr
       zuvor]. Fakt ist: Die Zahl steigt – und sie geht auch auf vermehrte
       Kündigungen durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zurück.
       
       Am Montag hat sich [2][Elif Eralp, die Spitzenkandidatin der Linken] zur
       Abgeordnetenhauswahl im kommenden Herbst, zu Wort gemeldet und sich gegen
       Zwangsräumungen von Wohnungen im Fall von Mietschulden ausgesprochen. „Es
       kann doch nicht sein, dass Menschen im Winter in der Kälte auf die Straße
       gesetzt werden“, so die Linken-Politikerin. „Wir stehen kurz vor den
       Weihnachtsfeiertagen, die Temperaturen sinken nachts unter null Grad, und
       parallel steigt die Zahl der Zwangsräumungen in der Stadt.“
       
       Eralp sieht den Senat in der Pflicht und fordert einen Stopp der
       Zwangsräumungen wenigstens in den kalten Monaten. „Sehr schnell und
       unbürokratisch ginge ein Räumungsmoratorium zumindest bei den landeseigenen
       Wohnungsunternehmen (LWU).“ Laut dem aktuellen Bericht zur
       Kooperationsvereinbarung vom Senat mit den LWU ist die Zahl der Räumungen
       im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent gestiegen; es gab 4.805 statt 4.399
       fristlose Kündigungen und 541 durchgeführte Räumungen statt 479:
       „Ursächlich dafür kann das Auslaufen des Kündigungsmoratoriums zum 31. 12.
       2023 vom Berliner Senat sein“, heißt es in dem Bericht.
       
       Eralp fordert Strategien, um künftige Zwangsräumungen zu verhindern, und
       erinnerte an ein [3][Modellprojekt der früheren linken Justizsenatorin Lena
       Kreck] im rot-grün-roten Vorgängersenat, bei dem eine persönliche
       Zustellung der Räumungsklage an der Tür vorgeschrieben war, was aber vom
       aktuellen Senat nicht umgesetzt wurde.
       
       „Die Menschen, die das betrifft, sind nicht selten drogenabhängig, haben
       psychische Probleme oder bekommen ihren Alltag nicht mehr auf die Reihe“,
       sagte Eralp. „Die öffnen nicht mehr ihre Briefkästen – aus Überforderung
       und Angst vor noch mehr Rechnungen.“ Ein persönlicher Kontakt sei die
       Möglichkeit, diesen Menschen dabei zu helfen, dass sie ihre Wohnung nicht
       verlieren, dass sie die Angebote von Mieter- bis zur Schuldnerberatung in
       Anspruch nehmen.
       
       ## Kurzsichtige Politik
       
       Zuletzt hatten Berliner Wohlfahrtsverbände den Senat mit einem
       eindringlichen Appell dazu aufgefordert, mehr dagegen zu unternehmen, dass
       Menschen ihre Wohnung verlieren. „Kurzfristiges Denken“ der Politik führe
       zu „vermeidbaren Folgekosten“, so Caritas-Direktorin Ulrike Kostka in der
       Berliner Morgenpost.
       
       Zugleich warnte sie „vor einem Dammbruch“, [4][da die prognostizierte Zahl
       der Menschen, die in den kommenden Jahren vom Staat untergebracht werden
       müssen, stark steige]. Eine Studie des Deutschen Städtetages kam zu dem
       Schluss, dass jeder Euro, der in die Prävention von Wohnungslosigkeit
       fließt, am Ende sieben Euro einspare.
       
       Die Liga der Wohlfahrtsverbände beklagte Kürzungen des Senats bei Hilfs-
       und Beratungsangeboten für Wohnungslose, aber auch für Suchtkranke,
       Schuldner und andere Menschen in Not. Sie fordern ein Verbot, Familien
       zwangszuräumen.
       
       Kritik am Senat kommt auch vom Berliner Mieterverein. CDU und SPD hatten im
       Dezember beschlossen, die Regelsätze der Ausführungsvorschriften (AV)
       Wohnen im kommenden Jahr nicht zu erhöhen. Geregelt sind darin die als
       angemessen geltenden Miethöhen für Haushalte, deren Kosten der Unterkunft
       vom Jobcenter oder Sozialamt übernommen werden. „Vor dem Hintergrund der
       immer weiter steigenden Mieten auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist dieses
       Vorgehen für die betroffenen Haushalte ein Schlag ins Gesicht“, so
       Geschäftsführerin Wibke Werner.
       
       Zu diesen Rahmenbedingungen sei es bereits bislang nahezu unmöglich, eine
       Wohnung zu finden; viele Haushalte müssten einen „beträchtlichen Teil der
       Mietkosten aus dem Regelsatz finanzieren“, so der Mieterverein. Der Senat
       habe damit argumentiert, dass der Mietspiegel 2024 keinen signifikanten
       Anstieg der Mieten ausgewiesen habe. Nur: Bereits in einem halben Jahr wird
       der nächste Mietspiegel erwartet, der Vermietern erneut den
       Handlungsspielraum geben wird, die Mieten weiter zu erhöhen. (mit dpa)
       
       22 Dec 2025
       
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