# taz.de -- Pelicot-Prozess nach Berufung: Zehn Jahre für Hussamettin D.
       
       > Der Pelicot-Prozess ging in eine neue Runde, als einer der Täter Berufung
       > einlegte. Nun wurde er in Nîmes zu zehn Jahren Haft verurteilt.
       
 (IMG) Bild: Der Prozess ist für Gisèle Pelicot mit diesem Urteil hoffentlich beendet, Nîmes, 9. Oktober 2025
       
       Er habe keine Verantwortung für sein Handeln übernommen. So lautete die
       Begründung der Staatsanwaltschaft dafür, dass sie erneut zwölf Jahre Haft
       für Hussamettin D. forderte – obwohl in erster Instanz nur neun Jahre
       verhängt worden waren. Zehn Jahre, also ein Jahr mehr, bekommt der
       Vergewaltiger von Gisèle Pelicot in zweiter Instanz, entschied ein
       Berufungsgericht am Donnerstag, dem 9. Oktober.
       
       Nach der ersten Urteilsverkündung im Dezember vergangenen Jahres hatte
       Hussamettin D. als einziger von 51 Angeklagten Berufung eingelegt. Die
       Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich zwölf Jahre Haft für den 44-Jährigen
       gefordert, zu neun Jahren Haft war er in erster Instanz schließlich
       verurteilt worden.
       
       Alle 51 Männer, darunter auch Gisèles Ex-Mann, Dominique Pelicot, wurden
       2024 in Avignon schuldig gesprochen, die meisten wegen Vergewaltigung. 20
       Jahre Höchststrafe bekam der Haupttäter, Dominique, der seine Frau von 2011
       bis 2020 immer wieder mit Schmerzmitteln betäubte, zur Vergewaltigung anbot
       und die hundertfachen Vergewaltigungen durch die mindestens 50 anderen
       Mittäter orchestrierte und filmte.
       
       Einer dieser Männer ist Hussamettin D., verheiratet, mit Kind. Er bestand
       darauf, Gisèle Pelicot nie vergewaltigt zu haben. Ihm sei nicht klar
       gewesen, dass sie von ihrem Ex-Mann betäubt worden war. Vielmehr sei er der
       Überzeugung gewesen, lediglich an einer Fantasie des Paares teilgenommen zu
       haben.
       
       ## Beweis für Vergewaltigungskultur
       
       Dominique Pelicot hatte D. zuvor auf der Chatplattform coco.fr –
       mittlerweile ist die Seite offline, weil sie zu viele Kriminalfälle
       ermöglichte – [1][in einem eigenen Forum, das „Ohne ihr Wissen“ hieß,
       ausfindig gemacht, ihn zu sich nach Mazan eingeladen, um Pelicot gemeinsam
       zu vergewaltigen].
       
       D. gab an, das Haus nach 30 Minuten verlassen zu haben, weil er merkte,
       dass etwas mit Gisèle Pelicot nicht stimmte. Die im Prozess zentralen
       Videoaufnahmen bewiesen allerdings, dass er sich über mehrere Stunden im
       Haus der Pelicots aufhielt und die betäubte Frau mehrfach vergewaltigte –
       ihr Schnarchen sei in den Videos klar zu hören, so der Staatsanwalt.
       Dominique Pelicot sagte zudem erneut aus, dass er Hussamettin D. darüber
       aufgeklärt habe, dass Gisèle Pelicot betäubt sei.
       
       Die Jury hat Hussamettin D. nun erneut für schuldig befunden und zu zehn
       Jahren Haft verurteilt. Dass er überhaupt Berufung eingelegt hatte, sei für
       den Staatsanwalt ein Beweis dafür gewesene, wie tief Vergewaltigungskultur
       in Männern wie D. verankert sei. Hussamettin D. erhält jetzt ein Jahr mehr
       als vor der Berufung, was im Einklang mit der Einschätzung des
       Staatsanwalts steht.
       
       ## Kein Kontakt mehr zur Tochter
       
       Im Februar sollen Gisèle Pelicots [2][Memoiren mit dem Titel „Eine Hyme auf
       das Leben“] erscheinen. Der Prozess im vergangenen Jahr hat weltweit für
       Aufsehen gesorgt und die heute 72-Jährige zu einem Vorbild der
       feministischen Bewegung gemacht.
       
       Es war ihre Entscheidung, den Prozess nicht unter Ausschluss der
       Öffentlichkeit stattfinden zu lassen. Ihre 2024 ausgesprochene Forderung,
       dass die Scham die Seite wechseln müsse, wiederholte sie im Gerichtssaal
       und nannte Hussamettin D. als Beweis dafür, dass das noch nicht
       eingetroffen sei.
       
       [3][Caroline Darian, die Tocher von Gisèle und Dominique, gilt als
       Vergessene im gesamten Prozess]. Auch von ihr wurden Nacktbilder auf dem
       Rechner des Vaters gefunden, auf denen sie vermutlich betäubt ist. Als
       Darian öffentlich machte, dass sie glaubt, ebenfalls Opfer ihres Vaters zu
       sein, habe ihre Mutter ihr nicht geglaubt und gesagt, dass der Vater „zu so
       etwas nicht in der Lage sei“. In [4][einem Interview mit The Telegraph]
       sagte Darian, dass sie ihrer Mutter das nicht verzeihen könne. Heute haben
       sie keinen Kontakt mehr.
       
       Auch in der Familie hat der Prozess also Narben hinterlassen. Für Gisèle
       Pelicot bleibt zu hoffen, dass sie diesmal zum letzten Mal vor Gericht
       erscheinen muss, um über die von ihrem Ex-Mann organisierten
       Vergewaltigungen auszusagen.
       
       9 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Vergewaltigungsprozess-in-Frankreich/!6032713
 (DIR) [2] https://www.piper.de/gisele-pelicot-memoiren
 (DIR) [3] /Buch-von-Dominique-Pelicots-Tochter/!6058915
 (DIR) [4] https://www.telegraph.co.uk/news/2025/08/23/gisele-pelicot-daughter-caroline-darian-interview-trial/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Valérie Catil
       
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