# taz.de -- Palantir in Baden-Württemberg: Grüne protestieren
       
       > Das grün regierte Bundesland will die Polizeisoftware Palantir einsetzen.
       > Protest, auch aus den eigenen Reihen, kommt ungelegen für Wahlkämpfer
       > Özdemir.
       
 (IMG) Bild: Kretschmann und Özdemir haben doch a wengle Rückgrat gefunden
       
       Die Verträge sind längst geschlossen, doch erst jetzt regt sich in
       Baden-Württemberg vernehmbarer Protest gegen das Trump-nahe US-Unternehmen
       Palantir. Sowohl Teile der Grünen-Basis als auch Teile in der
       Zivilgesellschaft wollen verhindern, dass die baden-württembergische
       Polizei künftig mit Hilfe der Palantir-Software Gotham sensible
       Personendaten im großen Stil zusammenführt und analysiert. Für die Grünen
       ist der Zeitpunkt der Debatte denkbar schlecht.
       
       Der Einsatz der Software komme einer permanenten Rasterfahndung gleich,
       warnt Sebastian Müller. Er ist Grünen-Mitglied und hat zusammen mit dem
       Chaos Computer Club eine Petition gestartet, die mittlerweile 13.000
       Unterschriften zählt. Unterschriften sammeln derzeit auch Mitglieder in
       Grünen Kreisverbänden, um eine parteiinterne Abstimmung zu erzwingen.
       Stimmen von 10 Prozent der Mitglieder sind nötig.
       
       ## Özdemir muss sich robust zeigen
       
       Die Debatte an der Grünen-Basis erreicht die Partei zum denkbar ungünstigen
       Zeitpunkt. Im heraufziehenden Wahlkampf will sich der [1][Kandidat Cem
       Özdemir] bei Sicherheitsthemen robust zeigen, um bürgerliche Kreise von
       sich zu überzeugen, ohne die man in Baden-Württemberg keine Wahlen gewinnt.
       Da macht es sich nicht gut, wenn der Eindruck entsteht, dass die Grünen
       [2][der Polizei moderne Fahndungstechnik] vorenthalten wollen.
       
       Die fragwürdige Software, die unter Noch-Ministerpräsident Winfried
       Kretschmann (Grüne) angeschafft wurde, macht es im großen Stil möglich,
       Daten, die der Polizei bereits vorliegen, zu verknüpfen und so
       beispielsweise Personen leichter zu identifizieren. Für ähnliche Zwecke
       setzen [3][bereits die hessische, bayerische und nordrhein-westfälische
       Landespolizei Anwendungen des US-Konzerns ein]. Nur Schleswig-Holstein
       sucht als einziges Bundesland nach europäischen Alternativen.
       
       Die wohl letzte reale Chance, das Vorhaben in Baden-Württemberg zu stoppen,
       wäre das Polizeigesetz, das der Landtag am Mittwoch beschließen soll, in
       letzter Sekunde abzulehnen. Dass die Grünen jedoch so [4][kurz vor der
       Landtagswahl] eine Koalitionskrise riskieren, indem sie ein
       Lieblingsprojekt der CDU stoppen, ist unwahrscheinlich.
       
       Dazu kommt: Die Software ist längst vom Land angeschafft. Ohne Verluste
       kommt man nicht mehr aus den Verträgen mit der Softwarefirma, die der
       amerikanische Milliardär, Trump-Freund und [5][bekennende
       Demokratieverächter Peter Thiel] gegründet hat. Als die grünen
       Landtagsabgeordneten [6][im Frühsommer erst nachträglich von den Verträgen
       erfahren hatten], konnte der Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz
       den Unmut in Partei und Fraktion nur mit Mühe einfangen und einen
       Koalitionsstreit abwenden.
       
       ## Basis wirft den Regierungsgrünen „Trickserei“ vor
       
       Am vorherigen Donnerstag hatte bereits der Petitionsausschuss des Landtags
       öffentlich über die Polizeisoftware verhandelt. Die
       Landes-Polizeipräsidentin Stefanie Hinz sprach sich dabei vehement für
       deren Einsatz aus. Sie versicherte, dass die Software an vom Netz
       isolierten Computern benutzt werde, sodass ein Datenabfluss unmöglich sei.
       Dies bestätigte Michael Weidner vom Fraunhofer-Institut für sichere
       Informationstechnologie. Hinz betonte auch, dass Mitarbeiter von Palantir
       nicht in direkten Kontakt mit personensensiblen Daten kämen. Alle externen
       Mitarbeiter würden zudem nach allgemeinem Behördenstandard
       sicherheitsüberprüft.
       
       Und: Die Software werde nicht zur Strafverfolgung eingesetzt, sondern zur
       Prävention, so Hinz. Für Petitionsinitiator Müller ist das jedoch alles
       andere als eine Beruhigung. Prävention bedeute, dass prinzipiell „unser
       aller Daten“ im Netz von Palantir landen könnten. Baden-Württembergs
       Landesdatenschutz-Beauftragter Tobias Keber sagte zudem, dass es bisher
       keine Verwaltungsvorschrift für die Anwendung von Palantir gebe. Erst dann
       könne er die „Eingriffsqualität“ beurteilen. An der Grünen-Basis kritisiert
       man das intransparente Verfahren zur Einführung der Software insgesamt und
       wirft den Regierungsgrünen „Trickserei“ vor. Wenn man die Software
       verhindern wolle, müsse man es jetzt tun.
       
       11 Nov 2025
       
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