# taz.de -- Süße Teigwaren: Waffeln für den Weltfrieden!
> Ob Waffeln, Pfannkuchen oder Kaiserschmarrn: Unsere Kolumnistin liebt
> süßen Teig. Und glaubt außerdem, dass er zu einer besseren Welt beitragen
> kann.
(IMG) Bild: Die Allzweckwaffel ist die Lösung
In meiner Kindheit waren die schönsten Tage die, an denen wir Pfannkuchen
gebacken haben. Meine Mutter mit einer Marlboro 100 in der einen Hand und
einem Pfannenwender in der anderen. Meistens stellte ich mich zu ihr und
half. Denn für sechs Personen mussten viele Pfannkuchen gebacken werden.
Zwölf Eier schlugen wir dafür auf. Um den Teig schön fluffig zu bekommen,
gaben wir Mineralwasser hinein. Damit die Braterei nicht ewig dauerte,
benutzten wir zwei Pfannen, manchmal sogar drei. Das viele Fett in der Luft
reizte Augen und Atemwege. Und wenn mein Vater dabei war, gab er gerne ein
bisschen an und warf seine Pfannkuchen virtuos durch die Luft. Danach
belegte er sie mit Schmelzkäse und Zwiebeln, weil „echte Männer“ wie er
vorgeblich nichts Süßes essen, aber dann spätnachts den Schokovorrat
plündern. Wir anderen hingegen bestreuten unsere Pfannkuchen mit Zimt und
Zucker oder strichen eine dicke Schicht Apfelmus darauf.
Bis heute gibt es wenig, was mich so sehr tröstet wie eine gute Mehlspeise:
Rosinenbrötchen, Zuckerkuchen, Germknödel. Ich liebe diese weiche,
kissenhafte Konsistenz, die mir vorgaukelt, dass alles in bester Ordnung
ist. Man beißt in ein fluffiges Gebäck, gleich fühlt sich die Welt viel
sanfter und freundlicher an, irgendwie harmlos und bewältigbar.
[1][Viele Menschen haben während der Pandemie wie wild zu backen begonnen],
und einige haben seitdem nicht mehr aufgehört. Hefezopf, Buchteln,
Apfelstrudel – mein damaliger Freund und ich entdeckten in dieser Zeit die
Zubereitung süßer Mehlspeisen für uns. Einmal machten wir sogar
Waldviertler Mohnnudeln selbst, die wir aus Kartoffelteig formten und nach
dem Anbraten in brauner Butter in einer Mischung aus Puderzucker und Mohn
wälzten.
## Wozu die Melodramatik?
Vielleicht habe ich einen an der Waffel, aber meiner Meinung nach sind
[2][Waffeln] die beste Waffe in Konflikten. Solange man eine süße Portion
Teig im Mund hat, fällt einem das Streiten schwer. Deshalb: Waffeln für den
Weltfrieden!
Das Problem ist nur, dass ich diese Exitstrategie momentan etwas zu oft
wähle. Wenn ich so weitermache, werde ich noch aufgehen wie ein Hefekloß.
Die Politik, der Job, das Leben, zack, stehe ich wieder in dem kleinen Café
unweit meiner Wohnung: „Eine Waffel mit gaaanz viel Puderzucker.“ In meiner
Gegend muss man das dazusagen, denn sonst bekommt man sie
„Öko-Mami“-gerecht, mit wenig Zucker. Kommt mir nicht mit der Gesundheit!
Ein Vorteil des Erwachsenenlebens ist ja, dass man sich nach Herzenslust
zugrunde richten kann.
Einer glücklichen Fügung sei Dank, ist mein neuer Freund wieder
Österreicher. Und so schwebe ich in Sachen Mehlspeisen weiterhin im siebten
Himmel. Gestern erst bin ich durch den Wiener Prater gelaufen. Als ich an
der Achterbahn „Wilde Maus“ vorbeikam, musste ich an [3][Josef Haders
gleichnamigen Film] denken. Hader spielt darin einen gefeuerten
Musikkritiker, der in seiner Midlife Crisis einen Rachefeldzug beginnt.
Gar nicht mal so abwegig. Immerhin erleben wir ja gerade wirklich
stressige, ungerechte Jahre. Aber warum müssen manche Menschen gleich so
melodramatisch sein? Da esse ich doch lieber eine Portion Kaiserschmarrn
mit Powidl. „Einmal Kaiserschmarrn, bitte.“ – „Das macht dann 18 Euro.“ –
„&$!#%.“
18 Dec 2025
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## AUTOREN
(DIR) Anna Fastabend
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