# taz.de -- Internationaler Strafgerichtshof: Sudans Milizenführer Ali Kushayb schuldig gesprochen
       
       > Einst befehligte Ali Kushayb Janjaweed-Milizen, die in Darfur grausame
       > Verbrechen begingen. Jetzt verurteilt ihn der Internationale
       > Strafgerichtshof.
       
 (IMG) Bild: Ali Kushayb während der Urteilsverkündung in Den Haag, 6. Oktober
       
       Berlin taz | Als [1][Ali Abd-Al-Rahman, genannt Ali Kushayb], am 9. Juni
       2020 in Den Haag eintraf, war der Jubel in Darfur groß. Vertriebene und
       Rebellen feierten den Beginn der Aufarbeitung eines der brutalsten Kriege
       der Welt.
       
       Sudans Übergangsregierung hatte einige Monate zuvor die Auslieferung des
       2019 gestürzten, vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen
       Völkermordes gesuchten ehemaligen Militärherrschers Omar Hassan al-Bashir
       beschlossen. Kriegsverbrecher mussten zittern.
       
       Milizenkommandeur Kushayb floh in die Zentralafrikanische Republik. Dort
       stellte er sich einer bewaffneten Gruppe, die ihn an die Weltjustiz
       übergab.
       
       Fünf Jahre später bleibt Ali Kushayb der einzige Darfur-Häftling des IStGH.
       Am Montag erklärte die Erste Kammer den Sudanesen in 27 von 31
       Anklagepunkten wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit schuldig; [2][das Urteil] erging einstimmig. Das Strafmaß
       wird zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben. Berufung ist möglich.
       
       ## Vom Apotheker zum Schlächter
       
       Geboren 1949 in Darfur, war Kushayb als Jugendlicher ein medizinischer
       Helfer in Sudans Armee. In den 1990er Jahren unterhielt er im Westen
       Darfurs eine Apotheke, bis 2002 die paramilitärische Miliz „Janjaweed“
       entstand, um gemeinsam mit Sudans Armee gegen Rebellen und deren
       Volksgruppen zu kämpfen. 
       
       Kushayb war ein lokaler Janjaweed-Kommandeur, der gemeinsam mit
       Innenstaatssekretär Muhammad Harun auftrat und [3][blutige Überfälle auf
       Dörfer anführte]. Im Prozess wurde ausgeführt, wie männliche Zivilisten der
       Fur-Ethnie an Straßensperren und bei Razzien festgenommen und getötet
       wurden.
       
       Auf einer Versammlung in Mukjar am 2. März 2004 wurde die Massentötung der
       dort in Polizeiverliesen zusammengepferchten Häftlinge beschlossen. Kushayb
       selbst erschlug mehrere mit der Axt. 52 weitere wurden weggefahren,
       abgeladen, aufgereiht und erschossen. Um sicherzustellen, dass sie tot
       waren, stapften die Milizionäre auf ihnen herum.
       
       Ab dem 4. März 2004 wiederholte sich dies im Ort Deleig. Fur-Männer wurden
       verhaftet, als Esel beschimpft, verprügelt und in ein abgezäuntes Gelände
       gebracht. Am nächsten Morgen mussten sie sich dort mit dem Gesicht nach
       unten auf den Boden legen. Kushayb und seine Milizionäre traten auf die
       Häftlinge ein.
       
       Am späten Nachmittag wurden sie auf Geländewagen geworfen, die wegfuhren,
       leer zurückkamen und die nächste Ladung mitnahmen. 70 bis 80 Häftlinge
       wurden am nächsten Tag im Beisein Kushaybs in den Busch gefahren, mussten
       sich hinlegen und wurden erschossen.
       
       ## Der Angeklagte bestritt seine Identität
       
       Gegen Harun und Kushayb erließ der Internationale Strafgerichtshof 2007
       [4][Haftbefehl]; 2018 wurde er [5][erweitert]. Als Kushayb sich allein
       stellte, wurde sein Verfahren abgetrennt, sein Prozess begann im April
       2022. Vergeblich behauptete die Verteidigung, der Angeklagte sei überhaupt
       nicht Ali Kushayb – er hatte sich schließlich selbst gestellt.
       
       „Der Angeklagte spielte eine aktive Rolle im Begehen der Verbrechen“,
       führte das Gericht aus und zitierte die bei seinen Auftritten gebrauchte
       Formel „Auslöschen und wegfegen“ ebenso wie seine Anweisung an seine
       Milizionäre „Lasst niemanden zurück, bringt niemanden lebend her“.
       
       Aber anders als gegen Sudans Expräsident Bashir gehört „Völkermord“ nicht
       zu den Vorwürfen gegen Kushayb.
       
       Heute herrscht in Darfur wieder Krieg, die Janjaweed begehen als „Rapid
       Support Forces“ (RSF) erneut Verbrechen. Und der Kushayb-Prozess markiert
       nicht den Beginn der Aufarbeitung, sondern vorläufig auch das Ende.
       
       6 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.icc-cpi.int/sites/default/files/2025-09/abd-al-rahmaneng.pdf
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=nWiBo1befw8
 (DIR) [3] /Kein-Schwarzer-soll-ueberleben/!310277/
 (DIR) [4] https://www.icc-cpi.int/sites/default/files/CourtRecords/CR2007_02908.PDF
 (DIR) [5] https://www.icc-cpi.int/sites/default/files/CourtRecords/CR2020_02363.PDF
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
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