# taz.de -- Debatte um 556-Euro-Job: Wozu sind Minijobs gut? Wer macht sie? Wer profitiert?
> Minijobs wurden geschaffen, um den Weg in die Anstellung zu erleichtern.
> Teile der Union wollen sie nun abschaffen. Die wichtigsten Fragen und
> Antworten.
(IMG) Bild: Wer soll in Zukunft das Eis verkaufen, wenn es wieder Sommer wird?
Die Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion hat sich für die Abschaffung der
sogenannten Minijobs stark gemacht. Denn die seien im Prinzip unsozial.
Zuspruch kam unter anderem von der Gewerkschaft Verdi. FDP-Chef Dürr
bezeichnete Minijobs hingegen als „wichtiger Baustein für Flexibilität auf
dem Arbeitsmarkt“. Warum geht es bei [1][der Debatte]?
Was sind Minijobs?
Wer von Minijobs spricht, meint damit meist klassische Hilfstätigkeiten,
wie das regelmäßige Babysitten, Nachhilfe, Supermarktregale einräumen oder
Hilfe bei der Inventur. Manchmal wird es auch als geringfügige
Beschäftigung bezeichnet. Minijober:innen dürfen dabei nicht mehr als
556 Euro im Monat verdienen. Bei dem gesetzlichen Mindestlohn von 12,82
Euro pro Stunde können [2][Minijober:innen] also rund 40 Stunden pro
Monat arbeiten.
Eine zweite Form des Minijobs ist die kurzfristige Beschäftigung, häufig
bei Saisonarbeit, Ferienjobs oder Arbeit auf Märkten. Dabei ist die
Anstellung nicht durch die Höhe des Entgelts begrenzt, sondern durch die
Anzahl der Arbeitstage: innerhalb eines Jahres dürfen es nicht mehr als 70
Tage sein.
Wer macht Minijobs?
Rund 7 Millionen Menschen waren im September 2025 als Minijoberinnen und
Minijober gemeldet, heißt es [3][im Quartalsbericht der Minijob-Zentrale].
Davon waren rund 6.764.000 im Gewerbe und 259.000 in Haushalten tätig. Von
denen ist der Großteil, rund 64 Prozent, im erwerbsfähigen Alter zwischen
25 und 64 Jahren. Mehr Frauen als Männer sind also als Minijober:innen
tätig, im Gewerbe sind es rund 56 Prozent, in Haushalten ganze 87 Prozent
Was macht Minijobs für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen
attraktiv?
Minijober:innen können netto genau das bekommen, was sie brutto
verdienen. Denn sie zahlen von ihrem Gehalt keine Sozialabgaben und
Steuern. Lediglich Rentenbeiträge könnten sie zahlen, die meisten
geringfügig Beschäftigten lassen sich aber von diesen Beiträgen befreien.
Gleichzeitig haben Minijober:innen so auch keinen Anspruch auf
Arbeitslosengeld, nur geringe Rentenansprüche und sind auch nicht
automatisch über ihre Arbeitsstelle pflege- oder krankenversichert.
Auch für Arbeitgeber:innen Seite gibt es Vorteile: Diese zahlt zwar
höhere Sozialabgaben als bei regulären Angestellten, nämlich 30 statt rund
20 Prozent, muss Minijober:innen dafür aber nicht bei der Krankenkasse
anmelden und kann sie flexibel und kurzfristig einsetzen.
Worum geht es bei der Debatte um Minijobs?
Die Kontroverse um Minijobs ist nicht neu. Sie begann bereits im Jahr 2003
im Zuge der Hartz IV Reformen – damals sprach man noch vom 450-Euro-Job.
Zusammen wurden auch Midijobs eingeführt, als Übergang zwischen Minijobs
und regulären Anstellungen. Die Hoffnung der damaligen rot-grünen Regierung
war es, dass Minijobs kleine Tätigkeiten legaliseren und einen
Brückeneffekt generieren, bei dem Arbeitssuchende einen einfachen und
unkomplizierten Einstieg auf dem Weg zu einer sozialversicherpflichtigen
Beschäftigung finden. Dies hat sich jedoch nur für eine Teilgruppe der
Arbeitslosen bewahrheitet.
[4][Zahlreiche Studien ergeben], dass sich Minijobs, insbesondere für
Frauen, als sogenannte „Minijob-Falle“ herausstellen, mit unsicheren
Arbeitsverhältnissen ohne Aufstiegsmöglichkeiten und unzureichenden
Rentenbeitragszeiten. Und das, obwohl sich unter Minijoberinnen [5][rund 37
Prozent eine Ausweitung ihrer Arbeitszeit] wünschen würden.
Warum sagen Teile der Union jetzt, dass Minijobs abgeschafft werden
sollten?
Der Arbeitnehmerflügel der Union hat gefordert, Minijobs abzuschaffen.
Gegenüber der [6][Süddeutschen Zeitung] sagte der Vorsitzende der
Arbeitnehmergruppe, Stefan Nacke, Minijobs hätten sich zu einem
Systemfehler entwickelt. Was einst die Ausnahme war, sei zum Regelfall
geworden, besonders in Branchen wie Gastronomie, Handel oder Reinigung.
Außerdem seien Minijobs im Kern unsozial, denn „es verlagert die Kosten der
Absicherung von Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit auf die
Allgemeinheit“.
Dem stimmt sogar der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Werneke, zu:
Minijobs „befördern Altersarmut“, erklärte er in Berlin. Sie seien zudem
„erwiesenermaßen kein Sprungbrett in den regulären Arbeitsmarkt, sondern
eher eine berufliche Sackgasse für viele, besonders für Frauen“.
Welche Auswirkung haben Minijobs auf Arbeitsmarkt und Sozialsysteme?
Eine [7][Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung] aus
dem Jahr 2021 hat gefunden, dass Minijobs insbesondere in Kleinbetrieben
bis zu 10 Mitarbeitenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigte
vertreiben. Bis zu 500.000 sozialversicherungspflichtige Stellen könnten so
verloren gehen. Das hat [8][laut Ökonomen] nicht nur Auswirkungen auf die
individuellen Minijober:innen und den Arbeitsmarkt, sondern auch auf
die Sozialsysteme in Deutschland im Ganzen, wenn weniger Menschen in die
bereits belasteten Systeme einzahlen. Auch gegen den herrschenden
Fachkräftemangel könnten höhere Stundenzahlen von Minijober:innen
helfen.
Gibt es Argumente für die Beibehaltung von Minijobs?
Arbeitgebernahe Institute und Parteien, wie das Institut der Deutschen
Wirtschaft Köln (IW Köln) oder die FDP kritisieren den Vorschlag einer
Abschaffung. „Etwa jeder siebte Beschäftigte arbeitet nur wenige Stunden
pro Woche“, erklärte Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte beim IW Köln.
„Viele können oder wollen nicht mehr arbeiten – daran kann die Politik
wenig ändern.“
Was könnte die Bundesregierung tun?
Von der schwarz-roten Bundesregierung gibt es bisher keine konkreten Pläne
zur Veränderung des Minijob-Systems. Reformvorschläge rund um den
Arbeitsmarkt gäbe es jedoch genug: So fordern Gewerkschaften und Ökonomen
beispielsweise die Steuerklassen zu reformieren, um Minijobs weniger
attraktiv zu machen. Konkret geht es um die Abschaffung des
[9][Ehegatten-Splittings]. Von der steuerlichen Begünstigung profitieren
Ehepaare mit großen Gehaltsunterschieden. Insbesondere die schlechter
Verdienenden, häufig Frauen, mit einem besser verdienenden Ehpartner,
häufig Männer, bleiben häufiger im Minijob.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert außerdem, [10][Minijobs
sozialversicherungspflichtig zu machen]. Diese Forderungen stand bei der
Bundestagswahl 2025 auch in den Wahlprogrammen der Linkspartei, der Grünen
und des BSW.
12 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Weg-mit-dem-Minijob/!6124518
(DIR) [2] https://www.arbeitsagentur.de/lexikon/minijob
(DIR) [3] https://www.minijob-zentrale.de/SharedDocs/Downloads/DE/Quartalsbericht/2025/QB_II_2025_PDF.html?nn=44f91ff2-ee85-4f13-a0c4-e3c3b54bff12
(DIR) [4] https://www.arbsoz.de/ais-studien-leser/333-die-erwerbstaetigkeit-von-frauen-in?file=files/downloads/ais-studien/AIS-20-2-08_Beckmann.pdf
(DIR) [5] https://www.econstor.eu/bitstream/10419/183177/1/1031898085.pdf
(DIR) [6] https://www.sueddeutsche.de/politik/minijobs-cdu-abschaffung-stefan-nacke-arbeitnehmergruppe-bundestag-li.3336595
(DIR) [7] https://iab.de/presseinfo/minijobs-verdraengen-in-kleinbetrieben-sozialversicherungspflichtige-beschaeftigung/
(DIR) [8] https://www1.wdr.de/nachrichten/minijobs-abschaffung-union-einschaetzung-experten-100.html
(DIR) [9] /Reform-der-Steuerklassen/!6023631
(DIR) [10] https://frauen.dgb.de/themen/++co++47ce305e-5e42-11f0-b3c0-2bb23c4bf774
## AUTOREN
(DIR) Amelie Sittenauer
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