# taz.de -- Grünen-Vize Heiko Knopf: „Ostdeutsche Belange spielen eine größere Rolle“
> Zum ersten Mal ging es bei einem Kongress der Grünen nur um
> Ostdeutschland. Heiko Knopf, Thüringer und Vize-Vorsitzender, erzählt,
> was daraus folgt.
(IMG) Bild: Heiko Knopf, Thüringer und Vize-Vorsitzender der Grünen
taz: Herr Knopf, wer hier in Wittenberg danach gefragt hat, was sich
ostdeutsche Grüne vom [1][ersten grünen Ostkongress] erhoffen, bekam eher
zurückhaltende Antworten. Mit welchen Erwartungen sind Sie angereist?
Heiko Knopf: Ich freue mich sehr, dass so viele Grüne aus Ost und West,
aber auch Menschen ohne Parteibuch gekommen sind. Wir wollen uns zum einen
untereinander vernetzen. Zweitens haben wir viele neue Mitglieder gewonnen,
auch in Ostdeutschland, auch im ländlichen Raum. Denen wollen wir die
Möglichkeit geben, ihre Ideen einzubringen. Drittens laden wir mit dem
Ostkongress die Öffentlichkeit ein. Ich habe auf dem Kongress
SPD-Mitglieder getroffen und Menschen, die in Vereinen aktiv sind und uns
kennenlernen möchten. Es geht ja auch um Fragen ostdeutscher Identität, das
ist mit Bündnis 90 in unserem Parteinamen auch angelegt.
taz: Sie meinen die Gruppe aus Bürger:innen und Oppositionellen der DDR,
die sich noch in der Wendezeit zusammengeschlossen haben und [2][1993 mit
den Grünen fusionierten].
Knopf: Das waren Menschen, die aus ihrem Beruf, aus ihrer Erfahrung kommend
gesagt haben, ich will mich für die Region, die Umwelt und für
Gerechtigkeit einsetzen.
taz: Machen Sie sich Sorgen, dass der Ostkongress im Nachhinein nur eine
Alibi-Veranstaltung war?
Knopf: Nein, gar nicht. Nach dem Ostkongress schauen wir, was alles gut
lief und was nicht funktioniert hat. Und dann entscheiden wir, ob man das
verstetigen kann. Viele Mitglieder äußern den Wunsch nach regelmäßigem
Austausch. Beim Ostkongress sind dazu etwa 500 Menschen aus Ost und West
zusammengekommen. Zu überlegen, einmal im Jahr so einen Ostkongress zu
veranstalten, finde ich genau den richtigen Gedanken.
taz: Seit Juli [3][berät ein Ostbeirat Ihren Bundesvorstand]. Ihr
Vorsitzender, Felix Banaszak, erzählt in seinen Reden fleißig [4][Anekdoten
von seiner Ost-Tour] in diesem Jahr und jetzt der Ostkongress. Wie
verändert das die grüne Politik?
Knopf: Sie sagen es ja selbst, ostdeutsche Belange spielen eine größere
Rolle als in der Vergangenheit. Wenn wir das Zusammenwachsen der deutschen
Regionen unterstützen wollen, braucht es sachliche Lösungen für die
Unterschiede. Aber es braucht auch Wertschätzung, Aufmerksamkeit,
Repräsentanz und Verständnis. Der Ostbeirat berät den Bundesvorstand und
soll dabei helfen, die mit Blick auf den Osten bestehenden Lücken
bisheriger Debatten zu schließen. Wir sind die einzige Partei, die so ein
Gremium hat.
taz: Reicht das, um im kommenden Jahr die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt zu
überstehen? Laut Umfragen liegt Ihre Partei dort aktuell bei 3 Prozent. In
Thüringen und Brandenburg scheiterten Sie vergangenes Jahr an der
5-Prozent-Hürde.
Knopf: Ostbeirat, Ostkongress, aber auch die Sommertour der Vorsitzenden
sind Bausteine dafür, unsere Ziele auch bei den Wahlen zu erreichen. Dazu
werden wir Mitglieder beispielsweise gezielt durch Trainingsprogramme
unterstützen, ihnen Sichtbarkeit geben. Aktuell werden die Finanzgrundlagen
gestärkt, um die Strukturen vor Ort zu unterstützen. Ich kenne die
Umfrageergebnisse und das wird eine große Aufgabe. Aber unsere Verbände
sind motiviert und wir haben viele neue Mitglieder, die Bock haben, sich zu
engagieren.
taz: Als Thüringer sind Sie jetzt gerade der einzige Politiker im
Bundesvorstand, der aus dem Osten kommt. Ändert sich das in nächster Zeit?
Knopf: [5][Der Bundesparteitag wählt den Bundesvorstand.] Repräsentanz ist
wichtig, genauso wichtig ist jedoch, das Thema Osten aus der Nische zu
holen. Sich um den Osten zu kümmern ist eine Aufgabe der Gesamtpartei, das
wissen auch unsere Bundesvorsitzenden. Wenn sich nur die Ossis um den Osten
kümmern, dann werden wir es nicht schaffen. Ob bei den Grünen oder in der
Bundespolitik: Es braucht Rückenwind von der Bundesebene, etwa um die
Lohnlücke zu schließen oder die Vermögensunterschiede aufzulösen.
taz: Die Hälfte der Grünen-Mitglieder auf dem Ostkongress ist aus dem
Westen angereist. Was ändert sich denn, wenn die Wessis jetzt in den Osten
kommen, um sich hier die Situation anzugucken?
Knopf: Es geht darum, Erfahrungen auszutauschen. Der Osten ist an vielen
Stellen Vorreiter, beispielsweise wenn es um Kindergartenplätze geht oder
wenn es um die Berufstätigkeit und Erwerbstätigkeit von Frauen geht. Hier
wird ein großer Teil erneuerbaren Stroms produziert wie auch die Hälfte der
in Deutschland produzierten E-Autos. Der Osten ist anders. Und das ist auch
gut so. Wir müssen dahin kommen, die Stärken des Ostens wertzuschätzen.
taz: Wir reden jetzt die ganze Zeit über „den Osten“. Ist das nicht ein
bisschen pauschal? Zwischen den fünf Bundesländern und Ostberlin gibt es
große Unterschiede.
Knopf: Ja, das ist zu pauschal, wie auch der Westen als Begriff nicht die
Vielfalt der Regionen abbildet. Das ist auch so im Osten. Und doch teilen
vielen Menschen als Ostdeutsche den Eindruck, hintenan zu stehen. Bei den
Vermögen, in der Wendezeit oder auch im Niedergang der Solarwirtschaft in
den Nullerjahren oder zuletzt die Intel-Fabrik. Ich bin Thüringer. Da lebe
ich gerne und bringe diese Perspektive mit in den Bundesvorstand ein.
17 Sep 2025
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## AUTOREN
(DIR) David Muschenich
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