# taz.de -- Berliner SPD-Spitze tritt zurück: Die SPD setzt nun alles auf Krach
> Mit Hikel und Böcker-Giannini sind zwei Rechte in der SPD gescheitert.
> Nun setzt die Partei alles auf eine Karte. Das ist riskant – und
> alternativlos.
(IMG) Bild: Alles oder nichts: Steffen Krach ist der letzte Hoffnungsträger der Berliner SPD
Überraschend kommt in der Berliner SPD längst nichts mehr. Dass eine
Neuköllner Wahlversammlung [1][ihrem Bezirksbürgermeister Martin Hikel eins
auf die Nase] gibt? Ganz schön frech, aber überraschend? Dass die
Reinickendorfer Genossen ihrer Landeschefin Nicola Böcker-Giannini einen
sicheren Listenplatz fürs Abgeordnetenhaus verweigern? Typisch SPD, auch
nicht überraschend.
Dass Hikel und Böcker-Giannini am Sonntag das Handtuch als Doppelspitze der
Berliner SPD geworfen haben? Eher konsequent als überraschend. Denn die in
einem Mitgliederentscheid 2024 gewählten Vertreter des rechten
Parteiflügels [2][wurden mit der eher linken Funktionärsebene nie warm].
Entsprechend kalt wurden sie – jeder für sich – abserviert.
Dass der geschäftsführende Landesvorstand am Sonntag [3][den erst beim
jüngsten Landesparteitag offiziell gekürten Spitzenkandidaten Steffen
Krach] nun auch als Landesvorsitzenden vorschlägt, mag da fast wie ein
Befreiungsschlag aussehen.
Tatsächlich scheint der aus Hannover nach Berlin zurückgeholte Krach
derzeit der einzige zu sein, dem die Berliner Genossinnen und Genossen
zutrauen, die notorisch gespaltene Partei hinter sich zu sammeln. Und damit
auch den Selbstzerstörungsmodus zu stoppen, in dem sich die Berliner SPD
zehn Monate vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus befindet.
Alles auf eine Karte setzen und das Schicksal der Partei in die Hände eines
einzelnen Politikers zu legen, ist normalerweise keine gute Idee. Krach ist
nun mit einer Machtfülle ausgestattet, die nicht einmal Klaus Wowereit
hatte – der war nämlich nie Landeschef. Als Heilsbringer kann Krach jetzt
schalten und walten, wie er will. Lediglich die Angst, dass auch der
alleinige Kapitän von Bord gehen könnte, wird die Genossen disziplinieren.
Nur hat die Berliner SPD eigentlich keinen Dompteur nötig, sondern einen
Psychotherapeuten. Oder einen Nachlassverwalter.
## Wäre Opposition nicht besser?
Tatsächlich wäre es wohl das Beste für die Partei, die in Berlin seit 1989
an allen Landesregierungen beteiligt war, sich nach der Wahl zu schütteln –
und sich in der Opposition die Karten zu legen. Ohnehin scheint sie derzeit
auf gutem Weg dahin zu sein. Nach der jüngsten Umfrage liegt die Partei mit
13 Prozent abgeschlagen hinter CDU, Linken, Grünen und AfD auf Platz 5.
Ob es da hilft, ordentlich Krach zu machen, wie der Wahlkampfclaim ganz
ohne Selbstironie lautet? Nur 30 Prozent der Wahlberechtigten kannten
zuletzt den SPD-Spitzenkandidaten, der nun auch Landeschef werden soll.
[4][Schlechter schneidet da Werner Graf von den Grünen ab.] Kai Wegner
dagegen kennen alle, wenn auch als etwas langweilig. Und die
Linken-Kandidatin Elif Eralp hat das Zeug, von einer La-Ola-Welle direkt
ins Rote Rathaus getragen zu werden.
Und dann? Was, wenn die SPD hinter Linken und Grünen als
Juniörchenpartnerin in ein Senatsbündnis müsste? Spätestens dann könnte
auch die steile Karriere des Steffen Krach zu Ende sein. Dann doch lieber
Opposition, könnten die Mitglieder sagen, die einem Koalitionsvertrag ihren
Segen geben müssten. Dieselben Mitglieder übrigens, die sich für Hikel und
Böcker-Giannini ausgesprochen haben.
Eigentlich hat die Berliner SPD nur noch eine minimale Chance. Aber die
muss sie nutzen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Überraschend? Natürlich nicht.
23 Nov 2025
## LINKS
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## AUTOREN
(DIR) Uwe Rada
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