# taz.de -- Umgang mit kolonialem Erbe in Hannover: „Das genügt nicht“
       
       > Koloniale Vergangenheit, rassistische Gegenwart: Der Hannoveraner Abayomi
       > Oluyombo Bankole ruft zu mehr Widerspruch gegen rassistische Tendenzen
       > auf.
       
 (IMG) Bild: Karl-Peters-Denkmal mit der im Jahr 1988 nachträglich am Denkmal angebrachten Mahntafel gegen den Kolonialismus
       
       taz: Herr Abayomi Bankole, welche Orte in Hannover erinnern Sie besonders
       an die kolonialistische Vergangenheit Deutschlands? 
       
       Abayomi Oluyombo Bankole: Da gibt es etwa das Grabmal von Carl Peters auf
       dem Stadtfriedhof Engesohde, mit dem ein Mörder immer noch als Held geehrt
       wird. [1][Carl Peters hat Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts
       eigenmächtig die Kolonie Deutschostafrika gegründet und viele Afrikaner
       umgebracht.] Ein weiteres Denkmal von ihm steht auf dem ehemaligen
       Carl-Peters-Platz, der kurz vor der Expo in Bertha-von-Suttner-Platz
       umbenannt wurde. Mittlerweile hat man neben dem Denkmal auch eine kleine
       Tafel aufgestellt, um auf seine Verbrechen hinzuweisen. Aber das genügt
       nicht.
       
       taz: Sie selber leben seit über 50 Jahren in Deutschland. Wie wurden Sie
       damals von den Deutschen behandelt? 
       
       Bankole: Ich bin 1972 von Nigeria nach Deutschlandgekommen und am Anfang
       waren meine Erfahrungen mit denDeutschen sehr positiv. Ich bin hier mit
       offenen Armenaufgenommen worden. Aber dann habe auch ich Erfahrungen mit
       Rassismus gemacht. Damals gab es noch nicht so viele Afrikaner und
       Afrikanerinnen in Hannover. [2][Ich war der erste afrikanische Taxifahrer
       in Hannover.] Und da gab es Kollegen, die mir damals Bananen gezeigt und
       gesagt haben, ich solle zurück in den Urwald gehen. Aber ich habe mich
       wehren können, weil ich schon einigermaßen die deutsche Sprache sprechen
       und verstehen konnte. Ich habe mich bei der Taxizentrale beschwert und
       diese Leute wurden dann zu Geldstrafen verurteilt.
       
       taz: Gibt es ein Beispiel für alltäglichen Rassismus, das Sie besonders
       empört hat? 
       
       Bankole: Ein Landsmann wollte mich mit dem Fahrradbesuchen und er wurde von
       Polizisten angehalten, die ihn nacheinem Beleg dafür gefragt haben, dass
       ihm dieses Fahrrad gehört. Er musste dann zu sich nach Hause zurückfahren,
       um das Schriftstück zu holen, und sie sind dabei hinter ihm hergefahren, um
       ihn zu kontrollieren. So etwas erleben hier viele Afrikaner. Aber sie
       schweigen darüber, weil sie nicht wissen, wie sie sich wehren können.
       
       taz: Sie haben sich [3][in zahlreichen Initiativen] dafür engagiert, dass
       sich diese Verhältnisse ändern. Wie ist es Ihnen etwa gelungen, dass
       Polizisten mit Afrikanern Fußball spielen? 
       
       Bankole: Wie viele Afrikaner habe auch ich negativeErfahrung mit der
       Polizei gemacht. Darum habe ich mir gedacht, wenn die Afrikaner und die
       Ordnungskräfte mal miteinander Fußball spielen, kommen sie so in Berührung
       miteinander. Das fanden die im Rathaus gut und wir haben dann auch mit dem
       Polizeipräsidenten gesprochen. Der war zuerst skeptisch, ob die Polizisten
       das annehmen würden. Aber beim ersten Spiel haben sie sich die Hand gegeben
       und gegenseitig wieder hochgezogen, wenn sie hingefallen waren. Nach dem
       Spiel haben sie dann zusammen gegessen und getanzt. Das hatten wir so noch
       nicht erlebt.
       
       taz: Und wie kam es dazu, dass Sie die Menschen auch zu Weihnachten
       einander näher brachten? 
       
       Bankole: Bei einer Bibellesung hat mir eine alte Frau ganz traurig erzählt,
       sie hätte versucht, zwei muslimische Kinder bei einem Streit auseinander zu
       halten. Aber die hätten ihr dann gesagt, sie solle sie nicht anfassen, weil
       sie eine Christin und darum unrein sei. Ich habe mir dann gedacht, wenn
       Menschen mit unterschiedlichen Religionen miteinander feiern, lernen sie
       sich dabei besser kennen und akzeptieren einander. Und dieses
       interkulturelle Weihnachtsfest wurde dann so gut angenommen, dass es jetzt
       in jedem Jahr gefeiert wird.
       
       taz: Fühlen Sie als Afrikaner in Deutschland durch Rassismus bedroht? 
       
       Bankole: Früher nicht! Ich fühle mich hier in Deutschland pudelwohl. Ich
       bin seit 33 Jahren nicht mehr in Nigeria gewesen. Aber die Parolen, die
       heute immer mehr herausposaunt werden, sind besorgniserregend. Seit diesen
       neuen Entwicklungen habe ich das Gefühl, dass ich jederzeit wieder abreisen
       können sollte.
       
       3 Nov 2025
       
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