# taz.de -- Vorschläge der Ebert-Stiftung: 60-Stunden-Woche für junge Eltern – wie kommt man davon weg?
> Eine Studie zur „Rushhour des Lebens“ schlägt eine neue
> familienpolitische Leistung vor. Damit sollen traditionelle
> Arbeitsteilungen aufgebrochen werden.
(IMG) Bild: Mehr als 80 Prozent der Mütter mit minderjährigen Kindern gaben an, zu wenig Zeit für sich selbst zu haben
Die Zahlen sind eindrücklich: Mütter und Väter mit zwei kleinen Kindern
arbeiten über mehrere Jahre hinweg jeweils rund 63 Stunden pro Woche. Das
geht aus einer Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung zur [1][„Rushhour des
Lebens“] hervor, die am Mittwoch online vorgestellt wurde. In die
Arbeitszeit eingerechnet wurden dabei neben Erwerbsarbeit etwa berufliches
Pendeln und Hausarbeit sowie die Betreuung von Kindern. Bei Personen ohne
Kinder liegt die Gesamtarbeitsbelastung in ähnlichen Altersgruppen unter 50
Stunden pro Woche.
Auffällig – und erwartbar – ist, dass die Gesamtarbeitsbelastung der
Geschlechter in diesen frühen Jahren des Familienlebens zwar ähnlich hoch,
aber unterschiedlich zusammengesetzt ist. Ab dem Zeitpunkt der
Familiengründung wird bei Frauen ein großer Teil der Erwerbs- durch die
Care-Arbeit ersetzt. Bei Männern hingegen verursacht weiter vor allem die
Erwerbsarbeit die Gesamtbelastung.
„Dass eine solche Belastung die Menschen generell an ihre Grenzen bringt,
ist völlig klar“, sagte Catrina Schläger von der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Mehr als 80 Prozent der Mütter mit minderjährigen Kindern gaben an, zu
wenig Zeit für sich selbst zu haben. Mehr als 70 Prozent der Väter gaben
zudem an, gern mehr Zeit für die Familie haben zu wollen.
## Reale und ideale Arbeitszeiten klaffen auseinander
Untersucht haben die StudienautorInnen unter anderem anhand von Daten des
Statistischen Bundesamts und des familiendemografischen Panels [2][FreDA]
deshalb zunächst, inwiefern reale und ideale Arbeitszeiten
auseinanderklaffen. Während Väter gern weniger Erwerbsarbeit nachgehen
würden, solange die Kinder jünger als sechs Jahre alt sind, würden die
Mütter ihren Stundenumfang der Lohnarbeit gern steigern. „Väter haben
erkannt, dass die Zeit mit ihren Kindern nur begrenzt nachholbar ist“,
sagte Leonie Kleinschrot vom Bundesinstitut für Bevölkerungsentwicklung,
während die Teilzeit für Frauen „langfristig negative Folgen für ihre
beruflich-ökonomische Entwicklung hat“.
Die AutorInnen schlagen deshalb ein Instrument vor, mit dem Eltern die
Kluft zwischen realer und gewünschter wöchentlicher Erwerbsarbeitszeit
verringern und partnerschaftlicher verteilen können: die Dynamische
Familienarbeitszeit. Mit diesem Konzept beschreiben die AutorInnen eine
neue staatliche Leistung, die anschließend an das Elterngeld für
verschiedene Lebensphasen von Eltern mit kleinen Kindern bis zum Alter von
vier Jahren greifen soll. Man wolle damit sowohl Gleichstellung fördern als
auch die Bindung der Väter zu ihren Kindern erhöhen sowie die
Erwerbstätigkeit von Müttern steigern, so die StudienautorInnen.
Elternpaare, aber auch Alleinerziehende sollen demzufolge einen monatlichen
Pauschalbetrag beantragen können. Der soll ermöglichen, dass die
Elternteile zunächst jeweils zwischen 25 und 32 Stunden wöchentlich einer
Erwerbsarbeit nachgehen, die Mütter also tendenziell auf-, die Väter
tendenziell abstocken.
## Neuer Pauschalbetrag
Ähnlich wie das Elterngeld soll ein Pauschalbetrag von zunächst 360 Euro
pro Paar gezahlt werden, der dadurch entstehende Einkommensverluste
abfängt. Ab dem Alter des Kindes von drei Jahren erhöht sich die
wöchentliche Arbeitszeit der Eltern auf 29 bis 34 Stunden, der ausgezahlte
Pauschalbetrag reduziert sich entsprechend etwas.
Ein Beispiel: Würde eine Mutter ihre Arbeitszeit von 19,5 auf 25 Stunden
wöchentlich erhöhen, sobald das Kind ein Jahr alt ist, der Vater
unterdessen von 39 auf 30 Stunden reduzieren, würde dies einen
Verdienstausfall von 420 Euro bedeuten. Der wäre mit einem Pauschalbetrag
allerdings nahezu kompensiert. Bei einer Nutzung des Modells von rund 20
Prozent aller Eltern rechnen die AutorInnen mit Kosten von rund 1,5
Milliarden Euro.
Diesen Kosten stünden langfristig allerdings Kompensationen durch die
gesteigerte Erwerbstätigkeit von Müttern gegenüber, hieß es. „Wenn die
Väter wie in unseren Berechnungen ihre Arbeitszeit reduzieren würden,
würden dabei zwar Stellen im Umfang von 315.000 Vollzeitäquivalenten
wegfallen“, sagte Studienautor Martin Bujard. Doch würden durch die
gestiegene Erwerbstätigkeit von Müttern rund 656.000 Vollzeitäquivalente
entstehen. Unterm Strich bliebe also ein Plus von 341.000
Vollzeitäquivalenten, so Bujard.
Die Betriebe müssten sich dafür allerdings „viel mehr nach den Familien
richten“, so Bujard: Der Arbeitsmarkt brauche dringend
familienfreundlichere Strukturen.
26 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://www.fes.de/themenportal-wirtschaft-finanzen-oekologie-soziales/artikelseite/eltern-in-der-rushhour-des-lebens-entlasten
(DIR) [2] https://www.freda-panel.de/FReDA/DE/Startseite.html
## AUTOREN
(DIR) Patricia Hecht
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