# taz.de -- Nach Chrupallas Lanz-Auftritt: AfD zerlegt sich wegen Russland
> Beim Thema Russland geht ein Riss durch die AfD. Gegner einer zu großen
> Moskau-Nähe kritisieren einen Talkshow-Auftritt ihres Parteichefs scharf.
(IMG) Bild: AFD-Parteichef Tino Chrupalla
Berlin dpa/afp | Beschwichtigende Äußerungen von AfD-Chef Tino Chrupalla
über Russland in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ und Aussagen über den
Nato-Partner Polen stoßen in der eigenen Partei auf Kritik. Der
verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger
Lucassen sagte „Bild“: Wir sehen jede Woche russische Waffensysteme in
Gebieten, wo sie nichts verloren haben. Wir sehen einen Staat, der keine
Bereitschaft zeigt, in Richtung Frieden zu gehen. Gefahrenabwehr, zumindest
aber Prävention, ist die Pflicht jedes deutschen Politikers und jedes
deutschen Patrioten.“
## Chrupalla: aktuell durch Russland keine Gefahr für Deutschland
Chrupalla hatte bei Lanz gesagt, er sehe aktuell durch Russland keine
Gefahr für Deutschland. Auf die Frage, ob er keinen hybriden Krieg sehe und
die Situation in der Ukraine mit Millionen Menschen auf der Flucht, sagte
er, jedes Land könne eine Gefahr für Deutschland werden.
Lanz fragte nach, ob er damit beispielsweise auch Luxemburg, Polen oder
Finnland meine. „Natürlich kann auch Polen für uns eine Gefahr sein“, sagte
Chrupalla, weil dieses einen Verdächtigen der Sprengung der
Nord-Stream-Pipelines nicht ausliefere. Zur Person von Präsident Wladimir
Putin sagte er: „Mir hat er nichts getan.“
## Lucassen: Polen als Gefahr? „Abstrus“
„Über Polen als Gefahr zu reden, hat nichts mit Politik zu tun“, sagte der
frühere Bundeswehr-Oberst Lucassen. „Polen ist Nato-Partner, unsere
Streitkräfte sind in einem gemeinsamen Korps integriert. Eine solche
Theorie ist abstrus.“ Mit Blick auf das Ziel der [1][AfD, in
Regierungsverantwortung zu kommen,] fügte er hinzu: „Dafür müssen wir
außenpolitisch auf eine höhere Ebene kommen. Wir müssen staatspolitische
Verantwortung zeigen.“
Mit ähnlichen Worten zitiert „Bild“ den AfD-Verteidigungspolitiker Hannes
Gnauck, ebenfalls früherer Bundeswehrsoldat: „Wir streben 2029
Regierungsverantwortung an und müssen die sicherheitspolitischen Realitäten
anerkennen: Es gibt feindselige russische Aktivitäten in Europa, darunter
Desinformation, Spionage, Sabotageversuche und hochgradig provokatives
Verhalten im Ostseeraum. Dabei wurde auch die Sicherheit deutscher Soldaten
gefährdet.“ Eine realistische Außen- und Sicherheitspolitik brauche
nüchterne Lagebeurteilung, nicht Wunschdenken.
## Auch Zustimmung für Chrupalla
Der AfD-Chef bekommt aber auch Zustimmung. Der Bundestagsabgeordnete
Matthias Moosdorf aus Chrupallas sächsischem AfD-Landesverband richtet
Kritik stattdessen gegen Alice Weidel, die öffentlich seit einiger Zeit
eine andere Moskau-Linie als ihr Co-Parteichef Chrupalla vertritt und zu
einer geplanten Russland-Reise von AfD-Politikern diese Woche kritisch
anmerkte: „Ich kann nicht verstehen, was man da eigentlich soll.“ Moosdorf
schrieb dazu bei X: „Schade! Ich weiß es.“ Politik sei keine Phrase, man
könne sehr konkret viel erreichen. „Und ja, notfalls müsste man sogar mit
seinen Feinden reden – um weitere Eskalationen zu vermeiden. Das ist die
Lehre aus unserer Geschichte.“
In Reaktion auf die Berichterstattung über Chrupallas Auftritt bei Lanz
schrieb Moosdorf, der selbst im Zusammenhang mit Russland-Reisen schon in
den Schlagzeilen stand, zudem: „Es ist KEIN Landesverrat, wenn man sich
nicht in die allgemeine Kriegshysterie gegen Russland hinein ziehen lassen
will! Man muss auch zuhören wollen, wenn man zutiefst deutsche Interessen
sucht!“
## Chrupalla verteidigt Russlandreisen von AfD-Parteikollegen
AfD-Chef Tino Chrupalla verteidigte dagegen die umstrittenen [2][Reisepläne
von Parteikollegen nach Russland]. „Die Kollegen, die dort hinfahren, haben
ihre Reise angemeldet. Sie wurde genehmigt“, sagte Chrupalla am Donnerstag
im ZDF-„Morgenmagazin“ in Bezug auf Kritik der Ko-Parteivorsitzenden Alice
Weidel an den Reiseplänen. „Wir sind uns mit Frau Weidel einig, dass wir
die Beziehungen nach Russland offen halten“, fügte Chrupalla hinzu. Bei den
geplanten Treffen von AfD-Abgeordneten mit russischen Politikern in Sotschi
handele es sich um Begegnungen anlässlich einer Veranstaltung der
Brics-Staaten, an denen beispielsweise auch Vertreter Indiens und Chinas
teilnehmen würde, sagte Chrupalla.
Weidel hatte die geplanten Reisen der AfD-Bundestagsabgeordneten Kotré und
Rainer Rothfuß scharf kritisiert und parteiinterne Konsequenzen
angekündigt. Sie könne nicht verstehen, was man in Russland „eigentlich
soll“, sagte sie am Dienstag im Bundestag. Rothfuß habe sich „nach diversen
Gesprächen mit Kollegen“ und „aus eigenen Stücken entschieden, nicht an der
Reise teilzunehmen, sagte Weidel später. Kotré hingegen wolle an den Plänen
festhalten
Trotz Kritik auch aus den eigenen Reihen hält [3][AfD-Chef Tino Chrupalla]
an seinen Äußerungen zu Russland fest. Angesprochen darauf, was er mit der
Aussage bezwecke „Putin hat mir persönlich nichts getan“, sagte Chrupalla
im ZDF-„Morgenmagazin“: „Was ich damit bezwecke, ist ganz klar eine
Entspannungspolitik, die wir endlich brauchen. Wir müssen aufeinander
zugehen, damit wir einen Krieg, einen größeren Krieg in Europa verhindern.“
Zuvor hatten Parteifreunde Chrupalla für seine Äußerungen über Russland und
den Nato-Partner Polen kritisiert.
Im „Morgenmagazin“ sagte der AfD-Chef, es müsse darum gehen, keine Soldaten
„in irgendwelche fremden Kriege“ zu schicken. „Wir müssen nicht
kriegstüchtig in diesem Land werden. Wir müssen endlich friedenssüchtig
werden. Das ist mein Ansatz und dafür kämpfe ich.“
13 Nov 2025
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