# taz.de -- Social-Media-Verbot für Jugendliche: Australiens Experiment an Heranwachsenden
> Australien verbietet Minderjährigen den Zugang zu
> Social-Media-Plattformen. Die werden das Verbot umgehen – und sind so
> größeren Gefahren ausgesetzt.
(IMG) Bild: Wenn die EU schlau ist, wartet sie erst einmal ab, wie sich das Verbot auswirkt
Wenn [1][am Mittwoch in Australien] das weltweit erste nationale
[2][Social-Media]-Verbot für Kinder und Jugendliche in Kraft tritt, geht
damit eine Verletzung der Freiheit unter dem Vorwand des Jugendschutzes
einher. Hunderttausende Menschen, die jünger als 16 Jahre alt sind, dürfen
nicht mehr auf Instagram, [3][Tiktok], Snapchat unterwegs sein. Was für ein
Einschnitt in die Kommunikation, in die kulturelle, politische,
psychologische Entwicklung Heranwachsender!
Studien weisen darauf hin, dass die psychische Gesundheit Jugendlicher
gefährdet sein kann, wenn sie besonders lange auf Social-Media-Plattformen
unterwegs sind oder dort schädliche Inhalte konsumieren. Sucht,
Schlafstörungen, Radikalisierung, geminderter Selbstwert, das alles sind
reale Gefahren. Aber die Opfer auszusperren, darf nicht die Lösung sein.
„Verbringt Zeit mit euren Freund*innen und eurer Familie“, appelliert
Australiens Regierungschef [4][Anthony Albanese] an die Jugendlichen:
„Persönlich, von Angesicht zu Angesicht.“ Albanese lebt offenbar in einer
Welt, in der das funktioniert.
Aber viele Jugendliche tun das nicht. Wie soll man Freund*innen
persönlich treffen, die Hunderte, Tausende Kilometer entfernt leben, aber
ebenso wichtig sind wie jene aus der Schule?
Das Internet bietet gerade für diskriminierte Menschen, insbesondere für
Menschen mit Behinderung und queere Menschen, eine einzigartige
Möglichkeit, miteinander in Kontakt zu treten. Während der Rest der Welt
sie bewusst oder unbewusst darin behindert, teilzuhaben, retten sich die
Jugendlichen gegenseitig auf Social-Media-Plattformen. Viele finden dort
eine Form der Gemeinschaft, die die Welt ihnen „von Angesicht zu Angesicht“
verweigert.
## Willkommen im rechtsfreien Raum
Jugendliche werden das Verbot umgehen. Wenn die sich den Zugang zu den
Plattformen nicht ergaunern wie bei Alkohol oder Clubs, werden sie
alternative Social-Media-Plattformen nutzen, die sich gegen das Gesetz
sträuben. Willkommen im rechtsfreien und damit gefährlicheren Raum. Oder
anders formuliert: Australien sperrt einen etablierten, einigermaßen
sicheren Platz in der Innenstadt ab und treibt Jugendliche in
Seitenstraßen, in denen ihnen Extremist*innen, Scammer*innen,
Sexualstraftäter*innen auflauern.
[5][Wenn die EU schlau ist], wartet sie erst einmal ab, wie sich das Verbot
auswirkt. Australien experimentiert unterdessen an seinen Kindern.
Vielleicht gibt es demnächst wissenschaftliche Erkenntnisse statt lediglich
Technologieskeptizismus und jugendfeindlichen Aktionismus. Und vielleicht
kommt die EU ja auch auf das Nächstliegende: bestehende Plattformen
sicherer machen – für alle.
10 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Australien/!6136596
(DIR) [2] /Online-Netzwerke-in-Deutschland/!5040371
(DIR) [3] /TikToks-politische-Macht/!6134172
(DIR) [4] https://www.instagram.com/p/DR8r0MYE3r3/?hl=de
(DIR) [5] /EU-geht-gegen-X-vor/!6135776
## AUTOREN
(DIR) Johannes Drosdowski
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