# taz.de -- Nach der Wahl in den Niederlanden: Der Mann für die Mehrheiten
> Wouter Koolmees sondiert für den progressiv-liberalen Wahlgewinner Rob
> Jetten die Koalitionsoptionen. Er begibt sich auf unübersichtliches
> Terrain.
(IMG) Bild: Gilt als optimistischer Zeitgenosse: Wouter Koolmees bereitet die Regierungsbildung in den Niederlanden vor
Dass Rob Jetten von der progressiv-liberalen Partei D66 der künftige
Premier der [1][Niederlande] wird, gilt als ausgemacht. Doch der Weg von
einem überaus komplexen Wahlergebnis zu einem möglichst stabilen und
breiten Regierungsbündnis, das ihm vorschwebt, führt über einen
Parteikollegen: Wouter Koolmees. Der 48-Jährige wurde am Dienstag nach
einem Treffen der Fraktionsvorsitzenden als „verkenner“ ernannt. Dieser
„Sondierer“ erfüllt bei der Regierungsbildung eine Schlüsselfunktion: Er
ist eine Art Kundschafter, [2][der auf unübersichtlichem Terrain mögliche
Koalitions-Formeln auslotet].
Koolmees' Ernennung wird von allen 15 Parlamentsfraktionen unterstützt. Mit
deren Spitzen wird er sich in den nächsten Tagen intensiv austauschen, bis
er am 11. November seine Ergebnisse präsentieren wird. Koolmees, ein
studierter Ökonom und ehemaliger Beamter im Finanzministerium, ist seit
2022 Direktor der Bahngesellschaft Nederlandse Spoorwegen (NS). 2010 wurde
er erstmals ins Parlament gewählt, wo er als Vize-Vorsitzender und
finanzpolitischer Sprecher der D66-Fraktion in Erscheinung trat.
2017 wurde Koolmees im dritten Kabinett Mark Ruttes Minister für Arbeit und
Soziales. In dieser Periode vertrat er eine Parteikollegin zudem ein halbes
Jahr lang als Vizepremier. Martin Bosma, der Parlamentsvorsitzende der
rechtspopulistischen PVV rühmte Koolmees´ „enorme“ erfolgreiche Karriere.
Neben dem nötigen Prestige bringt dieser weitere Qualitäten mit, die
womöglich noch wichtiger sind: „Er ist im Stande, links und rechts zu
verbinden“, charakterisiert ihn Jette, der genau diesen Balanceakt auch für
sein „Kabinett der Mitte“ anstrebt.
Koolmees gilt als durchweg fröhlicher Zeitgenosse. „Wer ihn wütend macht,
hat es wirklich sehr darauf angelegt“, beschrieb die Tageszeitung
Volkskrant ihn einst. Auf dem Gebiet der Regierungsbildung hat er reichlich
Erfahrung gesammelt: 2021 leitete er mit einem Vertreter der
liberal-rechten VVD erfolgreich die Verhandlungen zum letzten Kabinett
Ruttes. Die Koalitionsgespräche 2017 erlebte er wiederum aus der
Perspektive einer beteiligten Partei: Koolmees war die rechte Hand des
damaligen D66-Chefs Alexander Pechtold.
Womöglich aber war die Vermittler-Rolle, die er 2022 auf kommunaler Ebene
in seinem Wohnort Rotterdam hatte, Koolmees´ Meisterstück: Damals gelang es
ihm, eine Koalition zwischen den liberalen Parteien D66 und VVD sowie der
rechtspopulistischen Leefbaar Rotterdam und der vor allem von
Migrant*innen gewählten Partei DENK zu schmieden, was zuvor als nahezu
unmöglich galt. Ein Jahr zuvor verhalf er einer Rentenreform zur nötigen
Zustimmung der Sozialpartner. Koolmees´ Motto: „Ich probiere immer zu
schauen, wo die Überschneidung mit anderen ist, und ob man zusammenarbeiten
kann.“
Damit ist er für seine neue Aufgabe äußerst prädestiniert, denn die
[3][progressive Zentrumspartei D66] erhielt ihren Stimmenzuwachs aus allen
Ecken des Parteienspektrums. Der angehende Premier Jetten rief zudem noch
in der Wahlnacht Politiker*innen und Wähler*innen anderer Parteien
zur Zusammenarbeit auf. Was Koolmees nun konkret eruieren muss, ist, ob die
rechnerisch mögliche, breite Mehrheit aus D66, dem christdemokratischen
CDA, VVD sowie dem rot-grünen Linksbündnis entgegen der Signale vor den
Wahlen inhaltlich doch noch möglich ist. Andere Optionen wiederum werden
ein arithmetisch komplexes Puzzle. Vor Koolmees liegt damit eine arbeitsame
Woche.
6 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Tobias Müller
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