# taz.de -- Hautfarben-Chart in ARD-Show „Die 100“: Befremdlich und falsch
       
       > Die ARD-Show „Die 100“ reproduziert eine Szene aus Family Guy. Sie will
       > damit den Rassismus von Merz' Stadtbild offenbaren. Und verfällt ihm
       > dabei selbst.
       
 (IMG) Bild: „Wahnsinnig zugespitzt“ nennt Nassif die Aktion. Die Sendung 100 ist eine Politshow der ARD
       
       Ins deutsche Fernsehen lässt sich die Szene nicht übersetzen, soviel ist
       jetzt zumindest klar. Ursprünglich stammt die Idee, an die sich das
       ARD-Format „Die 100 – was bewegt Deutschland“ meinte wagen zu müssen, von
       [1][Family Guy].
       
       In dem Cartoon fährt die Hauptfigur, Peter Griffin, über eine Landesgrenze.
       An der Grenzkontrolle hält ihm ein Beamter eine Hautfarbenskala neben das
       Gesicht: oben helle Hauttöne, beschriftet mit „Okay“, unten braune und
       Schwarze, „nicht okay“. Da Griffin weiß ist, winkt ihn der Grenzbeamte
       durch.
       
       Was Family Guy gekonnt, wenn auch makaber, karikiert – nämlich die
       rassistische Idee, dass es gute und schlechte Einwandernde gibt,
       Migrant_innen und „Expats“, weiße und schwarze – geht in „Die 100“ daneben.
       In der ARD-Sendung stimmen hundert Bürger_innen auf einer Bühne über
       kontroverse Fragen ab, dieses Mal ging es im Kontext der Frage, ob
       Deutschland gut regiert werde, auch um die Stadtbild-Debatte.
       
       Die Aktion mit dem Hautfarben-Chart soll untersuchen, wer im Stadtbild laut
       Merz wohl ein Problem darstellen würde und wer nicht. Die Szene mehrfach
       ansehen zu müssen, um sie beschreiben zu können, ist nicht leicht.
       
       ## „Wahnsinnig zugespitzt“ nennt Nassif die Aktion
       
       Der Moderator, Till Nassif, hält das Hautfarben-Chart in der Hand, hält es
       zunächst an sein eigenes Gesicht, scherzt, dass er froh sei, dass ihn die
       Maske nicht zu dunkel geschminkt habe. Dann hält er es neben eine weiße
       Frau, sie sagt, dass sie wohl bestehen würde. Im Hintergrund lacht das
       Publikum schon erwartungsvoll, da neben ihr ein schwarzer Mann steht.
       
       „Also ich denke, ich würde nicht bestehen“, sagt er, als sich der Moderator
       dann, wie befürchtet, ihm zuwendet, das Chart an sein Gesicht hält und es
       mit einer Taschenlampe beleuchtet. Wie sich das anfühle, fragt Nassif und
       hält während der gesamten Antwort die Karte weiterhin neben das Gesicht des
       Mannes. Als der erklärt, dass sich der Rassismus verschlimmert habe und er
       neuerdings mehr Hass erfahre, antwortet Nassif abrupt „Okay!“ und geht weg,
       um seine Moderation fortzuführen.
       
       Das Publikum applaudiert, als „wahnsinnig zugespitzt“ bezeichnet Nassif
       dann die Aktion. Es ist schwer vorstellbar, wie eine Redaktion diese Idee
       abnicken konnte. Sie ist nicht etwa bitterböse komisch und zeigt auch nicht
       scharf beobachtend einen Missstand auf. Sondern sie ist unangenehm und
       falsch, die Präsentation völlig befremdlich.
       
       Denn [2][„Die 100“] ist kein Satireformat, auch kein Cartoon. Zudem füllt
       die Sendung die Leerstelle, die „Family Guy“ bewusst lässt. Dort sieht man
       schließlich nur die Realität einer weißen Person. Was einer Person of
       Colour an der Grenze geschieht, überlässt man den Zuschauenden, auch weil
       das zu zeigen zu schmerzhaft ist. „Die 100“ füllt diese Lücke mit einer
       echten Person, deren Gesicht im Fernsehen und jetzt in einem Clip zu sehen
       ist, der tausendfach geklickt wurde.
       
       Dass es selbst rassistisch ist, eine einzelne Person in einem solchen
       Kontext derart zu exponieren, hätte den Verantwortlichen auffallen müssen,
       bevor die Sendung ausgestrahlt wurde. Um Rassismus zu finden, ist kein
       Fingerzeigen auf Merz nötig.
       
       10 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/shorts/P6ZlVwtvFSo
 (DIR) [2] https://www.ardmediathek.de/sendung/die-100-was-deutschland-bewegt/Y3JpZDovL25kci5kZS80OTU0
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Valérie Catil
       
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