# taz.de -- EU geht gegen X vor: Es geht um mehr als ums Geld
> Die EU verhängt eine Geldbuße gegen die Social-Media-Plattform X. Die
> Summe ist überschaubar – doch das darf nicht täuschen. Denn es geht um
> mehr.
(IMG) Bild: Mangelnde Transparenz bei Werbung und eine Irreführung der Nutzer:innen bei Verifikations-häkchen – das wirft die EU X vor
Die Höhe der Geldbuße, die die EU-Kommission am Freitag gegen die
Online-Plattform X [1][verhängt] hat: 120 Millionen Euro. Da der Eigentümer
der Plattform Multimilliardär ist und X einem [2][Bericht der]
[3][Finanznachrichtenagentur Bloomberg] zufolge im vergangenen Jahr einen
Nettoumsatz von 2,6 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet hat, nimmt sich die
Summe nicht exorbitant aus. Aber es geht für alle Beteiligten bei diesem
Verfahren eigentlich nicht um die Summe – sondern um viel mehr.
Das Bußgeld sei „eine Attacke auf alle amerikanischen Tech-Plattformen und
das amerikanische Volk durch ausländische Regierungen“, schrieb der
US-amerikanische Außenminister Marco Rubio. Wo? Auf X. Und Musk selbst
fantasierte dort von einer Auflösung der EU, was zeigt, dass sich sein
Repertoire an Handlungsoptionen, wenn ihm jemand in die Quere kommt, auf
zwei Optionen beschränkt: aufkaufen oder plattmachen. Unpraktisch für Musk,
dass Europa keine Firma ist.
Dabei sind die Vorwürfe der EU-Kommission gegenüber X ähnlich bodenständig
wie die Summe: mangelnde Transparenz bei Werbung, ein fehlender Datenzugang
für Forschende und eine Irreführung der Nutzer:innen, dadurch dass die
weiß-blauen Verifikationshäkchen weniger der Verifikation von Accounts
dienen, als dem Generieren von Einnahmen für die Plattform. Das war’s.
Mangelnde Ressourcen für die Moderation? Ein maximal punktuelles Vorgehen
der Plattform gegen illegale Inhalte? Das ist beides nicht Gegenstand des
Verfahrens. Dabei würde der Digital Services Act (DSA), auf den die
EU-Kommission ihr Vorgehen stützt, beides hergeben.
## Eine Frage der digitalen Souveränität
Die Zurückhaltung hat einen Grund. Die EU-Kommission greift hier
offensichtlich nur die Punkte an, die vor Gericht mit extrem hoher
Wahrscheinlichkeit Bestand haben werden. Es sind Punkte, die sich gut und
rechtssicher belegen lassen – und bei denen andere Anbieter es schon
geschafft haben, nachzubessern. Das Konfliktthema illegaler Inhalte, das
dies- und jenseits des Atlantiks ganz unterschiedlich bewertet wird, weil
dort unter Meinungsfreiheit fallen kann, was hier ein strafbarer Mordaufruf
ist, ist an der Stelle ausgeklammert.
Denn es geht aus europäischer Sicht am Ende um zentrale Fragen der
digitalen Souveränität: Ist es möglich, die US-Tech-Konzerne zur Einhaltung
hiesiger Regeln zu zwingen? Und wie hoch wird der Preis dafür? Die
Antworten auf diese Fragen werden mitentscheidend sein dafür, wie es mit
der Demokratie, mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt in Europa
weitergeht.
Ob er gerichtlich gegen die Entscheidung der EU vorgehen wird, teilte Musk
in seinen Posts bislang nicht mit. Für alle Beteiligten am taktisch
klügsten wäre es vermutlich, er würde die beanstandeten Punkte
stillschweigend nachbessern und den Gang vor Gericht zumindest dieses Mal
vermeiden. Denn weitere Verfahren werden folgen. Wahrscheinlicher
allerdings ist, dass er auf Eskalation setzt.
In einer [4][Umfrage] vom Juli in Deutschland, Frankreich und Spanien gaben
übrigens rund zwei Drittel der Befragten an, für eine konsequente
Regulierung von Big Tech zu sein – auch, wenn die Beziehungen zu Trump
darunter leiden. In Deutschland waren sogar fast drei Viertel der befragten
Unionswähler:innen für eine konsequente Regulierung. Und mehrere
europäische Regierungen fordern digitale Souveränität zumindest rhetorisch
deutlich vehementer ein, als das noch vor einigen Jahren der Fall war.
Es sieht alles danach aus, als würde das Bedürfnis nach digitaler
Unabhängigkeit von den USA umso größer, je stärker Akteure wie Musk und
Trump dagegenhalten.
7 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_2934
(DIR) [2] https://www.bloomberg.com/news/articles/2025-02-19/musk-s-x-is-in-talks-to-raise-money-at-a-44-billion-valuation
(DIR) [3] https://www.bloomberg.com/news/articles/2025-02-20/behind-musk-s-x-turnaround-pick-and-choose-financials
(DIR) [4] https://peoplevsbig.tech/large-majority-of-french-german-and-spanish-public-back-tough-eu-stance-on-big-tech-despite-risk-to-trump-relations/
## AUTOREN
(DIR) Svenja Bergt
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