# taz.de -- Chaos bei der Berliner SPD: Unterlegen im Machtspiel
       
       > Die SPD-Landesvorsitzenden erklären, warum sie hinschmeißen. In den
       > Kreisverbänden ist man weder überrascht, noch scheint man traurig.
       
 (IMG) Bild: Nicola Böcker-Giannin und Martin Hikel erklären die Gründe für ihren Rücktritt vom SPD-Landesvorsitz
       
       Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini haben alles richtig gemacht. Einen
       Tag nach ihrer Ankündigung, zum 1. Dezember den Parteivorsitz bei der SPD
       Berlin aufzugeben, präsentiert sich das Duo am Montag bei der
       Pressekonferenz im Kurt-Schumacher-Haus in Wedding selbstbewusst. „Wir sind
       vor eineinhalb Jahren angetreten mit der Ankündigung, den inhaltlichen,
       kulturellen und personellen Wandel voranzubringen. Das ist uns gelungen“,
       stellt Böcker-Giannini klar. Allerdings, ergänzt Hikel, sei man dabei immer
       wieder „an Grenzen gestoßen“. Die Ereignisse vom Wochenende seien da nur
       der „letzte Stein“ des Anstoßes gewesen.
       
       Böcker-Giannini hatte am Samstag keinen Listenplatz für die Wahl zum
       Abgeordnetenhaus im kommenden Jahr bekommen – daraufhin hatten sie und
       Hikel [1][am Sonntag gemeinsam ihren Rückzug vom Landesvorstand erklärt].
       Den Parteivorsitz soll Steffen Krach übernehmen, der noch in Hannover als
       Regionspräsident arbeitende Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl.
       
       Laut Medienberichten war Böcker-Giannini am Freitag von Berliner
       SPD-Spitzen gewarnt worden, zur Kampfkandidatur in ihrem Kreisverband
       Reinickendorf anzutreten, da ihr Scheitern offenbar vorhersehbar war. Sie
       unterlag bei der Wahl um den vermutlich sicheren dritten Platz der
       Bezirksliste klar ihrer Gegenkandidatin Laurence Stroedter mit 17 zu 49
       Stimmen. Damit wird sie nach der Wahl wohl ohne Abgeordnetenhaus-Mandat
       dastehen, da ihre Direktkandidatur im Wahlkreis Heiligensee, einer
       CDU-Hochburg, für die sie am Samstag mit großer Mehrheit nominiert wurde,
       so gut wie chancenlos ist.
       
       Zwei Wochen zuvor hatte auch Hikel einen Dämpfer bekommen, als er bei der
       Kreisdelegierten-Wahl in Neukölln – obwohl ohne Gegenkandidat – nur 68,5
       Prozent der Stimmen bekommen hatte. Darauf hatte er [2][seinen Verzicht auf
       eine erneute Kandidatur für das Amt des Neuköllner Bezirksbürgermeisters im
       kommenden Jahr erklärt].
       
       ## Keine „linke“ Revolte
       
       In beiden Fällen hätten sie vorher „transparent“ gemacht, dass von diesen
       Nominierungen ein „entschlossenes Signal nach außen“ ausgehen müsste, so
       Hikel. Diese Rückendeckung habe man von der Funktionärsebene nicht
       bekommen. Als Ausdruck der Revolte „linker“ Funktionäre auf mittlerer Ebene
       gegen eine „pragmatische“ Spitze wollen beide ihre Niederlagen nicht
       verstanden wissen. Rechts, links: Diese Kategorien seien „obsolet“, sagte
       Hikel. „Es geht eher um Fragen von Macht.“ Böcker-Giannini ergänzte, sie
       selbst habe sich immer als „Parteilinke definiert“, auch wenn sie und Hikel
       unter dem Stempel „Pragmatiker“ einsortiert worden seien.
       
       Auch sie sieht sich offenbar als Opfer einer machthungrigen Kreisebene.
       „Ich als Landesvorsitzende muss die Möglichkeit haben, für so ein Amt zu
       kandidieren“, erklärte Böcker-Giannini – aus „Respekt“ vor den Leistungen
       vor Ort habe sie ohnehin nur für den 3. Platz kandidiert.
       
       Die Beteiligten selbst sehen das freilich anders. Der Kreisvorsitzende der
       SPD-Reinickendorf Gilbert Collé sagte am Montag der taz, bei der
       Entscheidung um den Listenplatz sei es nicht um Kritik an der Person
       Böcker-Giannini gegangen. Die Delegierten hätten aber „die Verbindung von
       Landesvorsitz und Anspruch auf einen Listenplatz nicht akzeptieren“ wollen.
       Und weiter: „Politisches Vertrauen oder Unterstützung lässt sich eben nicht
       erzwingen.“
       
       Überrascht vom Hinschmeißen des Duos ist man auf Funktionärsebene nicht.
       „Mir war eigentlich schon nach dem Verzicht von Martin Hikel trotz seiner
       Wahl zum Neuköllner Spitzenkandidaten klar, dass die beiden als
       Landesvorsitzende keine Zukunft mehr haben würden“, sagt Collé – so sei es
       wohl auch anderen gegangen.
       
       ## Krach muss es nun richten
       
       Der Co-Vorsitzende des SPD-Kreisverbands Neukölln Joachim Rahmann, der auch
       schon den Rückzug Hikels nicht so ganz nachvollziehen konnte, kommentierte
       die neue Entwicklung gegenüber der taz am Montag so: „Unser [3][Zugpferd
       für den Wahlkampf ist ohnehin Steffen Krach] mit seinem Programm für
       Familien und gutes Wohnen. Steffen Krach und die vier
       Stellvertrer:innen haben ja auch in den letzten Wochen schon gezeigt,
       dass sie die SPD gut aufgestellt ins Wahljahr führen.“
       
       Zum Schluss rät Böcker-Giannini der SPD noch dazu, „offen“ zu bleiben für
       mögliche Bündnisse nach der Wahl, sagt aber auch: „Die CDU ist der
       Hauptgegner.“
       
       24 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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