# taz.de -- Deutsches Asylsystem: Schutzquote für Afghanen noch niedriger als gedacht
> Die Lage in Afghanistan ist unverändert desaströs. Trotzdem bekommen
> afghanische Männer fast nur noch Asyl, wenn ihre Ehefrauen schon einen
> Schutzstatus haben.
(IMG) Bild: Seit dem Sommer 2021 herrschen in Afghanistan wieder die islamistischen Taliban
Berlin taz | Nur noch ein Bruchteil der afghanischen Männer, die Asyl
beantragen, bekommen in Deutschland noch Schutz. Tatsächlich sind es noch
weniger, als bislang bekannt, wie die Antwort der Bundesregierung auf eine
Anfrage der Linkenabgeordneten Clara Bünger zeigt. Demnach lag die
bereinigte Schutzquote im Juni, Juli und August bei nur noch rund 20
Prozent. Anfang 2024 hatte sie noch bei etwa 95 Prozent gelegen. Bünger
sagte der taz dazu: „Je schlimmer die politische und humanitäre Lage in
Afghanistan, umso weniger Schutzstatus erteilt das Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge – das kann nicht sein!“
Aus den neuen Zahlen sind erstmals die Fälle herausgerechnet, in denen
afghanische Männer nur deshalb Schutz bekamen, weil ihre Frauen einen
Schutzstatus haben. Diese Regelung soll für einheitlichen Schutzstatus in
Familien sorgen, solche Fälle in der Statistik zu berücksichtigen, verzerrt
aber das Bild, wenn es um inhaltliche Entscheidungen der deutschen Behörden
geht.
Unbereinigt erhielten im Juni zum Beispiel noch [1][rund 50 Prozent der
afghanischen Männer Schutz]. Die Zahlen der Bundesregierung zeigen aber
jetzt, dass dies in über der Hälfte der Fälle nur geschah, weil die
Ehefrauen Schutz bekommen hatten. Ohne diese Fälle lag die Schutzquote nur
noch bei rund 20 Prozent.
Die rapide fallende Schutzquote für afghanische Männer ist fragwürdig, weil
sich an der Lage in Afghanistan während der letzten Jahre kaum etwas
geändert hat. Seit dem Sommer 2021 herrschen dort wieder [2][die
islamistischen Taliban], die brutal gegen ihre politischen Gegner und
Minderheiten vorgehen. In den Gefängnissen wird gefoltert, Straftätern
droht die Todesstrafe.
Besonders dramatisch ist die Lage von Frauen, die weitgehend vom
gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind. Mädchen dürfen nur noch bis
zur sechsten Klasse in die Schule gehen, wer keinen Hijab trägt, wird
festgenommen. Der Europäische Gerichtshof hatte deshalb 2024 geurteilt,
dass afghanische Frauen pauschal als verfolgt gelten. Um einen Schutzstatus
zu bekommen, reicht es also bereits, das weibliche Geschlecht und die
afghanische Staatsbürgerschaft zu haben. Die Schutzquote für afghanische
Frauen und Mädchen in Deutschland liegt entsprechend bei fast 100 Prozent.
## Bünger kritisiert „Irrsinn“
Die Lage für afghanische Männer mag besser sein, doch gut ist sie nicht.
Das Land steckt in einer schweren Wirtschaftskrise, rund die Hälfte der
afghanischen Bevölkerung ist auf humanitäre Hilfe angewiesen. Dazu kommen
politische Repressionen und immer wieder Terroranschläge.
Linken-Abgeordnete Bünger nennt die fallende Schutzquote in Deutschland
deshalb „Irrsinn“. Sie sagt: „Hier schlägt offenbar die restriktive und
geradezu asylfeindliche politische Stimmung durch.“ Sie verweist auch
darauf, dass überdurchschnittliche viele der Entscheidungen zu afghanischen
Männern später wieder von Gerichten aufgehoben werden: „Eine sorgsamere
Entscheidungspraxis des BAMF würde damit nicht nur den Betroffenen, sondern
auch den ohnehin überlasteten Verwaltungsgerichten zugutekommen.“
Die schwarz-rote Bundesregierung plant, künftig auch wieder in größerem
Umfang nach Afghanistan abzuschieben. Bislang gab es seit dem Fall Kabuls
an die Taliban zwei deutsche Abschiebeflüge, den letzten [3][im Juli dieses
Jahres]. Im Gegenzug ließ die Bundesregierung zwei diplomatische Vertreter
der Taliban einreisen. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU)
kündigte außerdem an, die Kontakte zu den Islamisten intensivieren zu
wollen, um Abschiebungen künftig effektiver organisieren zu können.
3 Oct 2025
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## AUTOREN
(DIR) Frederik Eikmanns
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