# taz.de -- „Urchristen“ auf dem Weihnachtsmarkt: Vegetarisch mit antisemitischem Beigeschmack
       
       > „Universelles Leben“ verkauft auf Hamburgs Weihnachtsmärkten vegetarische
       > Pasten. Dahinter steht eine obskure Lehre mit antisemitischen Anteilen.
       
 (IMG) Bild: Achtung, hinter diesem Schild könnte rechtsesoterischer Quatsch lauern!
       
       Soll es am Weihnachtsabend Gans geben? Muss es an den Feiertagen überhaupt
       Fleisch sein? Der Verein „Universelles Leben aller Kulturen weltweit“ (UL)
       gibt eine klare Antwort: Nein, muss nicht sein. Auch an allen anderen Tagen
       des Jahres empfehlen die „Urchristen“, durch einen „friedfertigen Landbau
       ganz ohne Tierleid“ gesund zu leben. In prominenter Lage wirbt der Versand
       der rechts-autoritären Glaubensgemeinschaft „Lebe gesund“ in Hamburg auf
       zwei [1][Weihnachtsmärkten] für seine Weltsicht und seine Waren.
       
       Im „Lebkuchendorf“ auf dem Hamburger Gänsemarkt bieten Frauen am Stand des
       Versandes Bio-Brot [2][mit veganem Aufstrich] an. Apfel-Chips schmecken
       Kindern besonders. Eine der Frauen ermutigt, ruhig nochmal zuzugreifen. Nur
       auf Fragen zum UL ist sie zurückhaltend. „Ich bin nur eine Aushilfe“,
       wimmelt sie ab.
       
       Keine 400 Meter weiter in der Innenstadt ist eine Frau am Stand von „Lebe
       gesund“ genauso freundlich, aber auch auskunftsfreudiger. An einem der
       Eingänge des Weihnachtsmarkts „Weißer Zauber“ auf dem Jungfernstieg steht
       der Stand der Marke mit den vielen Brotaufstrichen und Gewürzen. „Das sind
       alles nur Verleumdungen“, erwidert sie. „Wir erleben das seit Jahren –
       immer wieder.“
       
       Auch auf seiner Webseite schreibt UL von „Verleumdungen“, die sie aber ins
       Positive wenden: „Jesus von Nazareth wurde von den Pharisäern, Priestern
       und Schriftgelehrten als Sektierer beschimpft. Warum soll es uns
       Urchristen, die wir Ihm nachfolgen, anders ergehen?“
       
       Seit 1975 steht die Gemeinschaft in der Kritik, nicht nur seitens der
       [3][evangelischen Amtskirche]. Gründerin Gabriele Wittek glaubte nach dem
       Tod ihrer Mutter, Stimmen aus einer anderen Welt zu hören. Sie hielt sich
       für ein „Sprachrohr Gottes“; eine „Posaune Gottes in dieser Zeit“. Christus
       selbst bringe ihr die Offenbarungen, sie könne so die Bibel „berichtigen
       und vertiefen“.
       
       Aus dem „Heimholungswerk Jesu Christi“ um Wittek entstand das UL-Netzwerk
       mit unterschiedlichen Öko-Firmen. Via Internetseite und Fernsehsendern wie
       „Neu Jerusalem“ werden die Botschaften verbreitet. Der Trägerverein mit
       Sitz im bayerischen Marktheidenfeld-Altfeld hat nach eigenen Angaben in
       Deutschland „einige Hundert Mitglieder“. Im fränkischen Esselbach betreibt
       er eine Privatschule. Weltweit sollen es 32 Vereine sein. Von 10.000
       Anhängern ging schon 2010 die „Evangelische Zentralstelle für
       Weltanschauung“ aus.
       
       ## Wirre Thesen über „die Juden“, „tausendjähriges Reich“
       
       2024 verstarb Wittek mit 91 Jahren. Der Tod der „Prophetin“ führte nicht zu
       Auflösungsprozessen. Ihre Botschaft, dass eine „Umprogrammierung der
       Gehirnzellen“ zu einer „Reinigung von allen Prägungen dieser Welt“ und
       letztlich zur „Erlösung“ führen, verfängt weiter. Witteks Buch „Das ist
       mein Wort, A und Ω“ ist ihre Bibel.
       
       Nach ihrer Lehre entstünden nach dem „Gesetz von Ursache und Wirkung“
       Naturkatastrophen und Krankheiten alleine durch das Fehlverhalten der
       Menschen. Mit Bluttransfusionen bestünde die Gefahr, negatives Karma
       mitaufzunehmen. „Die Juden“, verkündete Wittek weiter, würden „seit nahezu
       2000 Jahren ernten (…), was sie damals und auch in ihren weiteren
       Einverleibungen gesät“ hätten.
       
       Für Witteks Anhänger*innen ist eine Läuterung durch einen „inneren Weg“
       möglich – die Aufgabe der individuellen Persönlichkeit sowie den Verzicht
       auf persönliche Bindungen und materielles Vermögen.
       
       Auf der Erde wollen sie ein „tausendjähriges Reich“ bauen. Im Raum Würzburg
       sind sie besonders aktiv, haben ein Hofgut, erwerben Land, führt Frank
       Lüdke in einem Online-Vortrag aus. Der Professor der Evangelischen
       Hochschule Tabor hebt hervor, dass die „materielle Welt“ als Produkt eines
       „satanischen Falls“ wahrgenommen wird. Die Kirchen erscheinen in diesem
       Gedankengebäude als Antichristen. Ihre Natur- und Tierschutzbestrebungen
       verliehen dem UL jedoch ein positives Image, so Lüdke.
       
       16 Dec 2025
       
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