# taz.de -- DFB-Auswahl vor der WM-Qualifikation: Fühlst du es?
       
       > Vor den entscheidenden Qualispielen läuft eine Stolzdebatte. Spieler mit
       > Migrationsgeschichte in der Familie stehen unter besonderer Beobachtung.
       
 (IMG) Bild: Unter besonderer Beobachtung: Jonathan Tah beim Training mit der deutschen Nationalmannschaft
       
       Der deutsche Fußball ist wieder wer. Der des [1][FC Bayern München], nicht
       der des DFB-Teams. Über die spektakulär dominante erste Halbzeit des
       deutschen Meisters im Champions-League-Spiel bei Titelverteidiger Paris
       Saint-Germain hat die ganze Welt geschwärmt. Während eines Spiels der
       Nationalmannschaft ist dagegen schon lange nicht mehr mit der Zunge
       geschnalzt worden.
       
       Nach der 0:2-Niederlage gegen die Slowakei im Sommer war [2][das Entsetzen
       über den teigigen Auftritt der besten deutschen Kicker] so groß, dass
       mancher gar die Qualifikation für die WM im kommenden Jahr gefährdet sah.
       Nun stehen die letzten beiden Qualifikationsspiele zum Turnier in Mexiko,
       den USA und Kanada an. Am kommenden Montag läuft in Leipzig das
       Gruppenfinale gegen die Slowakei. [3][Am Freitag schon spielt die
       DFB-Auswahl in Luxemburg]. Gewinnt sie die Spiele, steht die Qualifikation
       fest.
       
       Luxemburg also. Die fünf Spieler des FC Bayern, die Bundestrainer Julian
       Nagelsmann für die beiden Spiele nominiert hat, müssen nur gut eine Woche,
       nachdem sie in Paris für einen fußballerischen Höhepunkt gesorgt haben, ins
       Fußballzwergenland. Ob es denn möglich sei, sich auch gegen Luxemburg zu
       solch einer Leistung zu motivieren, wurde Bayern-Verteidiger Jonathan Tah
       bei der Team-PK am Mittwoch in der Nationalmannschaftssponsorenstadt
       Wolfsburg gefragt. Doch, doch, das sei gar kein Problem, meinte Tah, „weil
       es, glaube ich, die Pflicht ist, für Deutschland, für seine Nation, dieses
       Niveau abzurufen“.
       
       Diese doch recht fette Antwort auf eine eigentlich schlanke Frage reiht
       sich ein in eine merkwürdige Stolzdebatte, die während der Tage der
       Vorbereitung auf die finalen WM-Qualispiele geführt wurde. Den Auslöser
       dafür lieferte Nagelsmann höchstselbst, als er an die Entscheidung des
       Leverkusener Mittelfeldspielers Ibrahim Maza erinnerte, lieber für Algerien
       als für Deutschland Länderspielfußball zu betreiben. Er hätte ihn wohl
       gerne im Team.
       
       Doch der heute 19 Jahre junge Mann, der in Leverkusen innerhalb kürzester
       Zeit zu einem Hingucker im offensiven Mittelfeld geworden ist, hat vor gut
       einem Jahr bei der Qualifikation für den Afrika-Cup für das Herkunftsland
       seines Vaters gespielt. Ihn selbst darf man getrost als Berliner
       bezeichnen. Er ist in der Hauptstadt geboren und ist bei Hertha BSC zur
       Bundesligareife geformt worden. Ein paar Spiele für Nachwuchsteams des DFB
       hat er obendrein absolviert und sich doch für Algerien entschieden, weil er
       im gut besetzten deutschen Mittelfeld so schnell keinen Platz mehr für sich
       gesehen hat.
       
       ## Nationalstolz gefordert
       
       So etwas dürfe nicht sein, meinte Nagelsmann, der den von ihm erstmals
       berufenen Jungspunden Saïd El Mala (1. FC Köln) und Forzan Assan Ouédraogo
       (RB Leipzig) mit seinen Einlassungen gleich ins Gewissen geredet hat. „Die
       Nationalmannschaft hat nichts damit zu tun, ob ich da oder da eher spielen
       kann. Es geht darum, ob ich stolz bin, für das Land zu spielen. Ich muss
       das fühlen“, hatte er am Montag gesagt.
       
       Und seitdem stehen wieder mal alle, die aufgrund der Herkunft ihrer Eltern
       die Möglichkeit hätten, auch für einen anderen Verband als den deutschen zu
       spielen, unter besonderer Beobachtung. Die Frage, ob sie deutsch genug
       fühlen, müssen sich die rein kartoffeldeutschen Auswahlspieler jedenfalls
       nicht gefallen lassen.
       
       Jonathan Tah musste gleich zu Beginn der Presserunde am Montag sein
       Deutschtum unter Beweis stellen. Ob er bei seiner Entscheidung gegen die
       Elfenbeinküste sein Herz habe entscheiden lassen, wurde er gefragt. Ja, es
       sei eine Herzensentscheidung gewesen, sagte Tah, und man kann ihm nur
       wünschen, dass er derartige Fragen nicht mehr allzu oft beantworten muss.
       
       Im DFB denkt man derweil darüber nach, wie man konkurrierende
       Nationalverbände zur Kasse bitten könnte, wenn sie Spieler aufbieten, die
       zuvor für deutsche Jugendauswahlteams gespielt haben. „Wir prüfen derzeit,
       ob es die Chance auf Ausbildungsentschädigungen beim
       Nationalverbandswechsel gibt“, meinte jüngst DFB-Geschäftsführer Andreas
       Rettig dazu, der kein Verständnis hat für einen Verbandswechsel „zum
       Nulltarif“.
       
       14 Nov 2025
       
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