# taz.de -- Tagebuch aus Georgien: Einmal Tiflis, nicht zurück, auch nicht woanders hin
       
       > Unsere Autorin lebt im georgischen Batumi. Zurück nach Belarus kann sie
       > nicht. Und aus ihrem Exilland mag sie nicht wegfahren. Denn sie lebt
       > illegal.
       
 (IMG) Bild: Wo sie herkommen: Demonstration im belarussischen Minsk 2020
       
       Erinnern Sie sich an die US-amerikanische Tragikomödie [1][„The Terminal“]?
       Der Hauptdarsteller Tom Hanks verlässt das fiktive Land Krakozia mit dem
       Flugzeug und sitzt lange Zeit am Flughafen fest, weil während seines Fluges
       in seinem Land ein Putsch stattgefunden hat und sein Pass ungültig geworden
       ist.
       
       Dieser Film spiegelt die [2][Realität] vieler Belaruss:innen wider, die
       heute ohne Dokumente im [3][Zwangsexil in Georgien] leben.
       
       So wie die Aktivistin Mascha. Sie wollte ihre belarussische
       Staatsbürgerschaft aufgeben und hat ihren Ausweis angezündet. Heute sagt
       sie: „Ich war jung und dumm!“ Außerdem wurde sie zu einer Geldstrafe von
       1.000 Euro verurteilt, da sie die Gültigkeitsdauer ihres
       Aufenthaltsdokuments in [4][Georgien] überschritten hatte. Um einen neuen
       Einreisestempel zu erhalten, musste sie alle 365 Tage aus Georgien
       ausreisen.
       
       Mascha reist jedoch seit zwei Jahren nicht mehr, da sie Angst hat, nicht
       mehr den Flughafen verlassen zu können. Zu allem Übel wurde bei der jungen
       Frau auch noch Krebs diagnostiziert. Eine Rückkehr nach Belarus ist
       unmöglich, denn dort würde sie ins Gefängnis kommen – gegen sie wurde ein
       Strafverfahren eingeleitet, da sie 2020 in Minsk gegen die Regierung
       demonstriert hat.
       
       ## In Georgien wird meistens Schutz verweigert
       
       In Georgien hat sie Schutz gesucht. Doch hier wird ihr internationaler
       Schutz verweigert. Dem Menschenrechtsaktivisten [5][Roman Kisljak] wurde in
       einer ähnlichen Situation eine Ausweisungsentscheidung aus Georgien
       ausgehändigt, doch er wurde durch das schnelle Eingreifen der Uno gerettet
       und steht jetzt unter Schutz. Aber das ist eine Ausnahme.
       
       Seit 2023 hat Staatspräsident [6][Alexander Lukaschenko] den belarussischen
       Botschaften verboten, Pässe auszustellen und zu verlängern. Für diejenigen,
       die vor Repressionen geflohen sind, ist das eine Falle. Ich selbst hatte
       übrigens Glück: Ich habe es geschafft, meinen Pass ein Jahr vor dieser
       Anordnung, 2022 in Tbilisi, um zehn Jahre zu verlängern.
       
       Derzeit ist die Ausreise aus Georgien ein Glücksspiel. Es kann passieren,
       dass man zwar rauskommt, aber nicht zurückdarf. Der belarussische
       Journalist [7][Andrej Meleshko] von „Radio Ratsia“ wurde gemeinsam mit
       seiner Tochter im Herbst 2024 vom Flughafen in georgischen Kutaisi zurück
       nach Warschau geschickt.
       
       Die mit der Partei „Georgischer Traum“ verbundenen Behörden Georgiens
       verschließen zunehmend ihre Türen vor Belaruss:innen, die vor der Diktatur
       geflohen sind. Um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, ist nun ein
       Nachweis erforderlich, dass man nicht vorbestraft ist. Aber der kann
       ebenfalls nur in Belarus ausgestellt werden. Eine neue Sackgasse.
       
       Mascha lebt wegen ihrer Krebserkrankung zwischen Krankenhäusern, aber
       voller Hoffnung. Allerdings hat sie weder Geld für die Behandlung noch
       Dokumente. In Georgien leben noch etwa 12.000 Belaruss:innen, aber diese
       Zahl sinkt von Monat zu Monat. Die Menschen suchen weiterhin nach einem
       sicheren Zuhause. Doch vorerst ähnelt das Leben einiger von ihnen der
       Handlung des Films „Terminal“.
       
       [8][Olga Deksnis] ist freie Journalistin aus Minsk und lebt im Exil in
       Georgien. Sie ist Alumna des [9][Osteuropa-Workshops] für
       Journalist:innen der taz Panter Stiftung.
       
       Aus dem Russischen von [10][Tigran Petrosyan]. 
       
       Durch [11][Spenden an die taz Panter Stiftung] werden unabhängige und
       kritische Journalist:innen vor Ort und im Exil im Rahmen des Projekts
       „Tagebuch Krieg und Frieden“ finanziell unterstützt.
       
       31 Oct 2025
       
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