# taz.de -- Aktivistin über Agrarindustrie: „Irgendwann wird sich das System selbst zerstören“
> Die Aktionstage gegen das Agrarsystem touren von Bremen zum
> Futtermittel-Hafen in Brake. Gefordert wird eine pflanzenbasierte
> Landwirtschaft.
(IMG) Bild: Küken im Maststall sollen vor allem schnell und billig an Gewicht zulegen. Dafür ist Import-Soja das Futtermittel der Wahl
taz: Frau Schreiner, warum ist Bremen ein passender Ort, um ein Zeichen für
eine gerechte Landwirtschaft zu setzten?
Katja Schreiner: Weil es ein Ort der Zerstörung ist. Zwischen Bremen und
Oldenburg, und überhaupt ganz Niedersachsen, gibt es enorm viel
Massentierhaltung. [1][In Brake ist der größte Importhafen für
Futtermittel.] Das bringt viele Leidtragende und ökologische Schäden mit
sich.
taz: Was genau meinen Sie?
Schreiner: Einerseits, dass für die Futtermittel, vor allem für Soja,
Regenwald zerstört wird. Zudem geht der Sojaanbau mit der Verwendung vieler
Chemikalien einher. Und die Menschen arbeiten unter ganz schrecklichen
Bedingungen. Auch ganz allgemein ist es so, dass Fleischproduktion einfach
viel, viel mehr Energie und Ressourcen kosten, als die Herstellung
pflanzlicher Produkte. Unter anderem durch die enormen Transportwege der
Futtermittel.
taz: Aber die hiesige Landwirtschaft braucht doch die Importe oder?
Schreiner: [2][Die Industrie und Massentierhaltung vielleicht.] Aber wir
brauchen kein Fleisch, vor allem nicht in diesen Massen. Wir brauchen auch
keine Landwirtschaft, die so viel auf Futtermittelimporte setzt, sondern
eine vielfältige Landwirtschaft, die größtenteils pflanzenbasiert ist und
aus lokalen Kreisläufen besteht.
taz: Also am besten keine Importe mehr, um die Tierindustrie nicht zu
unterstützen?
Schreiner: Genau. Wenn wir auch nur ansatzweise die Klimaziele einhalten
wollen, müssen wir sowieso die Massentierhaltung und die Fleischproduktion
zurückfahren. Den Regenwald weiter zu zerstören, ist einfach komplett die
falsche Richtung.
taz: Deshalb sind sie auch gegen die Weservertiefung?
Schreiner: Die Weser würde vertieft werden, damit noch größere Schiffe
Futtermittel in Brake importieren können. Es wird also verstärkt, was
sowieso schon ökologischer Wahnsinn ist. [3][Wie auch bei der Elbe schon zu
sehen ist], wird es durch die Vertiefung zu Verschlammung kommen und die
Salzgrenze wird sich weiter verschieben. Das hat viele lokale Auswirkungen
im Zusammenhang mit einem global sowieso sehr zerstörerischen
agrarindustriellen System.
taz: Wie könnte eine gerechte Landwirtschaft aussehen?
Schreiner: Bei Landwirtschaft geht es auch immer darum, wem der Boden
gehört, und wer das Recht hat, den Boden zu nutzen und zu produzieren. Da
sind auch politische Regelungen gefragt. In den letzten Jahrzehnten ist es
immer mehr dahin gegangen, dass es sehr wenige, sehr große Konzerne gibt,
die eine starke Kontrolle über den Boden, Patente und Saatgut haben.
Dadurch wird die kleinbäuerliche Landwirtschaft immer weiter zurückdrängt.
Und das ist es, was wir eigentlich brauchen, kleinbäuerliche, vielseitige,
lokale, ökologische Landwirtschaft.
taz: Was muss passieren, um das umzusetzen?
Schreiner: Also auf jeden Fall müssen die Subventionen in die richtige
Richtung gehen. Genau die großen Konzerne profitieren momentan von den
Steuergeldern. Das darf so einfach nicht sein. Auch über Besteuerung von
Lebensmitteln kann gerechte Landwirtschaft gefördert werden. Pflanzliche
Nahrungsmittel sollten möglichst gering besteuert werden, während tierische
Produkte und vor allem Fleisch einfach den Preis haben sollten, der
abbildet, was für Kosten die Umwelt dadurch trägt. Mal ganz abgesehen von
dem Tierleid.
taz: Ist das realistisch?
Schreiner: Irgendwann wird sich das System in gewisser Hinsicht selber
zerstören, weil wir Teil eines Ökosystems sind. Wenn wir weiter so brutal
mit Boden, Wasser, und den Lebensgrundlagen umgehen, wird es irgendwann an
seine Grenzen kommen.
taz: Lohnt es sich deshalb, gerade jetzt dafür zu kämpfen?
Schreiner: Es lohnt sich, zu kämpfen und es lohnt sich, an Alternativen zu
arbeiten. Wir brauchen verschiedene Menschen, Aktivtische,
Landwirtschaftliche, Umweltschützende, um für diese
Ernährungsgerechtigkeit, diese Ernährungswende einzutreten.
9 Oct 2025
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## AUTOREN
(DIR) Leo Schurbohm
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